Keine Irreführung einer Auskunftei bei Aussage "Nur 1 x im Jahr kostenlose Datenschutzauskunft"
Leitsatz
Keine Irreführung einer Auskunftei bei Aussage "1 x im Jahr kostenlose Datenschutzauskunft"
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 16. August 2017, soweit nicht die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
I.
Die Beklagte betreibt eine Auskunftei, die u.a. Bonitätsinformationen über Privatpersonen speichert und an Unternehmen weiterleitet. Bis zum 24. Mai 2018 veröffentlichte sie auf ihrer Website zur Auskunft nach § 34 Abs. 8 BDSG a.F. Erklärungen, wie aus den Anlagen K 1-3 ersichtlich.
Der Kläger, ein nach § 4 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverein, beanstandete unter dem Gesichtspunkt des UWG und des UKlaG zum einen, dass danach die Auskunft lediglich einmal im Jahr kostenlos erteilt werde, zum anderen, dass danach die Auskunft nicht geeignet sei, um an Dritte, z.B. einen Makler/Vermieter weitergegeben zu werden. In diesen Angaben sah der Kläger sowohl eine Irreführung als auch einen Verstoß gegen § 34 BDSG a.F.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, die Beklagte unter lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten antragsgemäß verurteilt,
1. es unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern
a) in Bezug auf die Auskunft nach § 34 BDSG anzugeben oder angeben zu lassen „einmal erhalten Sie ihre Auskunft kostenlos.“, „1 x im Jahr kostenlos“ bzw. „die einmal im Jahrkostenlose Selbstauskunft (….)“, wenn dies geschieht wie in den Anlage K 1 – K 3 wiedergegeben
und/oder
b) in Bezug auf die kostenlose Auskunft nach § 34 BDSG anzugeben oder angeben zu lassen, „Diese Auskunft ist nicht geeignet, um an Dritte, z.B. einen Makler/Vermieter weitergegeben zu werden.“, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 2 wiedergegeben
2. an den Kläger 260,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.02.2017 zu zahlen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Auskunft sei nach § 34 Abs. 8 BDSG unentgeltlich zu erteilen; eine Ausnahme bestehe nur für den Fall einer Verwendung zu wirtschaftlichen Zwecken. Eine erteilte Auskunft könne auch ohne weiteres Dritten vorgelegt werden.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Nach § 34 Abs. 8 S. 3 BDSG könnten für Folgeauskünfte bereits dann Entgelte erhoben werden, wenn diese wirtschaftlich verwertet werden könnten. Was den Antrag zu b) betreffe, sei es datenschutzrechtlich unerwünscht, dass die Verbraucher die Auskunft an Dritte weitergebe, weil die Auskunft Daten enthalte, die diese Dritten von der Beklagten aus Rechtsgründen nicht erhalte; es bestehe die Gefahr, dass die Dritten Verbraucher dazu drängten, Auskünfte einzuholen, um sie ihnen dann vorzulegen, was datenschutzrechtlich unerwünscht sei. Mit Inkrafttreten der DSGVO habe sie ihre Website der neuen Rechtslage angepasst. Sie hat daher den Antrag angekündigt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat den Antrag angekündigt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und verweist darauf, eine Entgeltpflichtigkeit sei die Ausnahme. Dass die Forderung Dritter nach Vorlage von Selbstauskünften datenschutzrechtlich bedenklich sei, rechtfertige nicht die gewählte Formulierung.
Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung den Klageantrag zu 1.a) im Hinblick auf das Inkrafttreten der DSGVO übereinstimmend für erledigt erklärt. Im Übrigen haben die Parteien die angekündigten Anträge gestellt, der Kläger den Klageantrag zu 1.b) jedoch mit der Maßgabe, dass es statt „§ 34 BDSG“ nunmehr heißen muss „Art. 15 Abs. 1 DSGVO“.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien verwiesen.
II.
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das angefochtene Urteil des Landgerichts ist abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit nicht die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
1. Zum Klageantrag zu 1.b)
Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zu.
