Bewertungs-Plattform Jameda muss Ärzte-Daten aufgrund von DSGVO löschen
Leitsatz
Bewertungs-Plattform Jameda muss Ärzte-Daten aufgrund von DSGVO löschen
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche in der Datenbank der Internet-Seite www.A.de zum Kläger gespeicherten Daten zu löschen, insbesondere Name, Fachrichtung, Anschrift und Telefonnummer der Praxis des Klägers sowie die betreffend den Kläger abgegebenen Bewertungen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, zur Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, es zu unterlassen, auf der Internet-Seite www.A.de ein Profil mit Namen und Fachrichtung des Klägers sowie Anschrift und Telefonnummer seiner Praxis zu veröffentlichen, auf welchem Bewertungen abgegeben werden können, und dabei gleichzeitig - alternativ oder kumulativ -
a) auf dem Profil des Klägers auf eine Liste mit weiteren Ärzten zu verweisen, während auf den Profilen zahlender Ärzte ein Hinweis auf weitere Ärzte unterbleibt, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
b) auf dem Profil des Klägers auf eine Liste mit weiteren Ärzten zu verweisen, auf der zahlende Ärzte anders als der Kläger mit Bild dargestellt werden, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
c) auf dem Profil des Klägers Artikel von zahlenden Ärzten zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
d) auf dem Profil des Klägers auf eine Liste mit Ärzten für spezielle Behandlungsgebiete zu verweisen, während auf den Profilen zahlender Ärzte ein solcher Verweis unterbleibt, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
e) auf dem Profil des Klägers auf eine Liste mit Ärzten für spezielle Behandlungsgebiete zu verweisen, auf der andere Ärzte gegen Entgelt besonders herausgestellt werden, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
f) auf dem Profil des Klägers auf eine Liste mit Ärzten für spezielle Behandlungsgebiete zu verweisen, auf der andere Ärzte gegen Entgelt besonders herausgestellt werden, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
g) auf dem Profil des Klägers Werbung für Drittunternehmen einzublenden, während solche Werbung auf den Profilen zahlender Ärzte unterbleibt, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
h) zahlenden Ärzten in größerem Umfang als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil von ihnen angebotene Leistungen anzugeben, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
i) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil ein Portrait-Bild zu hinterlegen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
j) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil individuelle Inhalte und Bilder zu präsentieren, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
k) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil die Adresse ihrer eigenen Praxis-Homepage anzugeben und zu verlinken, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
l) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil Fachartikel zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
m) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil Videos einzustellen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
n) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich von der Beklagten interviewen zu lassen und das Interview auf ihr Profil einzustellen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
o) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, individuelle Bewertungskriterien abzufragen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
p) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, ihr Profil von der Beklagten erstellen und pflegen zu lassen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
q) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, für die Texte auf ihrem Profil die Dienste professioneller Texter in Anspruch zu nehmen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
r) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf der Unterseite "Experten-Ratgeber" zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
s) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich von der Beklagten interviewen zu lassen und das Interview auf der Unterseite "Experten-Ratgeber" zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
t) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich bei Suchanfragen zu speziellen Fachgebieten auffälliger darstellen zu lassen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
u) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich bei Suchanfragen zu speziellen Suchbegriffen auffälliger darstellen zu lassen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
v) zahlende Ärzte anders als den Kläger auf der A-Startseite anzuzeigen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
w) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger einen persönlichen Ansprechpartner im Unternehmen der Beklagten zur Seite zu stellen, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich,
x) zahlenden Ärzten anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, mit der Beklagten über eine kostenlose Hotline in Kontakt zu treten, wenn dies geschieht wie auf den diesem Urteil in der Anlage angehefteten Bildschirmfotos ersichtlich.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Gebührenforderung seiner Prozessbevollmächtigten für die vorgerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 923,38 € freizustellen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
5. Das Urteil wird mit dem Tenor zu Ziffern 3 und 4 gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags, mit dem Tenor zu Ziffer 1 gegen Sicherheitsleistung von 35.000 € und mit dem Tenor zu Ziffer 2 gegen Sicherheitsleistung von 15.000 € für vorläufig vollstreckbar erklärt.
6. Der Streitwert wird auf 50.000 € festgesetzt, davon 35.000 € für den Antrag gemäß dem Urteilstenor zu Ziffer 1 und 15.000 € für den Antrag gemäß dem Urteilstenor zu Ziffer 2.
Sachverhalt
Der Kläger ist niedergelassener Facharzt für X in D. Die Beklagte ist Teil des P Konzerns und betreibt unter der Internetseite www.A.de ein sog. Bewertungsportal für Ärztinnen und Ärzte (im Folgenden: Arzt bzw. Ärzte). Dabei erstellt die Beklagte für jeden ihr bekannten in Deutschland ansässigen Arzt eine Profilseite mit Namen und Fachrichtung des Arztes sowie den Kontaktdaten der Arztpraxis und einem mit einer grauen Silhouette versehenen Profilbild (sog. Basis-Profil). Die Daten erlangt die Beklagte aus allgemein zugänglichen Quellen. Nutzer des Bewertungsportals können über eine Suchmaske nach geeigneten Ärzten für ihr Anliegen suchen und haben - auch anonym - die Möglichkeit, diese nach bestimmten Kriterien sowie über eine Kommentarfunktion mit einem Freitext zu bewerten. Eine Möglichkeit, die eigene Profilseite zu löschen, stellt die Beklagte den Ärzten nicht zur Verfügung.
