Unbefugte Datenveröffentlichung im Internet ist Straftat
Leitsatz
Die unbefugte Veröffentlichung von personenbezogenen Daten im Internet, die nicht allgemein zugänglich sind, in der Absicht, einen anderen zu schädigen, ist eine Straftat nach § § 44 Abs.1 i.V.m. § 43 Abs.2 Nr.1 und Nr.2 BDSG.
Tenor
In der Strafsache gegen (…) wegen Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz hat das Amtsgericht Marburg -Schöffengericht- in der Sitzung vom 01.06.2006. an der teilgenommen haben: (…) für Recht erkannt:
Der Angeklagte ist schuldig des unbefugten Bereithaltens geschützter personenbezogener Daten zum Abruf mittels automatisierten Verfahrens in zwei tatmehrheitlichen Fällen.
Er wird deshalb zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15,00 Euro verurteilt.
Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Angewendete Vorschriften: §§ 44. 43 Abs. 2 Nr. 1. Nr. 2 BDSG. 53 StGB
Sachverhalt
s. Entscheidungsgründe
Entscheidungsgründe
I.
Der 56-jährige, ledige und kinderlose Angeklagte ist habilitierter Physiker und lebt von Ersparnissen.
(…) besitzt keine Vorstrafen. Eine - an sich gesamtstrafenfähige - Verurteilung durch das Landgericht - Kleine Strafkammer - Marburg vom 14.10.2005 in Verbindung mit einem Schuldspruch des Amtsgerichtes - Strafrichter - (…) vom 04.11.2004 - Aktenzeichen: 8 Ns 2 Js 5643/04 - wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 15 Euro ist inzwischen bezahlt.
II.
Spätestens seit dem Jahr 1998 besteht zwischen dem aus (…) nach (…) verzogenen Angeklagten und - überwiegend jüngeren - Einwohnern des Ortes eine zunehmend eskalierende Streitigkeit, deren Ursprung und Inhalte vielfältig und von den Beteiligten mit wechselseitigen Schuldzuweisungen versehen sind.
Eine aus Sicht des Angeklagten zentrale Bedeutung bei nächtlichem Klingeln, Randale vor seinem Haus, Steinwürfen, Drohungen und Urinieren vor der Haustür besitzen die Mitglieder des Vereines (…), einer Burschen- und Mädchenschaft.
Der Angeklagte meint, dieser Verein führe die modernen Zeichen neofaschistischer Vereinigungen und befasse sich im übrigen mit Radau und Alkoholtrinken. Fest steht, dass in der Vergangenheit von Überwachungskameras, die der Angeklagte unter anderem vor seiner Haustür anbrachte, Personen mit dem Vereins T-Shirt der Burschenschaft "(…)" zur Nachtzeit vor dem Haus des Angeklagten dabei aufgenommen worden sind, wie sie entweder klingeln oder sonst auf sich aufmerksam machen.
Am 07.05.1998 erstattete der Angeklagte gegen den damals 21-jährigen Geschädigten (…) aus (…) Strafanzeige bei dem Polizeiposten (…) und begründete dies unter Vorlage verschiedener Fotos damit, (…) habe nachts um 5.30 Uhr minutenlang die Klingel gedrückt, den Angeklagten beleidigt und möglicherweise vor der Tür ausgespuckt oder uriniert.
Das Ermittlungsverfahren (Az.: 10 Js 5537/98) wurde durch Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 04.05 1999 sowie nach der hiergegen gerichteten Beschwerde des Angeklagten durch weitere Verfügung der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 05.07.1999 gemäß § 170 Abs 2 StPO wegen nicht ausreichender Beweise für eine Täterschaft eingestellt.
Der Angeklagte ist verärgert über dieses sowie verschiedene vergleichbare Verfahren und Einstellungen der Staatsanwaltschaft Marburg, die aus seiner Sicht einseitig ermittle und rechtsradikale Täter begünstige. Die Zahl der Strafanzeigen, ermittelten Täter und Einstellungen im Zusammenhang mit Randale vor dem Haus des Angeklagten ist unklar Der Angeklagte hat sich in der Vergangenheit durch eine Vielzahl von Beschwerden bei der Polizei, Staatsanwaltschaft und Ministerien zur Wehr gesetzt und dieses Vorgehen ausführlich auf den Internetseiten (…) und (…) sowie (…) dokumentiert und besprochen.
