Zur Zulässigkeit einer Videoüberwachung in einer Apotheke
Leitsatz
Zur Zulässigkeit einer Videoüberwachung in einer Apotheke
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das auf die mündliche Verhandlung vom 29.1.2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 1 K 1122/14 – teilweise abgeändert und die Anordnung des Beklagten vom 30.7.2014 auch insoweit aufgehoben, als dem Kläger darin unter Nr. 1 aufgegeben wurde, die Videoüberwachung im Verkaufsraum der S. während der Öffnungszeiten einzustellen.
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten um die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Videoüber-wachung von Räumlichkeiten einer Apotheke in A-Stadt.
Der Kläger ist seit 2007 Eigentümer und Betreiber der S. in A-Stadt und beschäftigt dort derzeit 27 Mitarbeiter. Neben dem Verkaufsraum befinden sich ein Lager mit Medikamentenschränken und daran anschließend eine Schleuse für Medikamentenlieferungen, eine Rezeptur, ein Personalraum, ein Büro, ein Labor sowie eine Treppe zum Keller, wo sich ein Notausgang befindet.
Im Rahmen einer Eingabe wurde dem Beklagten mitgeteilt, dass in den Verkaufsräumen der S. drei Videoüberwachungskameras und in den nicht öffentlich zugänglichen Bereichen mindestens zwei weitere Videoüberwachungskameras installiert seien.
Mit Schreiben vom 13.11.2013 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass auf Grund der erheblichen Beeinträchtigungen von Rechten Dritter eine Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume datenschutzrechtlich in den Grenzen des § 6b BDSG zu erfolgen habe. Eine Videoüberwachung im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses in nicht öffentlich zugänglichen Räumen sei lediglich im Rahmen des § 32 BDSG zulässig. Vor diesem Hintergrund wurde der Kläger gebeten, einen in der Anlage übersandten Fragekatalog zur Videoüberwachung nach § 6b BDSG schriftlich zu beantworten.
Der Kläger erwiderte, ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften liege nicht vor. Er habe im Jahr 2011 einen Verlust von ca. 40.000,-- Euro verzeichnet, der nicht erklärbar gewesen sei, obwohl alle Kontrollinstrumente über die Kasse einen derartigen Verlust nicht ausgewiesen hätten. Als Entnehmer der Medikamente, insbesondere verschreibungspflichtiger Medikamente, kämen insoweit nur Kunden oder Personal in Betracht. Bei den Kunden gebe es offensichtlich einen besonderen kriminalitätsgefährdeten Personenkreis im Bereich der Fixer. Er habe insgesamt fünf Videokameras anbringen lassen und zwar drei seit 2008 in den Verkaufsräumen, die auch für jedermann erkennbar seien und zwei weitere seit 2013 in öffentlich nicht zugänglichen Räumen. Alle Mitarbeiter seien mit der Aufstellung der Videokameras einverstanden. Der Kläger fügte seinem Schreiben eine schriftliche Einverständniserklärung sämtlicher Mitarbeiter bei. Des Weiteren legte er Fotografien der Räume der Apotheke, Planzeichnungen und Standzeichnungen der Videogeräte vor. Auf die Überwachung werde an beiden Eingangstüren ausdrücklich hingewiesen.
Der Beklagte teilte dem Kläger mit, seinen Ausführungen sei zu entnehmen, dass die Videoüberwachung zur Wahrnehmung berechtigter Interessen zu konkret festgelegten Zwecken gemäß § 6b Abs. 3 BDSG erfolge. Zum Nachweis des berechtigten Interesses seien konkrete Sachverhalte und Anhaltspunkte vorzutragen. Vor diesem Hintergrund wurde um die Beantwortung weiterer Fragen gebeten. Die vorgelegten Einwilligungserklärungen seien nicht ausreichend.
Der Kläger erwiderte, der Fehlbestand in Höhe von 44.328,82 Euro habe sich aus der Inventur vom 22.1.2012 bei einer Inventursumme von 478.378,71 Euro ergeben. Ein Warenschwund von nahezu 10 % sei zu verzeichnen gewesen. Die Videoüberwachung erfolge ständig. Die Kameras liefen ununterbrochen. Außer den optischen würden keine akustischen Signale übertragen. Eine Aufzeichnung erfolge digital mit einer Speicherung von zwei Wochen. Die Videoüberwachung sei nicht als automatisiertes Verfahren ausgestattet. Auf die Daten hätten nur der Kläger und ein Techniker der installierenden Firma nach Absprache Zugriff. Die Überwachung werde von einem Computer aufgezeichnet. Die Zugangsdaten seien durch ein Passwort geschützt und es gebe im Übrigen die verschlüsselten Daten. Der Kläger legte seinem Schreiben weitere Fotos bei.
Am 7.2.2014 erfolgte durch Mitarbeiter des Beklagten eine Vorortkontrolle der Apotheke des Klägers.
Mit Schreiben vom 17.3.2014 teilte der Beklagte dem Kläger mit, auf der Grundlage der bisher gewonnenen Erkenntnisse sei nunmehr eine datenschutzrechtliche Beurteilung der Zulässigkeit der Videoüberwachungsmaßnahme möglich. Die Videoüberwachung im Verkaufsraum/in der Offizin sei als datenschutzrechtlich unzulässig zu werten. Diese sei ungeeignet zur Erreichung des verfolgten Ziels, weil sie den „Schwund“ im Jahr 2011 nicht verhindert habe, und darüber hinaus auch unverhältnismäßig. Auch die Videoüberwachung des Betäubungsmittelschrankes sei derzeit als unzulässig zu werten. Unabhängig von der Nichterforderlichkeit der Videoüberwachung stünden schutzwürdige Interessen der Kunden sowie der Arbeitnehmer/innen entgegen.
Die Tatsache, dass die seit nunmehr fast sechs Jahren im Einsatz befindliche Videoüberwachung zu keiner Täterüberführung beigetragen habe bzw. auch keine Abschreckungswirkung zu erkennen sei, führe zu dem Ergebnis, dass das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Kunden und der Arbeitnehmer/innen als überwiegend zu werten sei. Die Videoüberwachungsmaßnahme sei weder geeignet, die Betäubungsmittel gemäß Betäubungsmittelgesetz ordnungsgemäß aufzubewahren noch diese vor Diebstahl zu schützen. Das Lagern der Betäubungsmittel in einem sicher verschließbaren Schrank, welcher eine schnelle Entwendung erschwere und zu welchem nur Berechtigte einen Schlüssel in persönlichen Gewahrsam nehmen dürften, erscheine als das gebotene Mittel.
Der Kläger trug sodann mit Schreiben vom 8.4.2014 vor, vor der Übernahme der Apotheke im Jahr 2007/2008 sei ein Gutachten einer Unternehmensberatungsfirma erstellt worden, nachdem festgestellt worden sei, dass die Apotheke unter einem außerordentlich schlechten Ertrag leide. Das Gutachten sei zu dem Schluss gekommen, dass in der Apotheke Entwendungen stattfänden und zwar hauptsächlich von der Belegschaft. Der festgestellte Schwundbetrag sei gewaltig gewesen. Die Unternehmensberatung habe damals angeraten, verdeckte Kameras aufzustellen, um die Quellen des Schwundes festzustellen und dann auch arbeitsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen.
Dies habe zu einem personellen Desaster geführt. Die verdeckten Kameras seien entfernt und es seien danach offiziell die Kameras aufgestellt worden, zu denen auch die Mitarbeiter ihre Zustimmung ausdrücklich erklärt hätten. Der Wareneinsatz habe sich danach erheblich verbessert. Die offiziell aufgestellten Kameras würden auch den betrieblichen Frieden fördern und als solche nicht mehr als störendes oder beeinträchtigendes Element angesehen. Insbesondere sei es auch nicht mehr wie zuvor zu polizeilichen Ermittlungen gekommen. In der Inventur 2011/2012 sei jedoch wieder eine Lagerdifferenz festgestellt worden. Diese habe zirka 44.000,-- Euro betragen. Die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Inventurlisten sei dem Beklagten eingeräumt worden. Die Differenz bedeute einen Prozentsatz von 76,6 beim Wareneinkauf, während der Normbereich in apothekenüblicher Weise bei 72 % liege. Dieser Fehlbetrag habe dazu geführt, dass das Finanzamt Unterstellungen hinsichtlich eines möglichen „Schwarzverkaufs“ in der Apotheke mit entsprechenden steuerlichen Konsequenzen angestellt habe. Diese bestünden zum einen darin, dass der Warenbestand wertmäßig verloren sei, jedoch gleichwohl unter steuerlichen Gesichtspunkten als Verkaufserlös versteuert werden müsse. Dies habe zur Folge gehabt, dass zwei neue Kameras in der Lieferschleuse und an dem BTM-Schrank angebracht worden seien. Dass eine Ungeeignetheit der Videoüberwachungsmaßnahme gegeben sein solle, sei eine nicht hinzunehmende Interpretation. Dass seit diesem Zeitpunkt kein größerer Schwund mehr zu verzeichnen sei, wie die aktuellen Inventuren zeigten, sei gerade ein Beleg dafür, dass die Maßnahme geeignet sei und auch Abschreckungswirkung zeige.
Nach erneuter Anhörung gab der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 30.7.2014 gemäß § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG auf, die Videoüberwachung in dem Verkaufsraum (der Offizin) der S. während der Öffnungszeiten der Apotheke unverzüglich, allerdings spätestens zwei Wochen nach Eintritt der Bestandskraft, einzustellen und binnen dieser Frist die ergriffenen Maßnahmen mitzuteilen (Anordnung Nr. 1). Des Weiteren wurde dem Kläger aufgegeben, die Videoüberwachung an dem Betäubungsmittelschrank der S. während der Öffnungszeiten der Apotheke unverzüglich, allerdings spätestens zwei Wochen nach Eintritt der Bestandskraft, einzustellen und binnen dieser Frist die ergriffenen Maßnahmen mitzuteilen (Anordnung Nr. 2). Für den Fall, dass der Kläger den Anordnungen nicht innerhalb der genannten Frist nachkommt, wurde ihm unabhängig voneinander jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- Euro angedroht sowie aufschiebend bedingt festgesetzt.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Videoüberwachung im Verkaufsraum als öffentlich zugänglicher Raum könne nicht der Wahrung des Hausrechts nach § 6b Abs. 1 BDSG dienen, denn eine Besitzstörung solle durch eine solche Überwachung nicht lediglich nachträglich festgestellt werden, sondern dem Hausrechtsinhaber ermöglichen, einer solchen Störung in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu begegnen. Auch diene die Videoüberwachung nicht der Wahrnehmung berechtigter Interessen. Darauf könne sich eine Videoüberwachung nur dann stützen, wenn ihre Zwecke konkret festgelegt worden seien. Voraussetzung sei eine präzise Benennung der jeweiligen Zweckbestimmung und schriftliche Fixierung. Soweit angegeben worden sei, die Videoüberwachungsmaßnahme bezwecke die Verhinderung weiterer Diebstähle verschreibungspflichtiger Medikamente durch Kunden, Mitarbeiter oder Dritte sowie die Möglichkeit, derartige Taten später ahnden zu können, sei zunächst festzustellen, dass das Bestehen einer derartigen konkreten Gefährdungslage trotz entsprechender Aufforderungen nicht substantiiert dargelegt worden sei.