Da der Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, hat der Antrag nur dann Erfolg, wenn der Anspruch sowohl zum Begehungszeitpunkt als auch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestand (BGH, Urteil vom 26.07.2018 – I ZR 64/17 – Dead Island Rn. 37).
a) Der Kläger kann und konnte seinen Anspruch nicht auf das UWG stützen.
aa) Es bedarf keiner Entscheidung, ob sowohl nach dem bis zum 24. Mai 2018 geltenden BDSG a.F. als auch unter den seither geltenden Regelungen der DSGVO bei Verstößen gegen datenschutzrechtliche Vorschriften die Anwendung des UWG in Betracht kommt und der Kläger klagebefugt ist (vgl. zu diesem Problemkreis zum bis zum 24. Mai 2018 geltenden Recht Senat GRUR-2017, 416 – Facebook Like Button, Köhler, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl., § 3a Rn. 1.74a; zur Rechtslage nach der DSGVO Barth WRP 2018, 790; Köhler, a.a.O., § 3a Rn. 1.40a, 1.74b, 1.74c), die Entscheidung des Verbrauchers, ob er eine Auskunft nach § 34 Abs. 8 BDSG a.F., Art. 15 Abs. 1 DSGVO einholt oder nicht, als „geschäftliche Entscheidung“ im Sinne des § 5, § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG anzusehen ist.
bb) Die Aussage der Beklagten, die Auskunft sei „nicht geeignet, um an Dritte … weitergegeben zu werden“, ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht irreführend im Sinne des § 5 UWG.
Der Kläger hat eine Irreführung in erster Instanz damit begründet, der Verbraucher müsse aufgrund des Wortlauts der Aussage davon ausgehen, eine Weitergabe der Auskunft an Dritte sei untersagt. Dies besagt die angegriffene Äußerung jedoch nicht, sie spricht lediglich davon, die Auskunft sei dazu nur „nicht geeignet“.
Eine Irreführung darüber, die erteilte Auskunft sei wegen Fehlens wichtiger, für den Dritten belangreicher Daten „nicht geeignet“, ist zum einen vom Kläger nicht dargelegt (mit der Folge, dass eine Verurteilung auf dieser Grundlage nicht erfolgen kann, vgl. BGH GRUR 2018, 431 – Tiegelgröße Rn. 16) und erfolgt zum anderen angesichts der Tatsache, dass anschließend die Vollständigkeit der in der Auskunft enthaltenen Daten betont wird, nicht.
Auch im Übrigen erfolgt eine Irreführung des Verbrauchers nicht. Die Auskunft nach § 34 BDSG a.F., Art. 15 Abs. 1 DSGVO ist in der Tat nicht geeignet, an Dritte weitergegeben zu werden. Sie enthält nämlich Daten, die Dritte von der Beklagten bei einer unmittelbaren Anfrage nicht erhalten würden und die der Dritte von dem Verbraucher nur aufgrund einer freiwilligen und informierten Einwilligung erheben dürften (Dix, in Simitis, BDSG 8. Aufl., § 34 Rn. 65). Da in der Praxis eine hinreichende Aufklärung des Verbrauchers darüber durch den Dritten oft nicht erfolgt, ist die Auskunft in der Tat „nicht geeignet, an Dritte weitergegeben zu werden“. Dem Kläger ist zuzugeben, dass der Grund für die fehlende Eignung in der angegriffenen Aussage (und auch nicht andernorts in Anlage K 2) auch nicht andeutungsweise angegeben wird und der Verbraucher daher darüber nur rätseln kann. Der Senat sieht jedoch keine Verpflichtung der Beklagten, den Grund für die fehlende Eignung näher darzulegen und zu erläutern.
b) Ein Anspruch besteht auch nicht aufgrund des UKlaG.
aa) Insoweit kann offen bleiben, ob der Kläger klagebefugt ist (vgl. Barth, WRP 2018, 790, 793), der geltend gemachte Verstoß sich als solcher gegen „Vorschriften, welche die Zulässigkeit regeln a) der Erhebung … oder b) der Verarbeitung oder der Nutzung personenbezogener Daten …“ im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 11 UKlaG darstellen würde.
bb) Ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften liegt jedenfalls aus den unter a) genannten Gründen nicht vor.