Gegenstand der Verurteilung ist folgender Sachverhalt:
1.
Am 22.06.2004 und nicht rechtsverjährter Zeit davor stellte der Angeklagte auf der von ihm geschaffenen Internetseite (…) im Rahmen eines Artikels mit der Überschrift "(…)" über die Burschenschaft "(…)" einen von ihm eingescannten und digital verarbeiteten Auszug aus dem Bundeszentralregister des Geschädigten (…) vom 05.06.1998 mit folgendem Text in das Internet ein und ermöglichte so automatisiert für jeden Internetnutzer dessen Abruf und Weiterverarbeitung. Die Stelle lautet:
"Mit ihrem Vorstandsvorsitzenden haben die (…) einen besonders glücklichen Griff getan. Der Polizistensohn genießt Protektion durch Polizei und Justiz.
[Auszug Bundeszentralregister]
Die für einen Burschenschaftsführer unentbehrliche Qualifikation hat er schon im zartem Alter erworben".
Das Original des Bundeszentralregisterauszuges hatte der Angeklagte durch Akteneinsicht seines damaligen Rechtsbeistandes in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Marburg 10 Js 5537.8/98 erhalten, weil versehentlich der Registerauszug nicht entfernt worden war. Der vollständige Text des Registereintrages enthält zusätzlich den Text:
- Eintragung im Erziehungsregister, nicht in ein Führungszeugnis (für Private oder Behörden) aufzunehmen -.
Mit der Veröffentlichung des Registerinhaltes im Internet bezweckte der Angeklagte, den (…) bloß zu stellen und verächtlich zu machen, weil er sich über dessen Tat und deren Nichtverfolgung durch die Staatsanwaltschaft geärgert hatte.
2.
Spätestens seit dem 24.06.2005 war die soeben beschriebene Stelle des Registerauszuges des (…) auf der Internetseite des Angeklagten nicht mehr zu sehen, weil die Verknüpfung zu der Datei "(…)" beseitigt war. Spätestens am 29.07.2005 stellte der Angeklagte den erwähnten Teil des Registerauszuges wieder an die gleiche Stelle seiner Internetseite (…) in das Internet ein, um den (…) weiterhin bloß zu stellen und verächtlich zu machen.
Zudem fügte er folgenden Satz hinzu:
"Die Darstellung dieser Daten ist wegen § 14 (2) Bundesdatenschutzgesetz zulässig, weil sie zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl erforderlich ist. Die Staatsanwaltschaft hat gewusst, dass der Vorsitzende der (…) für Alkohol und Straftaten anfällig ist. Dennoch hat sie ihn und die (…) gewähren lassen."
Der Geschädigte (…) hat am 24.06.2004 sowie am 16.08.2005 gegen den Angeklagten Strafantrag gestellt.
III.
Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung des Gerichtes fest aufgrund der verlesenen Urkunden und der Einlassung des Angeklagten, der den äußeren Sachverhalt in der festgestellten Weise bestätigt und im übrigen folgendes gemeint hat:
Er habe in Notwehr gehandelt, weil Staatsanwaltschaft und Polizei ihn nicht genügend vor Übergriffen schützten. § 14 Abs. 2 Nr. 6 und Nr. 8 des Bundesdatenschutzgesetzes erlaubten als spezialgesetzliche Ausprägung des Notwehrrechtes (§ 32 StGB) jedermann die Veröffentlichung von Daten, wenn dies zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zur Wahrung erheblicher Belange des Gemeinwohls (Nr. 6) bzw. zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person (Nr 8) erforderlich sei.
Die Betätigungen der "(…)" und der Schutz seiner Person und Integrität seiner Wohnung seien derartige Gemeinwohlbelange und Beeinträchtigungen der Rechte einer anderen Person. Nur durch Aufklärung der Öffentlichkeit könne er überzeugen, die Öffentlichkeit glaube aber nur, was man ihr auch beweise. Die Veröffentlichung des Registerauszuges sei deshalb durch das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit (Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz) gedeckt.
Die Feststellungen des Gerichtes zur Überzeugung von der auf der inneren Tatseite angelegten Schädigungsabsicht des Angeklagten beruhen auf folgenden Gesichtspunkten:
Der Angeklagte besaß wegen des soeben besprochenen Vorwurfs nächtlicher Randale und Sachbeschädigung und der aus seiner Sicht ungerechtfertigten Verfahrensbehandlung durch die Staatsanwaltschaft ein Motiv dafür, bei dem Geschädigten Vergeltung zu üben. Für eine erstrebte Aufklärung über Personen und Inhalte der "(…)" hätte es - ungeachtet der objektiven Rechtswidrigkeit - genügt, lediglich den Inhalt der Registereintragung zu veröffentlichen.