Die Umstände der im Jahr 2011 entstandenen Lagerdifferenz im Wert von 40.000,-- Euro bzw. ca. 44.000,-- Euro blieben unklar. Von einer abstrakten Gefährdungslage, bei der nach allgemeiner Lebenserfahrung typischerweise mit Diebstählen in dem dargelegten Umfang zu rechnen sei, könne in einem verhältnismäßig kleinen Verkaufsraum wie dem vorliegenden, in dem sich zudem regelmäßig Verkaufspersonal aufhalte, nicht ausgegangen werden. Trotz der vorhandenen drei Eingänge sei der Verkaufsraum noch als übersichtlich zu werten. Ungeachtet dessen sei die Videoüberwachungsmaßnahme für die Erreichung des genannten Zwecks auch nicht erforderlich. Obwohl schon seit dem Jahr 2008 drei der Kameras in der Apotheke in Betrieb seien, sei allein im Jahr 2011 ein Warenschwund in Höhe von ca. 40.000,-- Euro zu verzeichnen gewesen. Dies zeige, dass von einer abschreckenden Wirkung gerade nicht ausgegangen werden könne. Selbst wenn der Umfang des Warenschwundes mittlerweile zurückgegangen sein möge, sei nicht ansatzweise erkennbar, dass dieser Rückgang auf dem Einsatz der Überwachungsanlage beruhe. Dies insbesondere auch deshalb, weil die Überwachungsmaßnahme bislang nicht in einem einzigen Fall zu einer Täterüberführung beigetragen habe. Milderes Mittel sei die Verkürzung des Inventurzyklus.
Zudem erlaube § 6b Abs. 5 BDSG allenfalls eine Speicherung der gewonnenen personenbezogenen Daten für 24 bis 48 Stunden, so dass Bestandsdifferenzen im Rahmen einer vom Kläger üblicherweise nur stichprobenartig durchgeführten Kontrolle nicht bemerkt werden würden. Des Weiteren stünden schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer Überwachung entgegen. Die Kunden, die durch Vorlage von Rezepten sensible Daten preisgäben, seien ebenso wie die Beschäftigten in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Personenbezogene Daten nach § 3 Abs. 9 BDSG würden zwar in einer Apotheke zwangsläufig erhoben, aber durch die Videoüberwachung für eigene Zwecke automatisiert verarbeitet. Die Beschäftigten könnten sich einer Videoüberwachung nicht entziehen. Ein schutzwürdiges Arbeitgeberinteresse demgegenüber bestehe nicht, da ein konkreter Verdacht gegen eine Person oder Personengruppen nicht vorhanden sei. Die Einwilligung der Mitarbeiter erfülle nicht die Anforderungen des § 4a Abs. 1 BDSG. Insbesondere fehle ein eindeutiger Bezug auf einen genau umschriebenen Verwendungsvorgang, so dass nicht von einer informierten Einwilligung auszugehen sei. Die Beschäftigten könnten sich einer Videoüberwachung nicht entziehen. Von Freiwilligkeit könne im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses wegen der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten und deren wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht ausgegangen werden. Soweit eine weitere Kamera einen Betäubungsmittelschrank in einem nur den Beschäftigten der Apotheke zugänglichen Raum überwache, handele es sich hierbei um einen nicht öffentlich zugänglichen Bereich;
die Zulässigkeit einer Videoüberwachung richte sich daher nach § 32 Abs. 1 BDSG. Eine nur präventive Videoüberwachung ohne konkreten Grund genüge den normierten Anforderungen nicht. Eine konkrete Gefährdungslage könne auch insoweit nicht angenommen werden. Mit Blick auf die einem Apothekenleiter obliegenden Pflichten zur Nachweisführung von Verbleib und Bestand der Betäubungsmittel sowie der Prüfpflicht bezüglich der Übereinstimmung der Bestände mit den geführten Nachweisen am Ende eines jeden Kalendermonats, müsse es möglich sein, Feststellungen über Fehlbestände eindeutig und vor allem zeitnah zu treffen. Eine konkrete Gefährdungslage könne auch insoweit nicht angenommen werden. Es könne nicht einmal genau dargelegt werden, inwieweit es sich bei dem Warenschwund um Betäubungsmittel handele, obwohl eine solche Feststellung nach den Pflichten eines Apothekers möglich sein müsste. Die Erforderlichkeit ergebe sich auch nicht aus dem unmittelbar neben dem Betäubungsmittelschrank befindlichen Notausgang.
Dies erfordere eine generelle Überprüfung der Geeignetheit des Standorts des Betäubungsmittelschranks und gebiete, dass der Schrank jederzeit verschlossen und nur durch den Befugten geöffnet werden könne. Die Festsetzung der Zwangsgelder beruhe auf den §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 14 Abs. 1, 15 Abs. Nr. 1, 20 Abs. 1 SVwVG. Auf Grund der bereits langen Überwachungszeit und dem bisherigen Verhalten des Klägers im Rahmen des Verfahrens sei festzustellen, dass er hinsichtlich der zu Grunde liegenden datenschutzrechtlichen Problemstellung keinerlei Einsicht zeige. Sonstige Maßnahmen würden daher keine Aussicht auf Erfolg versprechen. Andere Zwangsmittel schieden aus, da sie nicht geeignet seien, den mit der Anordnung angestrebten Erfolg zu bewirken. Die Verfügung wurde dem Kläger zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am 31.7.2014 zugestellt.
Hiergegen hat der Kläger am 1.9.2014 (einem Montag) Klage erhoben. Während des gerichtlichen Verfahrens änderte er den Erfassungsbereich der (drei) Überwachungskameras im Verkaufsraum, so dass lediglich der Freiwahlbereich und die Eingangstüren, nicht aber weiterhin die Medikamentenabgabe am Tresen erfasst werden, und legte jeweils eine von 18 Mitarbeitern eigenhändig unterschriebene „Einwilligungserklärung zum Betrieb der vorhandenen Videoanlage“ vom 3.8.2015 folgenden Wortlauts vor:
„Wir, die Unterzeichner, sind Mitarbeiter der S., Inhaber Ba. e.K., A-Straße, A-Stadt, und hatten in der Vergangenheit bereits unser Einverständnis zur Aufstellung und Nutzung der 5 Überwachungskameras erteilt.
Über den Streitstand mit der Datenschutzbehörde sind wir informiert.
Der gegenwärtige Standort der Kameras und deren Ausrichtung in Festposition sind uns ebenso bekannt, wie die von diesen gefertigten Bildschirmbildern und die Gründe für die Kameraaufstellung.
Wir sind sowohl mit der Aufstellung der Kameras als auch mit der davon ausgehenden Bildschirmaufnahme und kurzfristigen Speicherung einverstanden.“
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Videoüberwachung sei mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen vereinbar. Seit Aufstellung der Videokameras habe sich der Warenschwund wesentlich verringert. Der Effekt der Videoüberwachung sei genau konkretisiert worden, wobei grundsätzlich festzuhalten sei, dass ein berechtigtes Interesse für den Betrieb einer Videoüberwachungsanlage sowohl ideeller, wirtschaftlicher als auch rechtlicher Natur sein könne. Eine tatsächliche Gefahrenlage für Diebstähle sei nachgewiesen worden, so dass grundsätzlich ein berechtigtes Interesse anzunehmen sei, um vor Einbrüchen, Diebstählen und Vandalismus zu schützen. Neben einer konkreten Gefahrenlage sei auch eine abstrakte Gefährdungslage ausreichend, die nach der Lebenserfahrung typischerweise gefährlich sei, z.B. in Geschäften, in denen wertvolle Ware verkauft oder die im Hinblick auf Vermögens- und Eigentumsdelikte potentiell besonders gefährdet seien, wie z.B. Tankstellen und Apotheken. Gerade in einer Apotheke mit über 20 Mitarbeitern, mehreren Ein- und Ausgängen sei daher neben dem eigentlichen Verkaufsraum auch in besonderer Weise die Videoüberwachung an dem Betäubungsmittelschrank in besonderer Weise geboten. Nur die Videoüberwachung sei geeignet und erforderlich, den festgelegten Zweck zu gewähren. Bei der Beachtung schutzwürdiger Interessen der Arbeitnehmer sei darauf hinzuweisen, dass diese sich mit der Videoüberwachung ausdrücklich einverstanden erklärt hätten und auch deren schutzwürdigen Interessen nicht dem Bedürfnis des Klägers entgegenstünden. Der Hinweis des Beklagten sei falsch, es sei bislang nicht zu einer Täterüberführung gekommen. Zur Wahrung des Hausrechts sei eine Videoüberwachungsmaßnahme geeignet, eine Besitzstörung festzustellen und angemessen hierauf zu reagieren. Die in einer Apotheke verkauften Waren und Arzneimittel seien fast ausschließlich von kleinem Volumen und daher in besonderer Weise geeignet, schnell und ohne großen Aufwand entwendet zu werden. Eine schriftliche Fixierung der Zweckbestimmung der Videoüberwachungsanlage sei nicht zwingend geboten. Eine Mitteilungspflicht genüge. Neu sei das Argument, dass aus schutzwürdigen Interessen der von der Überwachung betroffenen Kunden bestimmte zum Teil sensible Daten in Form von Rezepten in der Apotheke vorliegen würden und durch die Überwachung und ihren Informationen das Selbstbestimmungsrecht verletzt sei. Rezepte, die von den Videokameras gar nicht gelesen werden könnten, erhielten keine besondere Schutzwürdigkeit dadurch, dass sie noch zusätzlich der Krankenkasse usw. zugeleitet würden. Die Beschäftigten des Klägers würden auch nur während der Ausübung ihrer Verkaufstätigkeit erfasst. Entgegen der Auffassung des Beklagten hätten sie Ausweichmöglichkeiten im Personalraum usw.. Unabhängig von ihrer Zustimmung und dem Einsatz der Videokamera würden sie daher auch keine Überwachung erfahren. Auch hinsichtlich der Videoüberwachung am Betäubungsmittelschrank liege auf Grund der Lage des Schrankes neben dem Kellernotausgang eine konkrete Gefährdungslage vor. Bei der Anzahl der Mitarbeiter sei es nicht möglich, Fehlbestände direkt und zeitnah festzustellen. Der Schrank könne nicht verschlossen gehalten werden, da einer Entnahme durch eine beschäftigte Person eine weitere Entnahme durch eine andere Person oder eine Drittentnahme folgen könne. Von einer fehlenden Freiwilligkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses könne nicht per se ausgegangen werden.