2. Zum Klageantrag zu 2.
Dem Kläger steht auch der geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch nicht zu.
Ob ein solcher Anspruch besteht, richtet sich nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Abmahnung (BGH, Urteil vom 26.07.2018 – I ZR 64/17 – Dead Island Rn. 9).
Die Abmahnung war nicht gerechtfertigt.
a) Die Abmahnung des Klägers vom 24. Mai 2016 richtete sich zum einen gegen die Äußerungen, die – bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien – Gegenstand des Klageantrages zu 1.a) waren. Entgegen der Auffassung des Landgerichts bestand auch insoweit ein Unterlassungsanspruch nicht.
aa) Der Anspruch konnte nicht auf das UWG gestützt werden. Auch hier können die unter 1.a) aa) angesprochenen Fragen offen bleiben.
(1) Die angegriffenen Aussagen waren nicht irreführend, § 5 UWG. Sie befassten sich unmittelbar lediglich mit der „Erstauskunft“ nach § 34 Abs. 8 S. 2 BDSG a.F. Zur Kostenpflichtigkeit von „Folgeauskünften“ (Auskünfte, die innerhalb eines Jahres seit Erteilung der „Erstauskunft“ erteilt wurden) enthielt sie unmittelbar keine Aussage. Allenfalls aus der Tatsache, dass die Kostenlosigkeit der Erstauskunft betont wurde, ließ sich mittelbar schließen, dass es sich bei Folgeauskünften anders verhalten könnte. Selbst wenn man diese Schlussfolgerung generell ziehen sollte, traf sie zu.
Für die Folgeauskünfte konnte die Beklagte nach § 34 Abs. 8 S. 3 BDSG a.F. grundsätzlich ein Entgelt verlangen. Die Beklagte speicherte Daten geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittelung (§ 34 Abs. 8 S. 2 BDSG a.F.). Die übermittelten Daten konnten „zu wirtschaftlichen Zwecken“ genutzt werden. Dabei reichte nach dem Gesetzeswortlaut die Eignung bereits aus, um eine Entgeltpflichtigkeit herbeizuführen. Auf die tatsächliche Benutzung kam es nicht an.
Entgegen der Auffassung des Klägers bestand diese Eignung auch dann, wenn die Auskunft lediglich Namen und Adresse des Verbrauchers oder die Angabe, dass keine Daten vorhanden seien, enthielt. Der gegenteiligen Auffassung von Dix (a.a.O., Rn. 66) vermag der Senat nicht zu folgen. Auch aus der Tatsache, dass bei der Beklagten keine negativen Informationen zum Verbraucher (z.B. zur Eintragung in ein Vermögensverzeichnis nach § 802k ZPO) vermerkt waren, ließen sich wirtschaftlich verwertbare Schlüsse ziehen.
Der Aufdruck eines „Disclaimers“ (vgl. Dix, a.a.O., Rn. 67) war nach Ansicht des Senats ersichtlich ungeeignet, um die Eignung zur wirtschaftlichen Verwertung einer Auskunft tatsächlich auszuschließen. Es war davon auszugehen, dass der Verbraucher und Dritte (z.B. die in der Aussage der Beklagten ausdrücklich angesprochenen Vermieter, Makler) sich darüber hinwegsetzen würden. Für eine andere praktikable Möglichkeit zur Beschränkung der tatsächlichen Verwertungsmöglichkeit einer Auskunft ist nichts ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen.