Aus der Hinzufügung eines Begleittextes mit sarkastischer Wortwahl ergibt sich ein verlässlicher Hinweis auf den Wunsch des Angeklagten, (…) in Misskredit zu bringen: Der Satz "Die für einen Burschenschaftsführer unentbehrliche Qualifikation hat er schon im zarten Alter erworben" stellt den Geschädigten bewusst in die Nähe des Naziführers Adolf Hitler und beschreibt Alkohol und Rechtsbruch als Qualifikation nach dem Motto "Früh übt sich, wer ein Meister werden will".
Die in dem Satz "Der Polizistensohn genießt Protektion durch Polizei und Justiz" angelegte Diskreditierung bedarf keiner Vertiefung. Entscheidend auf die Bloßstellungsabsicht des Angeklagten läßt sich aber aus dem Umstand schließen, dass er den unmittelbar mit dem von ihm veröffentlichten Eintragungstext verknüpften Satz "Eintragung im Erziehungsregister nicht in ein Führungszeugnis (für Private oder Behörden) aufzunehmen" nicht veröffentlicht hat.
Denn damit hätte der Angeklagte dem Leser seiner Internetseite einerseits verdeutlicht, dass es sich um keine bedeutsame Eintragung handelte, andererseits aber darüber Auskunft gegeben, dass nach dem Willen des Gesetzgebers und des Generalbundesanwaltes nicht einmal eine Bekanntgabe an private oder öffentliche Stellen erfolgen darf - erst recht keine Veröffentlichung im Internet.
Stattdessen wollte der Angeklagte die dem Registerauszug innewohnende Amtlichkeit bewusst ausnutzen, obwohl es um eine Verfahrenseinstellung ging, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im Internet bereits 11 Jahre alt und längst getilgt war.
IV.
Der Angeklagte hat unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, erhoben, verarbeitet und mittels eines automatisierten Verfahrens bereit gehalten. Eintragungen in das Bundeszentralregister sind solche besonders sensiblen und geschützten Daten (Ehmann in Simitis, Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz. 6. Auflage, § 43 Rd. Nr. 48): ganz besonders dann, wenn ihre Geheimhaltung dem jugendstrafrechtlichen Erziehungsgedanken und dem Resozialisierungsinteresse Rechnung tragen soll.
Der Angeklagte hat durch das Einscannen, Digitalisieren und Abspeichern auf dem Festspeicher eines Servers die Daten nach § 3 Abs. 4 Satz 1 BDSG bearbeitet und zum Empfang der Daten durch Dritte im Internet bereit gehalten (Simitis/Ehmann, aaO Rdnr. 56). Weil der Angeklagte die ausdrücklich sich aus dem Register ergebende Beschränkung, die Daten nicht an Behörden oder Private weiterzugeben, selbst ausgeschnitten hat, handelte er auch vorsätzlich.
Die nach § 44 Abs. 1 erforderliche Absicht, einen anderen zu schädigen, ergibt sich aus den soeben unter Ziffer III.) besprochenen Indizien. Absicht im Sinne dieser Vorschrift bedeutet den zielgerichteten Willen, wobei nicht erforderlich ist, dass die Schädigung alleinige Triebfeder des Täters ist; es reicht ebenso wie bei der Bereicherungsabsicht im Sinne des § 263 StGB vielmehr aus, wenn die Schädigung vom Täter als notwendiges Mittel für einen dahinterliegenden weiteren Zweck erstrebt wird (vgl. BGH St 16, 1 ff.).
Es reicht deshalb aus. dass es dem Angeklagten im Sinne eines sogenannten Motivbündels neben dem Bestreben um Aufklärung über die Aktivitäten der (…) auch darauf ankam, (…) bloß zu stellen.
Der Angeklagte kann sich auf Rechtfertigungsgründe nicht berufen. Die von ihm in Anspruch genommenen Bestimmungen der §§ 14 Abs. 2 Nr. 6 und Nr. 8 BDSG sind Vorschriften, die sich an staatliche Stellen als Normadressaten richten und Ausnahmetatbestände im Sinne von Erweiterungen der gesetzlichen Befugnisse in Sonderfällen beinhalten (Simitis/Dammann, § 14 Rdnr. 3).