Der Kläger hat beantragt,
die Anordnung des Beklagten vom 30.7.2014 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, die Videoüberwachung im Verkaufsraum sei weder zur Wahrnehmung des Hausrechts (§ 6 b Abs. 1 Nr. 2 BDSG) noch zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG zulässig. Es fehle bereits an der schriftlichen Zweckbestimmung, die erforderlich sei, um der verantwortlichen Stelle eine sorgfältige Überprüfung der Videoüberwachung zu ermöglichen und eine beliebige Veränderung der Zwecke im Nachhinein zu verhindern. Eben so wenig sei ein berechtigtes Interesse für den Betrieb der Videoüberwachungsanlage nachgewiesen. Entgegen der Auffassung des Klägers sei ein konkreter Zweck für die Videoüberwachung bzw. konkrete Tatsachen, die die Videoüberwachung während der Öffnungszeiten legitimieren könnten, weder schriftlich fixiert noch in ausreichender Form dargelegt. Die Umstände der angeführten Lagerdifferenz mit dem damit verbundenen Verlust in Höhe von ca. 44.000,-- Euro müssten dahingestellt bleiben. Fehlbeträge in Inventarlisten könnten grundsätzlich auch andere Ursachen haben und deuteten nicht zwangsläufig auf Diebstähle durch Mitarbeiter oder Kunden hin. Der Kläger könne ebenso wenig darlegen, ob derartige Diebstähle in besonders großem Umfang gerade in dem Verkaufsraum oder am Betäubungsmittelschrank erfolgt seien. Auch eine abstrakte Gefährdungslage sei nicht zu bejahen. Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Verkaufsraum durch drei Ein- bzw. Ausgänge betreten oder verlassen werden könne, sei dieser noch als übersichtlich zu bewerten. Insofern bestehe keine Vergleichbarkeit mit einem großflächigen Einkaufsmarkt. Im Übrigen habe der mit der Überwachungsmaßnahme verfolgte Zweck, die Verhinderung von Warenschwund und Schutz des Kapitals, erkennbar nicht erreicht werden können. Es gebe nach wie vor keine Hinweise darauf, wer für etwaige Diebstähle verantwortlich gewesen sein könnte. Selbst wenn der Umfang des Warenschwundes mittlerweile zurückgegangen sein mag, könne dieser Umstand nicht zwangsläufig mit dem Einsatz der Überwachungsmaßnahme in Verbindung gebracht werden. Darüber hinaus stünden schutzwürdige Interessen der Betroffenen der Videoüberwachung entgegen. Auf die Lesbarkeit des Rezepts durch die Videoüberwachung bzw. die Weiterleitung an die Krankenkasse komme es nicht an. Entscheidend sei, dass mittels der Videoüberwachung aufgezeichnet und gespeichert werde, welcher Kunde welches Medikament erhalten habe. Mittels der Umverpackungen könne wohl regelmäßig darauf rückgeschlossen werden, welche gesundheitlichen Leiden der Apothekenkunde habe. Auch die Beschäftigten könnten sich einer Videoüberwachung nicht einfach entziehen. Ein solcher Überwachungsdruck greife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer ein. Die Angemessenheit einer Videoüberwachungsmaßnahme sei insbesondere davon abhängig, ob die Betroffenen einen zurechenbaren Anlass für ihre Beobachtung gesetzt hätten. Vorliegend bestehe jedoch nicht einmal ansatzweise ein konkreter Verdacht, wer für den behaupteten Warenschwund verantwortlich sein könnte. Die Einwilligungserklärungen der Beschäftigten erfüllten nicht die gesetzlichen Anforderungen nach § 4a Abs. 1 BDSG. Die vom Kläger verwendete Formulierung weise weder auf die Folgen einer Verweigerung der Einwilligung noch auf die beabsichtigte Verwendung der Daten oder eine Widerrufsmöglichkeit der Einwilligung hin. Es fehle zudem auch an der Freiwilligkeit der Erklärungsabgabe wegen der zwischen den Beteiligten des Arbeitsverhältnisses herrschenden unterschiedlichen Machtstruktur. Die Videoüberwachung am Betäubungsmittelschrank sei nicht mit § 32 Abs. 1 BDSG vereinbar. Eine präventive Überwachung ohne konkreten Grund genüge den gesetzlichen Anforderungen nicht. Eine Gefährdungslage bestehe nicht, da noch nicht einmal Angaben darüber gemacht werden könnten, ob und in welchem Umfang es sich bei dem Warenschwund um Betäubungsmittel handele oder gehandelt habe. Das Verschließen des Schrankes sowie die Verwahrung des Schlüssels und die Herausgabe von Betäubungsmitteln durch eine einzige Mitarbeiterin oder einen einzigen Mitarbeiter stelle eine geeignete und letztlich im Hinblick auf § 13 BtMVV sogar erforderliche Maßnahme dar, um den Betäubungsmittelbestand vor unzulässigem Zugriff zu schützen.
Mit Urteil vom 29.1.2016 - 1 K 1122/14 - hat das Verwaltungsgericht des Saarlandes die Anordnung des Beklagte vom 30.7.2014 insoweit aufgehoben, als sie die Videoüberwachung an dem Betäubungsmittelschrank betrifft (Anordnung Nr. 2) und die Klage im Übrigen abgewiesen (bzgl. der Anordnung Nr. 1). Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Videoüberwachung der Kundeneingänge und des Freiwahlbereichs des Verkaufsraums sei mit § 6b Abs. 1 BDSG unvereinbar. Die Videoüberwachung im Verkaufsraum diene der Wahrnehmung des Hausrechts nach § 6b Abs. 1 Nr. 2 BDSG, nicht aber der Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG. Zur Wahrnehmung des Hausrechts sei sie jedoch nicht erforderlich. Die Videoüberwachung der Kundeneingänge und des Freiwahlbereichs durch die Kameras im Verkaufsraum sei nicht durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne des § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG gerechtfertigt. Es fehle vorliegend an einer konkreten oder zumindest abstrakten Gefährdungslage. Der Kläger könne nicht aufzeigen, welche Arzneimittel und ob überhaupt und wenn ja welche nicht apothekenpflichtigen Waren abhanden gekommen seien. Sein Hinweis auf Entwendungen in der Apotheke reiche allein nicht aus. Dabei handele es sich um einen generellen Verdacht, der eine konkrete Gefährdungslage nicht begründen könne. Der Kläger habe auch keine abstrakte Gefährdungslage dargelegt. Dafür dass die Apotheke in einem Gebiet liege, das bekanntermaßen eine hohe Kriminalitätsdichte aufweise, bestünden keine Anhaltspunkte. Auch könne auf Grundlage des eingereichten Grundrissplans und der zur Akte gereichten Fotos nicht von einer erschwerten Überschaubarkeit des Verkaufsraums ausgegangen werden. Die Videoüberwachung im Verkaufsraum könne auch nicht auf das berechtigte Interesse der Verfolgung von Straftaten, welches von der Gefahrenabwehr unterschieden wird, gestützt werden. Die Videoüberwachung der Eingänge und des Freiwahlbereichs des Verkaufsraums sei auch nicht erforderlich zur Wahrnehmung des Hausrechts durch den Kläger. Der Kläger habe im konkreten Fall keine Tatsachen dargelegt, die es nachvollziehbar machten, dass das festgelegte Ziel, die Reduzierung des Fehlbestandes, tatsächlich erreicht werden könne. Es sei nicht nachvollziehbar, ob und wenn ja in welcher Höhe überhaupt ein Fehlbestand im mit den drei Kameras im Verkaufsraum überwachten Freiwahlbereich in dem nicht apothekenpflichtige Waren angeboten werden, aufgetreten sei. Entsprechendes gelte für die Arzneimittel, die apothekenpflichtig aber nicht verschreibungspflichtig seien, im Bereich der Sichtwahl des Verkaufsraums, auf die ein Kunde ggf. Zugriff hätte, während das Personal das rückwärtige Lager aufsuche. Auf die die Erforderlichkeit voraussetzende, im Rahmen einer am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierten und umfassenden Abwägung zwischen der durch die Zwecke der Videoüberwachung bestimmten grundrechtlich geschützten Position des Verwenders der Videotechnik und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beobachteten zur Beantwortung der Frage, ob der Zulässigkeit der Videoüberwachung des Verkaufsraums überwiegende Interessen der Betroffenen - hier der Kunden - entgegenstehen, komme es demgemäß nicht mehr an. Das danach im Ermessen des Beklagten stehende Einschreiten gegen den rechtswidrigen Zustand im Verkaufsraum sei nicht zu beanstanden. Die offene Videoüberwachung an dem Betäubungsmittelschrank sei nicht auf der Grundlage von § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG zulässig, da es im vorliegenden Fall an konkreten Verdachtsmomenten fehle und die Videoüberwachung auch nicht erforderlich sei. Das Verschließen des Betäubungsmittelschranks und das Führen von Entnahme- und Kontrolllisten ermögliche effektiv, den Zugriff auf den Betäubungsmittelschrank zu kontrollieren, sei aber im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Arbeitnehmer das weniger einschneidende Mittel. Die Videoüberwachung sei hingegen datenschutzrechtlich zulässig, weil die Beschäftigten eingewilligt hätten. Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses könnten Arbeitnehmer sich grundsätzlich „frei entscheiden“, wie sie ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben wollten. Dem stehe weder die grundlegende Tatsache, dass Arbeitnehmer abhängige Beschäftigte seien noch das Weisungsrecht des Arbeitgebers entgegen. Die zu § 4a BDSG formulierte Gegenauffassung verkenne, dass schon nach § 32 BDSG Datenverarbeitung im Arbeitsverhältnis möglich sei, unter den Voraussetzungen des § 32 BDSG sogar einwilligungsfrei. Durch die Videoüberwachung am Betäubungsmittelschrank werde auch nicht in so schwerwiegender Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten des Klägers eingegriffen, dass deren Einwilligung mit der Rechtsordnung unvereinbar wäre. Die während des gerichtlichen Verfahrens vorgelegten 18 Einwilligungserklärungen der Beschäftigten genügten formal den Anforderungen des § 4a Abs. 1 BDSG.