Soweit nach § 34 Abs. 8 S. 5 BDSG a.F. eine kostenlose Folgeauskunft verlangt werden konnte, handelte es sich um tatsächliche Ausnahmefälle. Der Verbraucher nahm aufgrund der angegriffenen Aussagen bereits nicht an, Folgeauskünfte in den Fällen, in denen Fehler bei den ihn betreffenden Daten der Beklagten vorlagen oder nahelagen, seien kostenpflichtig, er bezog diese Aussagen vielmehr nur auf den „Normalfall“. Es war daher auszugehen, dass ein Verbraucher, der einen Fehler in einer Erstauskunft entdeckt hatte und daraufhin seinen Berichtigungs-/Löschungsanspruch ausgeübt hatte bzw. anderwärts auf einen naheliegenden Fehler aufmerksam gemacht wurde, den angegriffenen Aussagen von der Einholung einer Auskunft abhalten ließ. Selbst wenn dies anders wäre, wäre die Anzahl der Verbraucher, auf die die Vorschrift des § 34 Abs. 8 S. 5 BDSG zutraf und allenfalls von den Aussagen hätten getäuscht werden können, - wie bereits im Termin vom 28. August 2018 ausgeführt – so gering, dass sie als irrelevant anzusehen wäre (vgl. Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 5 Rn. 1.94 ff.).
Eine Irreführung erfolgte auch nicht im Hinblick auf § 34 Abs. 9 S. 2 BDSG a.F. Zwar hatte der Unternehmer bei Folgeauskünften darauf hinzuweisen, dass der Verbraucher statt einer kostenpflichtigen Auskunft persönlich bei der Beklagten kostenlos Einblick nehmen konnte. Jedoch musste ein derartiger Hinweis erst nach Entgegennahme der Aufforderung des Verbrauchers zur Erteilung einer Folgeauskunft (allerdings vor Erteilung der kostenpflichtigen Auskunft, Dix, a.a.O., Rn. 89) erfolgen. Auf diesen Gesichtspunkt hat der Kläger seine Beanstandung auch nicht gestützt.
(2) Die Beklagte hat auch nicht gegen § 3a UWG verstoßen. Gegenstand der Beanstandung war lediglich die Information der Beklagten, nicht dagegen ihr tatsächliches Verhalten. Eine gesetzliche Verpflichtung eines Unternehmers zur Information über zu erteilende Auskünfte und die Kostenpflichtigkeit/-freiheit der Erteilung bestand nicht. Unter diesen Umständen verstieß auch eine – unterstellt – unrichtige Aussage nicht gegen § 3a UWG, sondern konnte nur nach Maßgabe des § 5 UWG angegriffen werden (BGH GRUR 2018, 950 – Namensangabe). Eine Verpflichtung zur Information nach § 34 Abs. 9 S. 2 BDSG a.F. bestand zu diesem Zeitpunkt noch nicht (vgl. oben unter (1) a.E.).
bb) Aus diesen Gründen sind die beanstandeten Äußerungen – unabhängig von den unter 1.b)aa) angesprochenen Fragen – jedenfalls nicht als verbraucherschutzgesetzeswidrige Praktiken im Sinne des § 2 UKlaG anzusehen.
b) Zum anderen richtete sich die Abmahnung gegen Äußerungen, die Gegenstand des Klageantrages zu 1.b) waren. Diese Beanstandung war aus den unter 1. genannten Gründen nicht gerechtfertigt.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 S. 1, § 91a, § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, sind die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, da er nach dem unter II.2.a) Gesagten auch ohne das erledigende Ereignis unterlegen gewesen wäre.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht ersichtlich. Bei der Frage der Irreführungsgefahr handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung. Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Auslegung des § 34 Abs. 8 BDSG a.F. existiert zwar nicht. Grundsätzliche Bedeutung haben Rechtsfragen zu abgelaufenem Recht aber in der Regel nicht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich Fragen dazu noch in einer Vielzahl von Fällen stellen oder dass die Auslegung des § 34 Abs. 8 BDSG a.F. für die Auslegung der Nachfolgevorschrift von Bedeutung sein könnten (vgl. BGH, Beschluss vom 03.07.2018 – VIII ZR 227/16 Rn. 9 m.w.N.).