Diese Normadressierung ergibt sich bereits aus dem systematischen Bezug zu dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz, der auf die "Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben" abstellt. Im übrigen folgt die Beschränkung des Kreises der Normadressierten aus dem Bezug zu den Aufgabenkatalogen öffentlicher Stellen.
Der Angeklagte besitzt keine Aufgabenverantwortlichkeit zum Verarbeiten von Bundeszentralregisterdaten. Auch der gesamte Regelungszweck des Gesetzes spricht gegen ein Jedermannrecht zur Zweckentfremdung von geschützten Daten. Es bedarf deshalb keiner Vertiefung, dass die §§ 14 Abs. 2 Nr. 6 und Nr. 8 BDSG auch tatbestandlich nicht erfüllt sind.
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art 5 Abs. 1 GG - die der Angeklagte im Ausgangspunkt für den Inhalt seiner Internetveröffentlichungen in Anspruch nehmen kann - verleiht keinen Rechtfertigungsgrund gegenüber der Verletzung einfachgesetzlicher Bestimmungen. Denn die Meinungsfreiheit und das Verbot von Zensur findet seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze und dem Recht der persönlichen Ehre.
Das BDSG ist ein solches allgemeines Gesetz, das unmittelbar auch den Schutz der Ehre bezweckt und damit den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG und die Möglichkeiten des Angeklagten zur Ausübung von Meinungsfreiheit beschränkt.
Der Angeklagte hat auch nicht mit der Veröffentlichung des Registerinhaltes von (…) die nach § 32 StGB durch Notwehr gebotene und erforderliche Verteidigungshandlung zur Abwehr eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffes vorgenommen. Im Jahr 2004 lag der von dem Angeklagten geltend gemachte Übergriff des Geschädigten (…) sechs Jahre zurück und war deshalb nicht gegenwärtig.
Selbst bei einer - rein hypothetisch zu Gunsten des Angeklagten unterstellten - Dauergefahr gerade durch (…) handelt es sich bei dem Einstellen eines Registerinhaltes in das Internet um keine geeignete und erst recht mit Rücksicht auf das Alter der Eintragung und die Schutzwürdigkeit der Daten verhältnismäßige Abwehrhandlung; es liegt vielmehr auf der Hand, dass ein derartiges Vorgehen weitere Eskalation fördert.
Aus dem Inhalt der Internetveröffentlichung lässt sich auch nicht der für eine Erfüllung des § 32 StGB erforderliche subjektive Verteidigungswille gewinnen. Aus diesen drei genannten Gründen kommt es auch nicht auf die nähere Untersuchung an, ob eine von dem Angeklagten behauptete Untätigkeit der Strafverfolgungsbehörden zur Gewährleistung effektiven Schutzes ein Notwehrrecht begründen kann.
Die völlige Verschiedenheit zwischen einem Rechtsbruch durch Nachbarn auf der einen Seite und der Verfolgungszuständigkeit von Polizei und Staatsanwaltschaft und das grundsätzliche Vorhandensein von Rechtsschutzmöglichkeiten - unabhängig von ihrer Behandlung im damaligen Verfahren - auf der anderen Seite lässt dies insgesamt als abwegig erscheinen. Der Angeklagte hat mit der Bloßstellung des (…) für dessen Bestrafung sorgen wollen, weil die Staatsanwaltschaft die Prüfung einer Bestrafung ablehnte Das ist Selbstjustiz und nicht Notwehr.
Ein sogenanntes Recht auf zivilen Ungehorsam (civil disobedience) ist dem geltenden Recht als Erlaubnissatz fremd, abgesehen davon, dass die Bloßstellung eines anderen im Internet anerkannte Mindeststandards eines Handelns aus Gewissensgründen wie z.B. Verzicht auf Verletzung der Würde eines anderen, Verzicht auf Rache und Beachtung von der Verhältnismäßigkeit der Mittel missachtet.
Soweit der Angeklagte bei einem Irrtum über das Erlaubtsein der Veröffentlichung oder die Bedeutung des § 14 BDSG sich im Irrtum befand (§ 17 StGB), war dieser Irrtum vermeidbar. Es war dem Angeklagten ohne weiteres zumutbar, vor einer solchen Veröffentlichung - die ohne weiteres hätte zurückgestellt werden können - sorgfältig Rechtsrat einzuholen.