Mit den vom Senat mit Beschluss vom 7.8.2017 zugelassenen Berufungen, der den Beteiligten am 10.8.2017 zugestellt wurde,
beantragt der Kläger,
1. unter teilweiser Abänderung des auf die mündliche Verhandlung vom 29.1.2016 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 1 K 1122/14 - die Anordnung des Beklagten vom 30.7.2014 auch insoweit aufzuheben, als ihm darin unter Nr. 1 aufgegeben wurde, die Videoüberwachung im Verkaufsraum der S. während der Öffnungszeiten einzustellen, und
2. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er trägt vor, nachdem arbeitsrechtliche Maßnahmen erfolglos geblieben seien, habe er 2008 im Verkaufsraum der Apotheke drei Videokameras angebracht, die er infolge einer im Jahr 2011 aufgetretenen Lagerdifferenz in Höhe von ca. 44.000,- EUR um zwei weitere Kameras im Jahr 2013 erweitert habe, wobei eine in der Schleuse und eine im Bereich des Betäubungsmittelschrankes angebracht worden seien. Zum Zeitpunkt der Installation der Kameras seien alle Mitarbeiter informiert worden und mit der Aufstellung derselben einverstanden gewesen. Diesen sei die Funktion der Kameras, deren Art der Aufstellung und die Erfassung der Bereiche bekannt gemacht worden. Das Einverständnis sei in einem Bestätigungsschreiben festgehalten. Außerdem sei ein deutlicher Hinweis auf die in der Apotheke stattfindende Videoüberwachung angebracht worden, mit dem die Kunden auf diesen Sachverhalt hingewiesen würden. Nach dem Aufstellen der Videokameras sei es auch zu einer Verminderung des Warenbestands gekommen, ohne dass dabei konkrete Tathandlungen hätten festgestellt werden können. Die Dringlichkeit einer Überwachung des Arzneimittelschrankes werde dadurch verdeutlicht, dass im Zeitraum vom 4.4.2017 bis 31.5.2017 der Verlust von 3,246 Gramm Amphetaminsulfat festgestellt worden sei. Eine entsprechende Strafanzeige gegen Unbekannt sei erfolgt. Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft vom 2.8.2017 habe eine Täterfeststellung bis jetzt nicht stattfinden können. Im Hinblick auf den Nachweis einer konkreten oder zumindest abstrakten Gefährdungslage im Rahmen der von § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG für die Zulässigkeit der Überwachung erforderlichen Wahrnehmung berechtigter Interessen habe das Verwaltungsgericht von dem Kläger verlangt, dass er seinen gesamten Warenbestand aufschlüssele und im einzelnen jeden Warenzugang und jeden Warenabgang darlege. Insoweit weiche das Verwaltungsgericht von der Entscheidung des OVG Lüneburg - 11 LC 114/13 - vom 29.4.2014 ab. Das Verwaltungsgericht habe den Standpunkt vertreten, dass eine konkrete oder zumindest abstrakte Gefährdungslage nicht vorliege. Der Beklagte habe es nicht für notwendig befunden, bei gleichen oder zumindest ähnlich gelagerten Sachverhalten in anderen Apotheken einzuschreiten. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts lasse keine klare Trennung und Verknüpfung zwischen der Wahrnehmung des Hausrechts und der Wahrnehmung berechtigter Interessen erkennen. Zwar werde die Videoüberwachung als der Wahrnehmung des Hausrechts dienend angesehen, nicht aber zur Wahrnehmung berechtigter Interessen. Gleichzeitig werde jedoch die Maßnahme als nicht erforderlich zur Wahrung des Hausrechts angesehen. Er habe eine konkrete oder zumindest abstrakte Gefährdungslage nachgewiesen. Auf den Entwendungstatbestand, der zur Erstattung einer Strafanzeige im Frühjahr 2017 geführt habe, sei er durch Personal hingewiesen worden. Die Anzeige und die Äußerung des Personals seien mehr als der von dem Verwaltungsgericht angenommene nur generelle Verdacht einer Rechtsverletzung. Das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass die S. die größte Apotheke in A-Stadt sei und in einem Stadtteil mit erheblichen sozialen und auch kriminellen Schwerpunkten liege. Die Apotheke liege in einer Straßenecke und verfüge über drei verschiedene Eingänge. Der Inhaber des Hausrechtes sei berechtigt, zum Schutz des Objektes und der sich darin aufhaltenden Personen sowie zur Abwehr unbefugten Betretens erforderliche Maßnahmen zu ergreifen. Eine Beobachtung zur Wahrnehmung des Hausrechts diene sowohl einer präventiven als auch einem repressiven Zweck, und zwar der Abschreckung und der Strafverfolgung durch die Auswertung des aufgenommenen Bildmaterials. Bei dem Einsatz von Videotechnik zum Zweck der Gefahrenabwehr sei regelmäßig von der Wahrnehmung berechtigter Interessen auszugehen. Insoweit werde auf die erwähnte Entscheidung des OVG Lüneburg und auf die Kommentierung von Scholz in Simitis zu § 6b Rdnr. 79 verwiesen. Im vorliegenden Fall seien keine Anhaltspunkte für ein Überwiegen der schutzwürdigen Interessen der von der Videoüberwachung betroffenen Personen ersichtlich, da deren Persönlichkeitsrechte nicht betroffen seien.
Der Beklagte beantragt,
1. unter teilweiser Abänderung des auf die mündliche Verhandlung vom 29.1.2016 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 1 K 1122/14 - die Klage auch insoweit abzuweisen, als sich diese gegen die in der Anordnung des Beklagten vom 30.7.2014 unter der Nr. 2 enthaltene Aufforderung richtet, die Videoüberwachung an dem Betäubungsmittelschrank der S. während der Öffnungszeiten einzustellen, und
2. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Zur Begründung führte der Beklagte aus, im Hinblick auf die Videoüberwachung auf der Grundlage des § 6b BDSG könne der Kläger nicht die Notwendigkeit der streitgegenständlichen Videoüberwachung in der Offizin mit der übersandten Bestätigung über die Erstattung einer Strafanzeige wegen des Abhandenkommens eines im Betäubungsmittelschrank aufbewahrten Arzneimittels begründen, da augenscheinlich mit Hilfe der seit dem Jahr 2008 eingesetzten und ganztägig betriebenen Kameras weder in der Vergangenheit, noch zum jetzigen Zeitpunkt ein Täter ermittelt oder überhaupt ein Tathergang habe dokumentiert werden können. Die im Einsatz befindliche Videoüberwachungsmaßnahme sei offenkundig in keiner Weise dazu geeignet, präventiv in Schädigungsabsicht handelnde Personen abzuschrecken oder in repressiver Zielsetzung Schädigungshandlungen zu Lasten des Klägers zu dokumentieren oder Besitzstörer zu ermitteln. Die im Hinblick auf die Videoüberwachung auf der Grundlage der Einwilligungserklärungen der Mitarbeiter des Klägers nachgereichten 18 Einwilligungserklärungen der Arbeitnehmer könnten weder in materiell- noch in formalrechtlicher Hinsicht eine Wirksamkeit im Sinne des § 4a Abs. 1 Satz 1 BDSG begründen. Für die Videoüberwachung des Betäubungsmittelschranks sei daher keine Legitimationsgrundlage ersichtlich. Es bestehe Konsens, dass eine Einwilligung in die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung im Beschäftigungsverhältnis nicht per se als unzulässig zu bezeichnen sei. Für die Frage nach der Wirksamkeit einer Einwilligung im Sinne des § 4a Abs. 1 Satz 1 BDSG sei es unumgänglich, die Vorschrift im Sinne der Richtlinie 95/46/EG, insbesondere hier des Art. 2 h, zu beachten.(vgl. Bundestagsdrucksache 14/4329, Bl. 34) Die Richtlinie verlange eine Willensbekundung ohne Zwang, also einen Akt der Selbstbestimmung und nicht ein fremdgeleitetes Tun. Schließlich müsse die Einwilligung in Kenntnis der Sachlage erfolgen. Eine unrichtige oder unvollständige Information der Betroffenen durch den Verantwortlichen der Verarbeitung führe zur Unwirksamkeit der Einwilligung. Das Bundesverfassungsgericht(Beschluss vom 23.11.2006 - 1 BvR 1909/06 -) habe herausgestellt, dass mit dem Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich ein strukturelles Ungleichgewicht verknüpft sei, welches nicht nur bei der Begründung, sondern auch im bestehenden Arbeitsverhältnis anzunehmen sei. Gegen die Annahme einer Abgabe der Einwilligungserklärung ohne jeglichen Zwang sprächen vorliegend der mit der Videoüberwachung verbundene Zweck und die intendierte Eingriffstiefe in dem Persönlichkeitsrecht der betroffenen Arbeitnehmer. Die Mitarbeiter des Klägers hätten die Wahl, entweder in ihre eigene Überwachung einzuwilligen oder sich durch eine Verweigerung oder einen späteren Widerruf der Einwilligung zwangsläufig dem Vorwurf der Täterschaft auszusetzen. Der Text der Erklärungen lasse keinen Zweifel daran, dass mit Hilfe der Einwilligungen die Videoüberwachung in der gesamten Apotheke legitimiert werden sollte. Weder sei von dem Kläger dargelegt, noch sei im Gerichtsverfahren erörtert worden, inwieweit gewährleistet werden könne, dass alle betroffenen Arbeitnehmer eingewilligt hätten. Schließlich scheitere die Wirksamkeit der nachträglich abgegebenen Erklärungen an formalen Anforderungen. Da weder der intendierte Zweck, laut Kläger die Überwachung der für Schadenshandlungen tatverdächtigen Arbeitnehmer als Maßnahme der Verhaltenskontrolle, noch die konkrete Ausgestaltung der Überwachungsmaßnahme (Löschfristen, zugriffsberechtigte Personen, Umstände der Auswertung etc.) in der textlich knappen Erklärung benannt oder gar erläutert würden, könne nicht von einer hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit ausgegangen werden. Auch sei ein Verfahrensverzeichnis nach § 4e i.V.m. § 4e Abs. 2/2a BDSG vom Kläger nicht vorgelegt worden. Darüber hinaus sei in Hinweis auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung erforderlich.