Der Angeklagte gelangt mit seinem rechtspositivistischen, am Wortlaut verhaftenden Verständnis von den Vorschriften des § 14 BDSG und der Vermengung von erlaubter Aufklarung und persönlicher Fehde zu der Vorstellung, der verfolgte Zweck - Kampagnen und unbedingte Aufklarung über neofaschistische Tätigkeiten - rechtfertige jedes Mittel.
Andere Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich. Die Persönlichkeit des Angeklagten offenbart keinerlei Hinweise auf ein psychopathologisch derart eingeengtes Denken oder Beziehungsideen, die zur Annahme aufgehobener Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit (§ 20 StGB) führten.
Aufgrund der gestellten Strafanträge sind beide Taten verfolgbar
V.
§ 44 BDSG sieht als Rechtsfolge Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vor. Mit Rücksicht auf die fehlenden Vorstrafen des Angeklagten und die Besonderheiten der im Urteilseingang beschriebenen nachhaltigen Konfliktsituation bedarf es zur angemessenen Reaktion trotz der sich aus der Wiederholung ergebenen Uneinsichtigkeit des Angeklagten keiner Freiheitsstrafe.
Bei der Bemessung der Höhe einer zur ausreichenden Beeindruckung des Angeklagten ausreichenden Geldstrafe hat das Gericht strafschärfend bei der Tat zu Ziffer 1.) die besondere Schutzwürdigkeit der Daten aus einem Erziehungsregister zu berücksichtigen, über die der Angeklagte durch den Text des Registers unterrichtet war und dies ausdrücklich auch zur Kenntnis genommen hat.
Erhöhtes Handlungsunrecht folgt aus dem durch Scannen und Kopieren einhergehenden Aufbereitungsaufwandes. Das Erfolgsunrecht der Tat wird strafschärfend dadurch geprägt, dass die seit Jahren getilgte Eintragung einer von der Strafverfolgungsbehörde als einstellungswürdig bewerteten Tat eines Jugendlichen unter Mißachtung des für den Angeklagten erkennbaren Resozialisierungszweckes nach fast 13 Jahren immer noch für jedermann einsehbar im Internet abrufbar ist. Die Nutzung des Internets mit seiner gegenüber herkömmlichen Datennetzen sehr hohen Verbreitungswirkung bewirkt ebenfalls eine Schärfung.
Strafmildernd hat das Gericht die fehlenden Vorstrafen des Angeklagten ebenso berücksichtigt wie dessen persönliche Lebensverhältnisse, bei denen eine ausgeprägte Mobbingsituation - unabhängig von einem Eigenanteil des Angeklagten - dessen Lebensqualität und psychische Gesundheit nachhaltig beeinträchtigt Das Gericht verkennt insbesondere nicht, dass die Veröffentlichung einer Information über das Mitglied der Burschenschaft "(…)" (…) ohne die folgenden drei Umstände nicht denkbar wäre:
Die Tat des Angeklagten ist die überzogene Reaktion des intellektuell agierenden Angeklagten auf seit längerer Zeit volkssportartig durchgeführte jugendtümlich-alkoholisierte Provokationen vor seiner Haustür, die objektiv uneingeschränkt zu missbilligen sind. Sie steht ferner im Zusammenhang mit der von dem Angeklagten empfundenen Ignoranz seiner Umgebung gegenüber seinen Erkenntnissen und Ansichten über die Burschenschaft "(…)".
Schließlich drückt sich in der Tat und Einlassung des Angeklagten Wut und Ohnmacht über eine von ihm erlebte Untätigkeit der Strafverfolgungsbehörden aus. Bei der gerechten Würdigung von Tat und Täter (§ 46 StGB) erlangt bei der vorliegenden Tat zum Nachteil (…) unmittelbare Bedeutsamkeit, dass die Bedenken des Angeklagten gegen die Fehlerhaftigkeit der Einstellung des Verfahrens gegen (…) aus dem Jahr 1999 (10 Js 5537/98) aufgrund der in der Hauptverhandlung in diesem Verfahren in Augenschein genommenen Beweismittel (gleiche Jacke, gleiche Mütze, ähnliches Gesicht jedenfalls der Personen auf den Lichtbildern) nicht ohne weiteres verworfen werden können.