Das Gericht hat die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Ortsbesichtigung wird auf das Protokoll vom 14.12.2017 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
I.
Die gegenläufigen Berufungen der Beteiligten sind zulässig. Das Rechtsmittel des Klägers hat auch in der Sache Erfolg (1.), wohingegen die Berufung des Beklagten unbegründet ist (2.).
Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich, da es sich bei der datenschutzrechtlichen Anordnung des Beklagten, mit der dem Kläger die Unterlassung einer Videoüberwachung aufgegeben wird, um einen Dauerverwaltungsakt handelt. Maßgeblich ist daher das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.1.2003 (BGBl. I S. 66), das zuletzt durch Artikel 10 Absatz 2 des Gesetzes vom 31.10.2017 (BGBl. I S. 3618) geändert worden ist.
Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Anordnungen des Beklagten vom 30.7.2014 ist § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG. Danach kann der Beklagte als die gemäß den §§ 38 Abs. 6 BDSG, 28a Abs. 1 S. 1 SDSG sowie § 3 Abs. 1 SVwVfG zuständige Aufsichtsbehörde zur Gewährleistung der Einhaltung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Vorschriften über den Datenschutz Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten oder technischer oder organisatorischer Mängel anordnen. Dies kann trotz des unterschiedlichen Wortlautes der Sätze 1 und 2 des § 38 Abs. 5 BDSG auch die vorliegend in Rede stehende Untersagung von Datenverarbeitungsverfahren umfassen.
Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG liegen nicht vor. Die Verwendung der im Verkaufsraum (Offizin) angebrachten Überwachungsgeräte durch den Kläger (Anordnung Nr. 1) genügt den gesetzlichen Vorgaben zur Verarbeitung personenbezogener Daten. Auch hinsichtlich der vor dem Betäubungsmittelschrank angebrachten Kamera (Nr. 2 der Anordnung) liegt eine Verletzung von datenschutzrechtlichen Vorschriften nicht vor. Die streitgegenständliche Verfügung des Beklagten vom 30.7.2014 ist daher insgesamt rechtswidrig und aufzuheben.
Der Anwendungsbereich der aufsichtsbehördlichen Befugnisse ist vorliegend gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG eröffnet, denn die von den in der Apotheke des Klägers angebrachten Kameras erfassten Bildaufnahmen enthalten personenbezogene Daten gemäß § 3 Abs. 1 BDSG. Unter den Begriff des Verarbeitens fällt auch das Speichern personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 4 S. 1 BDSG), worunter das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren personenbezogener Daten auf einem Datenträger zum Zweck ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung zu verstehen ist (§ 3 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 BDSG). Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass der Kläger seit längerem keine Speicherung der Aufzeichnungen mehr vornimmt und gegenwärtig auch aus technischen Gründen an der Speicherung der Daten gehindert ist, denn er hat anlässlich der Ortsbesichtigung des Senats am 14.12.2017 erklärt, er beabsichtige die Anlage im Fall des Erfolges seiner Klage wieder in Betrieb zu nehmen. Der Kläger bezweckt daher nach Behebung des Zugangsproblems eine weitere Verarbeitung oder Nutzung (§ 3 Abs. 5 BDSG) der Daten, denn er verfolgt mit der Videoaufzeichnung den Zweck, Diebstähle abzuwehren bzw. festzustellen.
Die Zulässigkeit einer Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung richtet sich nach § 4 Abs. 1 BDSG. Danach sind die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt).
1. Die Berufung des Klägers ist begründet, denn der Einsatz der Verkaufsraumkameras ist durch § 6b Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BDSG gerechtfertigt.
Wie die Ortsbesichtigung gezeigt hat, wird mittels der oberhalb der Verkaufstheken unter der Decke angebrachten drei Überwachungskameras der Verkaufsraum der von dem Kläger betriebenen Apotheke als öffentlich zugänglicher Raum(vgl. zur Definition: Becker in: Plath, BDSG/DSGVO, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 9) beobachtet, denn dieser steht dem Publikumsverkehr zur Verfügung und kann während der Öffnungszeiten grundsätzlich von jedermann betreten werden.
Nach § 6b Abs. 1 BDSG ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) durch nicht öffentliche Stellen (§ 2 Abs. 4 S. 1 BDSG) nur zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
Die Videoüberwachung des Verkaufsraumes, mit der sich der Kläger davor schützen möchte, dass in seinem Verkaufsraum Waren gestohlen werden, ist ein Fall der Wahrnehmung des Hausrechts im Sinne von § 6b Abs. 1 Nr. 2 BDSG und dient zugleich der Wahrnehmung berechtigter Interessen i.S.v. § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG. Der Begriff des Hausrechts wird weder in § 6b BDSG noch in den Datenschutzgesetzen der Bundesländer definiert. Dieser Begriff wird von Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegend in einem umfassenden Sinne verstanden und ist daher weit auszulegen(vgl. OVG NRW, Urteil vom 8.5.2009 – 16 A 3375/07 –, juris; Becker in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 16) und nicht lediglich im Sinne einer Zugangskontrolle oder als Schutz gegen Hausfriedensbruch (§ 123 StGB), sondern als ein umfassendes Bestimmungs-, Abwehr- und Sicherungsrecht in Bezug auf befriedetes Besitztum oder andere Räume, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, zu verstehen. Der Inhaber des Hausrechts ist befugt, die zum Schutz des Objekts und zur Abwehr unbefugten Betretens erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Dazu zählt auch die Beweissicherung mittels Videoüberwachung zum Schutz des Eigentums des Klägers.
Allerdings sind von der Videoüberwachung im Verkaufsraum nicht nur die Kunden, sondern auch die Beschäftigten des Klägers betroffen. Zwar war anlässlich der Ortsbesichtigung festzustellen, dass die dort befindlichen Kameras so ausgerichtet sind, dass sie nur den Raum vor dem Verkaufstresen erfassen, während sich die Angestellten des Klägers regelmäßig hinter dem Tresen aufhalten. Jedoch ist anzunehmen, dass diese sich zumindest kurzzeitig auch im eigentlichen Verkaufsraum und damit im Überwachungsbereich aufhalten, sei es, um die Türen zu Geschäftsbeginn zu öffnen oder zu Geschäftsende zu verschließen oder sich im Beratungsgespräch mit Kunden durch die Apotheke zu bewegen. Bei der Videoüberwachung von Mitarbeitern in öffentlich zugänglichen Räumen wird § 6b BDSG indessen als lex specialis gegenüber § 32 BDSG, der eine allgemeine Regelung zum Schutz personenbezogener Daten von Beschäftigten enthält, angesehen.(vgl. Becker in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 47) Da vorliegend sowohl die Wahrnehmung des Hausrechts als auch der Auffangtatbestand der Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG) - was im folgenden ausgeführt wird - in Betracht kommt, kann insoweit offen bleiben, ob die – jedenfalls partielle – Überwachung auch von Arbeitnehmern, die sich berechtigterweise im Überwachungsbereich aufhalten, überhaupt mit einer Wahrnehmung des Hausrechts gerechtfertigt werden kann oder ob insoweit auf den Tatbestand der Wahrnehmung berechtigter Interessen zurückzugreifen ist.(vgl. Becker in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 16)
Der Kläger kann sich zusätzlich auf den Tatbestand der Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke gemäß § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG berufen. Im Ausgangspunkt genügt grundsätzlich jedes rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Interesse(OVG Lüneburg, Urteil vom 29.9.2014, 11 LC 114/13, juris; Becker in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 17; Onstein in Auernhammer, DSGVO/BDSG, Kommentar, 5. Aufl. 2017, § 6b Rdnr. 33). Allerdings muss das Interesse objektiv begründbar sein und sich aus einer konkreten Gefahrenlage heraus ergeben. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat - vom Beklagten insoweit unbestritten - dargelegt, dass bereits beim Erwerb der Apotheke von einem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ein außergewöhnlich hoher Schwund und eine schlechte Ertragslage festgestellt worden ist, was den Schluss auf Diebstähle zugelassen hat. Im Jahr 2011 war außerdem eine Lagerdifferenz in Höhe von etwa 44.000 Euro zu verzeichnen, obwohl alle Kontrollmechanismen einen derartigen Verlust nicht ausgewiesen hatten. Diese Differenz liegt nach Angaben des Klägers über dem für Apotheken üblichen Normbereich. Anlässlich der Ortsbesichtigung des Senats war festzustellen, dass sich in dem im Verkaufsraum befindlichen Selbstbedienungsbereich überwiegend Regale mit Produkten mit geringem Volumen wie bspw. Kosmetika uä. befinden, die, wie der Kläger es formulierte, leicht „abgeräumt“ werden können. Vor diesem Hintergrund teilt der Senat die Bedenken des Verwaltungsgerichts und des Beklagten an dem Vorliegen einer konkreten Gefährdungslage nicht. Eine objektive Begründbarkeit des berechtigten Interesses des Klägers i.S.v. § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG liegt damit vor.
Die vom Kläger durchgeführte Videoüberwachung ist auch für die Wahrnehmung des Hausrechts und seiner (sonstigen) berechtigten Interessen erforderlich. Entsprechend dem allgemeinen Begriffsverständnis der Erforderlichkeit setzt dies voraus, dass die Videoüberwachung für den jeweiligen Zweck geeignet ist und kein milderes Mittel zur Verfügung steht, mit dem der Zweck ebenso wirksam erreicht werden kann. Es ist allerdings nicht notwendig, die am besten geeignete Alternative zu identifizieren. Von einer Geeignetheit ist bereits dann auszugehen, wenn die Erreichung des maßgeblichen Zwecks sinnvoll gefördert wird.(OVG NRW, Urteil vom 8.5. 2009 – 16 A 3375/07 –, juris) Hierzu ist eine Videobeobachtung des Verkaufsraums der Apotheke in der Lage, weil sie potenzielle Täter von der Begehung von Diebstählen abschreckt. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass die Wahrscheinlichkeit, dass derartige Taten begangen werden, umso geringer ist, je höher das Risiko ist, entdeckt und zur Verantwortung gezogen zu werden. Dieses Risiko ist aber nach der Installation von Videokameras aus Sicht von potentiellen Tätern größer geworden, denn sie können nicht wissen, wann sie von der Kamera erfasst werden und nicht ausschließen, bei der Begehung eventueller Verstöße von einem Mitarbeiter des Klägers am Bildschirm beobachtet zu werden. Nicht ausschlaggebend ist es, dass seit der Installation der Kameras im Jahr 2008 den Angaben des Klägers zufolge weiterhin ein Warenschwund zu verzeichnen war, der nicht aufgeklärt werden konnte, denn für die Geeignetheit kommt es nicht darauf an, dass solche Vorfälle auch in Zukunft nicht gänzlich unterbunden werden können. Dem Kläger zufolge konnte aber seit der Inventurdifferenz im Jahre 2011 in der Folgezeit immerhin kein größerer Warenschwund mehr festgestellt werden.
Mildere, gleich wirksame Mittel zur Zweckerreichung sind nicht erkennbar. Der Einsatz von Wachpersonal stellt keine Alternative dar, weil die dadurch entstehenden Kosten für den Kläger wirtschaftlich nicht zumutbar sind. Die Überwachung des Verkaufsraumes durch eigene Mitarbeiter des Klägers stellt keine gleich geeignete Maßnahme dar, da diese - wovon sich das Gericht bei der Ortsbesichtigung überzeugen konnte - überwiegend mit der Beratung und Bedienung der Kunden beschäftigt und nicht in der Lage sind, den Verkaufsraum und die sich dort aufhaltenden Personen permanent zu beobachten. Bei der Ortsbesichtigung, die an einem Vormittag stattfand, bestand im Verkaufsraum zeitweise ein großer Kundenandrang, bei dem der Verkaufsraum aus der Perspektive der sich hinter dem Tresen aufhaltenden Angestellten nicht mehr überblickt werden konnte.
Die Zulässigkeit der Videoüberwachung für die von dem Kläger geltend gemachten Zwecke scheitert auch nicht daran, dass gemäß § 6b Abs. 1 BDSG Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Diese Frage ist situations- und kontextbezogen zu untersuchen. Die Intensität des aus der Überwachung resultierenden Grundrechtseingriffs darf nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe stehen. Das Gewicht des Eingriffs wird maßgeblich durch Art und Umfang der erfassten Informationen, durch Anlass und Umstände der Erhebung, den betroffenen Personenkreis, das Vorhandensein von Ausweichmöglichkeiten und die Art und den Umfang der Verwertung der erhobenen Daten bestimmt(OVG Lüneburg, Urteil vom 29.9. 2014 - 11 LC 114.13 - juris; Becker in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 20; Onstein in Auernhammer, aa0., § 6b Rdnr. 42 ff..). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Wertung des Gesetzgebers die Videoüberwachung und -speicherung auch durch nicht-öffentliche Stellen im öffentlich zugänglichen Bereich zu den genannten - hier gegebenen - Zwecken grundsätzlich zulässig ist und „lediglich“ unter dem genannten Vorbehalt steht. (OVG Lüneburg, Urteil vom 29.9. 2014 - 11 LC 114.13 - juris)
Bei der Abwägung sind alle in Frage stehenden (Grund-)Rechtspositionen in Betracht zu nehmen und zu einem möglichst schonenden Ausgleich zu bringen. Dies sind das durch Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie europa- und konventionsrechtlich (Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 8 Abs. 1, 2 EU-GRCh) geschützte Recht der von den Kameras erfassten Personen auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz ihrer personenbezogenen Daten, während sich der Kläger in erster Linie auf sein Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 EU-GRCh sowie Art. 1 Abs. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK berufen kann, welches durch Entwendungen von Ware beeinträchtigt würde und welches er durch die Überwachungsmaßnahme präventiv schützen sowie im Diebstahlsfall den Verantwortlichen aufdecken möchte.
Anhaltspunkte für ein Überwiegen schutzwürdiger Interessen der Betroffenen liegen nicht vor. Die Intensität des Eingriffs in die Rechte von erfassten Kunden ist im Einzelfall nicht als hoch anzusehen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger die Kennzeichnungspflicht gemäß § 6b Abs. 2 BDSG beachtet und an der Eingangstür seiner Apotheke auf die Videoüberwachung hinweist, diese also nicht heimlich stattfindet. Die Transparenzpflicht des § 6b Abs. 2 BDSG soll dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnen, die Beobachtung im Voraus zu erkennen, um sein Verhalten danach auszurichten und der Beobachtung gegebenenfalls auszuweichen. Mit dem Besuch einer Apotheke ist eine „Ehrenrührigkeit“ oder sonstige Eingriffstiefe grundsätzlich nicht verbunden. Ein schwerwiegender Eingriff in ein Persönlichkeitsrecht liegt nicht vor, denn bei Besuchen öffentlich zugänglicher Geschäfte ist (nur) eine Betroffenheit der Sozialsphäre gegeben. Gesundheitsdaten, welche gemäß § 3 Abs. 9 BDSG zu den besondere Arten personenbezogener Daten zählen, unterliegen zwar aufgrund besonderer Gefahren für die schutzwürdigen Rechte und Interessen der Betroffenen, die durch Diskriminierung und Bloßstellung drohen, speziellen Verarbeitungsschranken. Bereits das Aufsuchen einer Apotheke, in der heutzutage außer Medikamenten auch ein breites Sortiment an Kosmetika und sonstigen „Wellness“- oder Convenient-Produkten angeboten wird, stellt aber kein Indiz für das Vorliegen einer Erkrankung dar und bewirkt daher keine Bloßstellung. Lässt ein Kunde sich ein Medikament übergeben und wird dieser Vorgang auf Video festgehalten, können – auch wenn die Videoauflösung nicht dazu ausreichen dürfte, den Inhalt eines Rezeptes oder den Aufdruck einer Medikamentenverpackung zu erkennen – zwar aus der Videoaufzeichnung in bestimmten Fällen Rückschlüsse auf die Beschwerden oder die Erkrankung gezogen werden. Insoweit dürfte es für den fachkundigen Kläger – auf diesen ist insoweit auch abzustellen – möglich sein, bereits aus der in den Videos festgehaltenen Größe, Form und Farbe einer Medikamentenverpackung das jeweilige Präparat bzw. dessen Wirkstoff zu identifizieren. Dies ist aber zwangsläufig Bestandteil seines Berufes; eine derartige Sachkunde wird von einem Kunden, der eine Apotheke aufsucht, bei dem Apotheker vorausgesetzt. Davon abgesehen zeigen die Videoaufnahmen zunächst nur, was ein beliebiger Beobachter, also auch ein anderer Apothekenbesucher ebenfalls sehen würde. Die nur theoretisch bestehende Möglichkeit, aufgezeichnete Videos ohne ausreichenden Grund weiterzugeben oder im Internet zu veröffentlichen, führt für sich genommen nicht zur Unzulässigkeit, da andernfalls Videoaufzeichnungen, welche § 6b BDSG ausdrücklich erlaubt, praktisch generell nicht mehr möglich wären. Der Eingriff in die Rechte der Beschäftigten des Klägers ist allenfalls geringfügig. Diese halten sich zwar möglicherweise zu einem Großteil ihrer Arbeitszeit im Verkaufsraum auf. Wie bereits ausgeführt, werden die hinter dem Verkaufstresen Beschäftigten aber nicht von den Kameras erfasst, sondern erst, wenn sie sich in den Besucherbereich begeben, was allenfalls kurzzeitig der Fall ist. Insoweit liegt kein permanenter, flächendeckender Überwachungsdruck vor, dem sich die Mitarbeiter nicht entziehen könnten.
Nach § 6b Abs. 5 BDSG sind die Daten unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen. Eine zeitliche Grenze ist im Gesetz nicht bestimmt, „unverzüglich“ meint hier in entsprechender Anwendung von § 121 BGB ohne schuldhaftes Zögern, was der Kläger bei Inbetriebnahme der Videoanlage zu beachten hat. In der Rechtsprechung ist eine Frist von bis zu zehn Wochentagen noch als angemessen erachtet worden(OVG Lüneburg, Urteil vom 29.9.2014 – 11 LC 114/13 –, juris).
Im Ergebnis liegen die Voraussetzungen des § 6b BDSG vor. Die Videoüberwachung im Verkaufsraum der Apotheke steht im Einklang mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Die Anordnung des Beklagten in Nr. 1 des Bescheides sowie die darauf bezogene Zwangsgeldandrohung und -festsetzung (Nr. 3 der Anordnung) sind demnach aufzuheben und das Urteil des Verwaltungsgerichts ist auf die Berufung des Klägers entsprechend abzuändern.