Auch gilt - insbesondere unter Anwendung des im Strafprozess geltenden Zweifelssatzes - zugunsten des Angeklagten der Befund, dass das kollektive Tragen von Vereinspullovern mit einer in Spiegelstrichen abgesetzten "(…)" (Synonym für Heil Hitler) anstatt 1988 in schwarzer runenartiger Schrift im Zusammenhang mit schwarz-weiß-rot angestrichenen Einladungsschildern zu einer Burschenschaftsfeier im Jahr 2005 und dem Pkw-Kennzeichen eines Mitgliedes mit der Zahl 1488 von dem aufmerksamen Angeklagten mindestens als provokante Koketterie seiner Träger mit neofaschistischen Inhalten gewertet werden darf.
Zur Vermeidung von Mißverständnissen bedarf es an dieser Stelle indes erneut des Hinweises, dass Zweck und Mission nicht jedes Mittel heiligen und der zunehmend unnachsichtiger mit den Fehlern anderer umgehende Angeklagte möglicherweise zu viel von den tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten von Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten erwartet.
Auch fordert die Feststellung der individuellen Tatschuld des Angeklagten bei einem Verstoß gegen Bestimmungen des Datenschutzes nicht die vertiefte Befassung mit Verfassungsschutzfragen im Zusammenhang mit Zielen und Verhalten der Burschenschaft "(…)"; ganz abgesehen davon, dass greifbare Anhaltspunkte dafür bislang fehlen.
Strafmildernd hat zudem ein Härteausgleich für die nicht mehr vornehmbare Bildung einer Gesamtstrafe mit der eingangs genannten Verurteilung durch das Landgericht Marburg zu erfolgen.
Bei Berücksichtigung sämtlicher genannter Gesichtspunkte und der Persönlichkeit des Angeklagten, der durch Konflikt und Strafverfahren erkennbar berührt ist. erscheint eine Geldstrafe für die Tat zu Ziffer 1) von 15 Tagessätzen zu je 15,--Euro gemessen an den beschränkten wirtschaftlichen Verhaltnissen des Angeklagten tat- und schuldangemessen.
Bei der Tat zu 2) gelten im Ausgangspunkt dieselben Überlegungen In hervorgehobenem Maße strafschärfend ist indes die Beharrlichkeit und Hartnackigkeit zu bedenken, die darin zum Ausdruck gelangt, dass sich der Angeklagte trotz Vorliegens einer ersten Anklageschrift und eines Entfernens der beanstandeten Datei aus dem Internet erneut zur Bloßstellung des Geschädigten (…) veranlasst gesehen hat.
Die Tat liegt deshalb hinsichtlich der Beweggründe auf einer anderen Ebene: der Angeklagte war auf die Rechtswidrigkeit seines Tuns aufmerksam gemacht worden und war sich ab diesem Zeitpunkt über das hohe Risiko einer unzutreffenden Rechtsauffassung voll bewusst.
Erschwerend tritt zu der fehlenden Bereitschaft zur Einsicht hinzu, dass die Datei sich immer noch dort befindet und der Angeklagte ihre Entfernung für die Zukunft kategorisch ablehnt. Das rechtfertigt eine deutliche Erhöhung auf eine Einzelgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15 Euro.
Gemäß § 54 StGB war eine gerechte Gesamtstrafe unter Erhöhung der höchsten verwirkten Einzelstrafe zu bilden, die die Summe bei der Strafe nicht erreichen durfte. Diese Gesamtstrafe hat den einen zeitlichen und situativen Zusammenhang der schablonenhaft gleichartig im Zusammenhang stehenden Taten einerseits, andererseits aber die von dem Angeklagten beabsichtigte nachhaltige Fortdauer der Beeinträchtigung zu berücksichtigen.
Dies gelangt durch eine Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu 15 Euro zum Ausdruck.
Eine bloße Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB) kam bei der soeben geschilderten fehlenden Einsicht und Haltung des Angeklagten nicht in Betracht. Denn eine Gesamtwürdigung der Taten und der Persönlichkeit des Angeklagten bringt keine solchen besonderen Umstände hervor, nach denen es angezeigt ist, ihn von der Verurteilung zu Strafe zu verschonen (§ 59 Abs. 1 Nr. 2 StGB).
Vielmehr ist gerade nicht zu erwarten, dass der Angeklagte künftig auch ohne Verurteilung zu Strafe keine vergleichbaren Straftaten mehr begehen wird (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 StGB).
VI.
Die Kostenfolge beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.