2. Die Berufung des Beklagten ist hingegen unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die in der angefochtenen Verfügung vom 30.7.2014 angeordnete Einstellung der Videoüberwachung am Betäubungsmittelschrank während der Öffnungszeiten der Apotheke (Anordnungsgegenstand Nr. 2) und die darauf bezogene Zwangsgeldandrohung und -festsetzung (Nr. 3 der Anordnung) rechtswidrig sind und den Kläger dadurch in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Der Betrieb der den Betäubungsmittelschrank erfassenden Kamera und die insoweit vom Kläger beabsichtigte Anfertigung von Videoaufzeichnungen finden ihre Grundlage in § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG. Danach dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Im Falle der beabsichtigten Aufdeckung von Straftaten bestimmt Satz 2, dass personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden dürfen, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. Dabei regelt Satz 2 ausschließlich die Fälle von Kontrollmaßnahmen, welche gegen konkret Verdächtigte stattfinden, wobei dies regelmäßig bei einer heimlichen Beobachtung der Fall sein wird.(BAG, Urteil vom 29.6.2017 – 2 AZR 597/16 –, Rn. 27, juris; Gola/Schomerus/Klug/Körffer/Gola, 12. Aufl. 2015, BDSG § 32 Rn. 40, 43) Besteht hingegen – wie vorliegend – kein konkreter Tatverdacht gegen einen oder mehrere bestimmte Beschäftigte, sondern handelt es sich um eine Präventionsmaßnahme, ist nicht § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG, sondern Satz 1 einschlägig.(vgl. Grimm, Überwachung im Arbeitsverhältnis; von Befragung bis GPS-Ortung - wie viel Kontrolle ist erlaubt?, in juris-Die Monatszeitschrift (jM) 2016, 17, 19)
Der von dem Kläger verfolgte Überwachungszweck ist ein Fall der Durchführung von Beschäftigungsverhältnissen. Für die Durchführung eines Beschäftigungsverhältnisses kommen Maßnahmen zur Kontrolle, ob der Arbeitnehmer den geschuldeten Pflichten nachkommt, in Betracht.(BAG, Urteil vom 29.6.2017 – 2 AZR 597/16 –, Rn. 26, juris; Gola/Schomerus/Körffer/Gola/Klug, 12. Aufl. 2015, BDSG § 32 Rn. 16; Pröpper, JurPC Web-Dok. 69/2011, Abs. 2) Dies umfasst auch die Videoüberwachung. Der Kläger hält es zumindest für denkbar, dass der Verlust von Waren auf strafbares Verhalten eines oder mehrerer Beschäftigter zurückzuführen ist. Dafür besteht nicht nur angesichts der im Jahr 2011 und damit über einen längeren Zeitraum abhanden gekommenen Waren von beträchtlichem Wert sondern auch aktuell aufgrund der vom Kläger angezeigten Entwendung(vgl. Bl. 216 und 247 der Gerichtsakte) von Amphetaminsulfat im Zeitraum vom 4.4.2017 bis zum 31.05.2017 zumindest ein Anfangsverdacht. Ein solches Verhalten eines seiner Mitarbeiter würde - abgesehen von der Strafbarkeit wegen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB - eine schwerwiegende Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB darstellen und regelmäßig ohne weiteres den Kläger zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen, insbesondere auch zur Kündigung berechtigen.(BAG, Urteil vom 10.6.2010 – 2 AZR 541/09 –, BAGE 134, 349-367, Rn. 26; MüKoBGB/Henssler, 6. Aufl. 2012, BGB § 626 Rn. 185 ff.)
Die Überwachung des Betäubungsmittelschranks mittels Videokamera ist auch erforderlich. Ein im Vergleich zur Videoüberwachung gleich wirksames milderes Mittel ist nicht ersichtlich und entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes im angefochtenen Urteil und des Beklagten insbesondere nicht darin zu sehen, dass der Betäubungsmittelschrank nach jeder Benutzung verschlossen und der Zugang zu den Betäubungsmitteln auf wenige Mitarbeiter beschränkt wird. Den Angaben des Klägers bei der Ortsbesichtigung zufolge dürfen die beiden „Tresore“ inzwischen ohnehin nur noch von den Apothekerinnen und Apothekern geöffnet werden. Auch wenn, worauf die Vertreterin des Beklagten hingewiesen hat, über die Entnahme Aufzeichnungen (Listen) geführt würden, wäre ein Zugriff auf die Betäubungsmittel durch (ausgewählte) Beschäftigte des Klägers notwendig. Darüberhinaus könnte nicht sichergestellt werden, dass tatsächlich auch in jedem Einzelfall einer Entnahme dokumentiert wird, zumal dieser Vorgang einen gewissen Aufwand erfordert und unter Umständen in der Hektik des Alltagsgeschäfts vernachlässigt werden könnte.
Die Videoüberwachung ist auch im Hinblick auf die Interessen der Beschäftigten des Klägers verhältnismäßig. Diese Prüfung läuft im Anwendungsbereich des Arbeitnehmerdatenschutzes auf eine Abwägung zwischen dem Interesse des Arbeitgebers, Gefahren für seinen Betrieb - ggf. auch durch "Abschreckung" - zu vermeiden bzw. eventuelle Täter zu erkennen und dem Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers, der sich dem Überwachungsdruck ausgesetzt sieht, hinaus.(Gola, Datenschutz bei der Kontrolle "mobiler" Arbeitnehmer - Zulässigkeit und Transparenz, NZA 2007, 1139, 1140) Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass außer dem Recht der Beschäftigten des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz ihrer personenbezogenen Daten sowie dessen Eigentumsgarantie ein öffentliches Interesse daran besteht, dass die in dem Schrank verwahrten und gemäß § 3 Abs. 1 BtMG erlaubnispflichtigen Betäubungsmittel nicht unkontrolliert in Verkehr geraten oder sonst ein leichtfertiger Umgang mit ihnen stattfindet.
Hinsichtlich des Eingriffs in die Rechte der Beschäftigten auf informationelle Selbstbestimmung ist zunächst zu sehen, dass - wovon sich der Senat bei der Ortsbesichtigung überzeugen konnte - die hier in Rede stehende Kamera nur einen ganz eng abgegrenzten Bereich der Apotheke erfasst. Ein dauerhafter Aufenthalt von Beschäftigten ist dort nicht vorgesehen und wegen der räumlichen Enge auch nicht möglich. Der Zugriff von den Mitarbeitern auf den Betäubungsmittelschrank beschränkt sich auf die Fälle, in denen die speziellen, in dem Schrank aufbewahrten Substanzen für Kunden benötigt werden, die eine entsprechende ärztliche Verordnung vorweisen. Die Überwachung eines von Beschäftigten nur gelegentlich betretenen (Sicherheits-) Bereichs stellt daher einen wesentlich geringeren Eingriff in deren Persönlichkeitsrechte dar als eine Dauerüberwachung des Arbeitsbereichs oder des gesamten Betriebes(Gola/Schomerus/Körffer/Gola/Klug, 12. Aufl. 2015, BDSG § 32 Rn. 26; Gola, NZA 2007, 1139, 1140.), was bereits aus der geringeren Dauer der jeweiligen Erfassung einer Person folgt. Insoweit sind, auch wenn es sich dabei nicht um einen öffentlich zugänglichen Bereich handelt, die Beschäftigten des Klägers lediglich in ihrer Sozialsphäre betroffen. Auch ist zu sehen, dass die Überwachung dieses Bereichs nicht heimlich und verdeckt erfolgt, sondern ausweislich der vom Kläger vorgelegten Einwilligungserklärungen seiner Belegschaft diese jedenfalls über die am Betäubungsmittelschrank befindliche Kamera informiert ist. Eine Weitergabe der Aufnahmen ist grundsätzlich vom Kläger nicht vorgesehen; diese sollen nach ihrer Speicherung gelöscht werden.
Zwar ist zu berücksichtigen, dass dem Vortrag des Klägers zufolge die in der Vergangenheit vorgekommenen Verluste von Waren nicht ausschließlich auf diejenigen Medikamente, die im Betäubungsmittelschrank aufbewahrt werden, beschränkt waren. Dennoch ist im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Vorfälle ein erhöhtes Überwachungsinteresse des Klägers gerade an dieser Örtlichkeit anzuerkennen. Angesichts der – im Vergleich zu freiverkäuflichen Waren - beschränkten Verfügbarkeit und des Marktwertes der in dem Schrank aufbewahrten Pharmazeutika kann durchaus von einem gesteigerten „Anreiz“ eines Diebstahls ausgegangen werden, was aktuell die Entwendung von Amphetaminsulfat im Zeitraum vom 4.4.2017 bis zum 31.05.2017, die der Kläger angezeigt hat, belegt. Darüberhinaus kommt dem öffentlichen Interesse, dass angesichts ihrer Gefährlichkeit erlaubnispflichtige Betäubungsmittel nicht in freien Verkehr geraten(BVerfG, Beschluss vom 9.3.1994 – 2 BvL 43/92 –, BVerfGE 90, 145, Rn. 125 ff., juris), bei der Abwägung ein besonderes Gewicht zu, weswegen der Kläger nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 BtMG gehalten ist, geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr vorzuhalten, wozu auch technische Überwachungsmaßnahmen zählen(Körner/Patzak/Volkmer, Betäubungsmittelgesetz, Kommentar, § 7 Rn. 7).
Dieses erhebliche öffentliche Interesse überwiegt zusammen mit dem Interesse des Klägers am Schutz seines Eigentums das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der sich an dem Betäubungsmittelschrank aufhaltenden Personen, welches angesichts der nur kurzzeitigen Dauer ihrer dortigen Aufenthalte und bestehenden Ausweichmöglichkeiten in anderen Räumen der Apotheke vergleichsweise schwach beeinträchtigt ist, da ein ständiger Überwachungsdruck nicht gegeben ist. Dies gilt nicht zuletzt auch bei einer Abwägung ihrer Interessen mit den aufgrund der unberechtigten Weitergabe von Betäubungsmitteln gefährdeten Rechtsgütern anderer.
Unabhängig davon ist die Maßnahme auch auf der Grundlage der außerhalb von § 32 BDSG erforderlichen schriftlichen Einwilligungen der Beschäftigten des Klägers nach § 4a BDSG zulässig(Auch im Bereich des Beschäftigtendatenschutzes ist eine Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung auf der Grundlage einer freiwillig erteilten Einwilligung des Beschäftigten nach § 4a weiterhin zulässig; vgl. Stamer/Kuhnke in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 32 BDSG Rdnr. 12). Die von dem Beklagten geltend gemachten Einwände hinsichtlich der Wirksamkeit der von dem Kläger im gerichtlichen Verfahren nachgereichten Einwilligungserklärungen(zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 14.12.2017) seiner Mitarbeiter überzeugen nicht.
Zunächst hat das Verwaltungsgericht zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes(Urteil vom 12.2.2015 - 6 AZR 845/13 -, Rdnr. 69 zu § 32 BDSG juris; sowie Urteile vom 11.12.2014 - 8 AZR 1010/13 - Rdnr. 32, und vom 19.2.2015 - 8 AZR 1011/13 - Rdnr. 30 zum Widerruf einer Einwilligung i.S.d. § 22 KunstUrhG, jeweils zitiert nach juris) seiner Entscheidung die rechtliche Erwägung zu Grunde gelegt, dass eine Einwilligung in die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung gemäß § 4 a BDSG im Arbeitsverhältnis grundsätzlich zulässig ist. Weder kann dem Gesetz selbst ein genereller Ausschluss der Erteilung einer Einwilligung im Arbeitsverhältnis entnommen werden, noch impliziert das strukturelle Machtungleichgewicht zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber per se, dass jede Einwilligung des Arbeitnehmers unfreiwillig wäre. Das BAG(Urteil vom 11.12.2014 - 8 AZR 1010/13 - zitiert nach juris) hat ausdrücklich klargestellt, dass sich ein Arbeitnehmer auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich „frei entscheiden“ könne, wie er sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben wolle. Dieser Annahme stehe weder die grundlegende Tatsache, dass Arbeitnehmer abhängig Beschäftigte sind, noch das Weisungsrecht des Arbeitgebers, § 106 GewO, entgegen. Mit der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und der Eingliederung in einen Betrieb würden sich die Arbeitnehmer nicht ihrer Grund- und Persönlichkeitsrechte begeben. Die zu § 4a BDSG formulierte Gegenauffassung(Simitis (Hrsg.), BDSG, 8. Auflage, 2014, § 4 a Rdnr. 62) verkenne, dass schon nach § 32 BDSG Datenverarbeitung im Arbeitsverhältnis möglich ist, unter den Voraussetzungen des § 32 BDSG sogar einwilligungsfrei. Lässt sich demzufolge kein allgemeiner Grundsatz ableiten, wonach die Freiwilligkeit der Einwilligung im Arbeitsverhältnis grundsätzlich zu verneinen wäre, bedarf es einer Betrachtung und Abwägung der Umstände im Einzelfall.
Ausgehend hiervon hat das Verwaltungsgericht zu Recht keine hinreichenden Anhaltspunkte gesehen, die die Freiwilligkeit der Abgabe der einzelnen Erklärungen ernsthaft in Frage stellen. Soweit der Beklagte geltend macht, gegen die freiwillige Abgabe der Einwilligung spreche das konkrete Interesse des Klägers an der mit der Überwachung vorrangig bezweckten präventiven und repressiven Verhaltenskontrolle seiner Angestellten, weswegen diese bei Verweigerung des Einverständnisses mit arbeitsrechtlichen Nachteilen oder gar der Stigmatisierung als Tatverdächtige rechnen müssten, überzeugt dies nicht. Dem ist entgegenzuhalten, dass ein mit der Überwachung verfolgter legitimer Zweck der Verhütung und/oder Ahndung von Straftaten nicht die Freiwilligkeit der Abgabe der Einwilligung im Hinblick auf die Motivation des Arbeitnehmers, nicht als Tatverdächtiger verdächtigt zu werden, in Frage stellen kann. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Videoüberwachung auch dem Sicherheitsinteresse der Mitarbeiter des Klägers dient, wenn bspw. bei Wochenenddiensten den Kunden bzw. Patienten der Zutritt in den Verkaufsraum der Apotheke ermöglicht ist. Im Hinblick auf die von dem Beklagten angeführten arbeitsrechtlichen Benachteiligungen aufgrund einer Verweigerung einer außerhalb von § 32 BDSG erforderlichen schriftlichen Einwilligung ist darauf hinzuweisen, dass derartige Maßnahmen einen groben Verstoß gegen die arbeitgeberseitigen Pflichten aus § 241 Abs. 2 und § 612a BGB darstellen, der zum Schadensersatz nach den §§ 282, 280 Abs. 1 BGB verpflichten würde. Eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis, der Erhebung, Verarbeitung und Veröffentlichung seiner Daten - soweit erforderlich - zuzustimmen, besteht nicht.(BAG, Urteil vom 11.12.2014 - 8 AZR 1010/13 -, juris) Der Arbeitnehmer ist auch regelmäßig nicht dauerhaft an seine Einwilligung gebunden. Er hat das Recht, diese mit dem Widerruf für die Zukunft rückgängig zu machen.(Plath, in Plath a.a.O., § 4a Rdnr. 70)
Der Auffassung des Beklagten, die Tiefe des mit der Überwachungsmaßnahme verbundenen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen spreche gegen die Freiwilligkeit der abgegebenen Erklärungen, kann anhand des Eindruckes, den das Gericht von den Gegebenheiten vor Ort erlangt hat, nicht gefolgt werden. Durch die punktuelle offene Videoüberwachung am Betäubungsmittelschrank wird - was bereits zuvor dargelegt wurde und worauf Bezug genommen wird - nicht in schwerwiegender Weise in das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten des Klägers eingegriffen, weil für sie eine generelle Ausweichmöglichkeit in andere Räume der Apotheke besteht, die nicht überwacht werden und sie daher keinem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt sind. Die räumliche Enge im Bereich des Betäubungsmittelschrankes erlaubt schon kein längeres Verweilen dort. Die Annahme einer (nur) geringfügigen Eingriffstiefe beansprucht auch vor dem Hintergrund Geltung, dass sich die Einwilligungserklärungen dem Wortlaut nach auf die Aufstellung und Nutzung von fünf Kameras, mithin nicht nur auf den Kameraeinsatz am Betäubungsmittelschrank, sondern auch auf den Verkaufsraum und die Schleuse beziehen. Da der Erfassungsbereich der Kameras im Verkaufsraum - wie bereits zuvor dargelegt - ausschließlich den Freiwahlbereich und die Eingangstüren, nicht aber auch die Medikamentenabgabe am Tresen und die sich vorrangig in diesem Bereich aufhaltenden Mitarbeiter des Klägers aufzeichnen, ist die Eingriffsintensität der von der Einwilligung der Mitarbeiter umfassenden Überwachungsmaßnahme nicht derart schwerwiegend, dass deren Einwilligung mit der Rechtsordnung nicht vereinbar wäre. Dies gilt nicht zuletzt bei einer Abwägung ihrer Interessen mit den aufgrund der unberechtigten Weitergabe von Betäubungsmitteln gefährdeten Rechtsgütern.
Die einzelnen datenschutzrechtlichen Einwilligungen der Mitarbeiter des Klägers genügen entgegen der Ansicht der Beklagten zudem unter formellen und inhaltlichen Gesichtspunkten den Anforderungen des § 4a Abs. 1 Satz 2 und 3 BDSG. Diese Bestimmung sieht vor, dass der Betroffene in der Regel schriftlich auf den vorhergesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung hinzuweisen ist. Der Grad der Anforderungen an die Bestimmtheit und Vollständigkeit der Erklärung ist dabei im Einzelfall abhängig von der Sensibilität der erhobenen Daten und der Eingriffstiefe in die Rechte der Betroffenen. Daran gemessen begegnet der Text der von den Mitarbeitern des Klägers jeweils abgegebenen schriftlichen Erklärungen(vgl. Bl. 76 bis 93 der Gerichtsakte und die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Erklärungen vom 1.9.2017) keinen durchgreifenden Bedenken, denn dabei handelt es sich um eine aus einem konkreten Anlass im Einzelfall von jedem Mitarbeiter des Klägers eingeholten Einwilligung, die hinreichend bestimmt ist und erkennen lässt, dass diese über den Grund, die Art und die Tragweite der Überwachungsmaßnahme informiert sind. Außerdem wird zum Ausdruck gebracht, dass Standort und Ausrichtung der Überwachungskameras bekannt ist und Einverständnis mit der kurzfristigen Speicherung der Bildschirmaufnahme besteht. Die von dem Beklagten geäußerten Zweifel an der Transparenz dieser Erklärung überzeugen nicht. Dass es sich dabei lediglich um eine pauschale Erklärung, die von den Angestellten des Klägers ohne Bezug auf einen konkreten Anlass und in Unkenntnis des Umfangs der Maßnahme abgegeben worden war oder es sich gar um eine Blankoerklärung handelt, ist nach Lage der Dinge nicht anzunehmen. Diese Annahme ist zudem angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten fernliegend, denn in der inhabergeführten Apotheke des Klägers dürfte der überschaubaren Anzahl von Beschäftigten das Aufstellen der Überwachungskameras und „der Streitstand mit der Datenschutzbehörde“ in der Tat bekannt sein. Soweit der Beklagte beanstandet, dass die Einwilligungserklärung keinen Hinweis auf die Folgen der Verweigerung enthält, ist dem entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber die Belehrung darüber als Ausnahmefall ansieht (vgl. § 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG). Der Hinweis muss nur erfolgen, wenn er nach den Umständen des Einzelfalls geboten ist oder vom Einwilligenden verlangt wird.(Kramer in Auernhammer, a.a.O., § 4a Rdnr. 23) Nach Ansicht von Plath(a.a.O.) ist es im Übrigen grundsätzlich ausreichend, wenn im Einwilligungstext die Zwecke wie auch die weiteren Informationen allgemeiner gefasst werden, wenn dies im Ergebnis der Verständlichkeit insgesamt dient. Auch Simitis(in Simitis (Hrsg.), Bundesdatenschutzgesetz, 8. Aufl., 2014, § 4a Rdnr. 80) räumt ein, dass der Forderung nach einer Erklärung, die präzise auf die beabsichtigte Verarbeitung eingeht, sicherlich Grenzen gesetzt seien. Bei aller Bedeutung, die das BDSG dem Einverständnis der Betroffenen beimisst, müsse deshalb eine relative Unvollständigkeit in Kauf genommen werden. Angesichts des Umstandes, dass die von dem Kläger beabsichtigte Videoüberwachung nur geringfügig in das Persönlichkeitsrecht seiner Mitarbeiter eingreift, genügen die vorliegenden Einwilligungserklärungen der Beschäftigten des Klägers zur Überzeugung des Senats den Anforderungen des § 4a Abs. 1 BDSG.
Schließlich bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass nicht alle Mitarbeiter eine Einwilligungserklärung abgegeben haben. Der Kläger hat in der Ortsbesichtigung auf Nachfrage der Vertreterin des Beklagten erklärt, die Einwilligungserklärungen seiner Angestellten würden von einer seiner Mitarbeiterinnen in einer Liste erfasst und bei Wechseln im Personalbestand von neu hinzukommenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stets unterzeichnet. Im Übrigen hat er zum Beleg dessen in der mündlichen Verhandlung zwei weitere eigenhändig unterschriebene Erklärungen vom 1.9.2017 von neu eingestellten Mitarbeiterinnen zu den Akten gereicht. Anlass, an diesen Angaben des Klägers zu zweifeln, besteht zur Überzeugung des Senats nicht, zumal auch der Beklagte den diesbezüglichen Ausführungen des Klägers nicht entgegengetreten ist.
Die Berufung des Beklagten ist demnach zurückzuweisen.
II.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.