Jeder bei der Beklagten gelistete Arzt hat die Möglichkeit, durch Zahlung eines monatlichen Beitrags von derzeit 69 € bzw. 139 € ein sog. Gold- bzw. Platinpaket zu erwerben, das es ihm - in abgestuftem Umfang - ermöglicht, die eigene Profilseite für Besucher des Bewertungsportals ansprechender zu gestalten, insbesondere durch Einstellung eines individuellen Profilbilds, der Möglichkeit zur individuellen Anpassung des Inhalts der Profilseite, der Möglichkeit zur Verlinkung der eigenen Praxis-Internetseite, der Publikation von Artikeln, der auffälligeren Darstellung der Profilseite auf dem Bewertungsportal (Startseite, Suchergebnisse) und der Darstellung der Profilseite als Top-Treffer bei Internet-Suchmaschinen. Wegen der weiteren Vorteile zahlender Ärzte gegenüber nicht zahlenden Ärzten wird auf den Inhalt der Klageschrift und den Inhalt des Urteilstenors zu Ziffer 2 Bezug genommen, wobei die Beklagte die dort beschriebenen Vorteile in ihrer konkreten Darstellung teilweise zwischenzeitlich an die höchstrichterliche Rechtsprechung angepasst und entsprechend abgeändert hat. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 09.08.2018 Bezug genommen.
Hat ein Arzt ein entsprechendes Paket gebucht, macht die Beklagte dies auf der Profilseite des Arztes durch ein Symbol mit dem Text "Gold" bzw. "Platin" deutlich; fährt man mit der Computermaus über das Symbol, erscheint der Text: "[Der betreffende Arzt] ist zahlender A Kunde, um Patienten umfangreich über sich zu informieren (z.B. durch Bilder und Texte). Dies hat keinen Einfluss auf die Bewertungen [des betreffenden Arztes] oder seinen Platz in den A Ärztelisten.". Wegen der konkreten Gestaltung wird auf die Abbildung auf Seite 5 des Schriftsatzes der Beklagten vom 09.08.2018 Bezug genommen.
Der Kläger beauftragte seine jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung und ließ die Beklagte erfolglos gemäß seinem nunmehrigen Klagebegehren auffordern. Hierfür ging er eine Verbindlichkeit in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr auf einen Gegenstandswert von 50.000 € zuzüglich 20 € Auslagenpauschale und 19 % Mehrwertsteuer ein, von denen er mit dem Antrag zu Ziffer 3 den nach Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr verbleibenden Teilbetrag geltend macht.
Der Kläger ist der Ansicht, das Vorgehen der Beklagten verstoße gegen geltendes Datenschutzrecht.
Er beantragt, wie gemäß Ziffern 1 bis 3 des Urteilstenors zuerkannt.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Löschung sämtlicher auf seine Person bezogenen Daten aus der von der Beklagten betriebenen Online-Datenbank www.A.de (Art. 17 Abs. 1 Lit. d, 6 Abs. 1 DSGVO).
Auf den hiesigen Sachverhalt anwendbar ist die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (DSGVO) als unmittelbar anwendbares europäisches Recht unter Ausschluss des nationalen Bundesdatenschutzgesetzes (vgl. § 2 Abs. 5 BDSG).
Gemäß Art. 17 Abs. 1 Lit. d) DSGVO hat eine betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, wenn die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden. Gemäß Art. 4 Nr. 1 DSGVO sind "personenbezogene Daten" alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person ("betroffene Person") beziehen. Art. 6 Abs. 1 DSGVO regelt die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung; sein für die Entscheidung dieses Rechtsstreits relevanter Absatz 1 lautet:
Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
a) Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben;
b) die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen;
c) die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt;
d) die Verarbeitung ist erforderlich, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen;
e) die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde;
f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.
Unterabsatz 1 Buchstabe f gilt nicht für die von Behörden in Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommene Verarbeitung.
Keine dieser Voraussetzungen ist erfüllt. Der Kläger hat in die Datenverarbeitung unstreitig nicht eingewilligt (a), die Voraussetzungen der Alternativen (b), (c) und (d) liegen offensichtlich nicht vor.
Die Beklagte erfüllt auch keine Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt (e). Die Beklagte ist Tochter des P Konzerns und verfolgt als juristische Person des Privatrechts mit der Betreibung der streitgegenständlichen Online-Datenbank unstreitig und offenkundig private, auf Gewinnerzielung gerichtete Interessen. Dass die mit der Betreibung der Online-Datenbank einhergehende Information der Öffentlichkeit über die ihr zur Verfügung stehenden Ärzte und die der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Möglichkeiten zur Bewertung und Kommentierung der in Anspruch genommenen ärztlichen Leistungen auch im Interesse der Öffentlichkeit liegen mag, reicht zur Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht aus. Dies folgt aus einem systematischen Vergleich mit Alternative (f). Bejahte man - bezogen auf den streitgegenständlichen Sachverhalt - die Voraussetzungen der Alternative (e), so hätte dies zur Folge, dass die Beklagte von jeder weiteren Rechtfertigung ihrer Eingriffe in die Datenschutzrechte der betroffenen Ärzte, so intensiv sie auch sein mögen, freigestellt wäre. Dass dieses Ergebnis vom Verordnungsgeber bei einer Verquickung von öffentlichen und privaten Interessen nicht gewollt gewesen ist, folgt aus der Alternative (f), nach der ein Eingriff in die Datenschutzrechte einer betroffenen Person zur Verfolgung berechtigter (eigener) Interessen des Verantwortlichen nur unter besonderen Voraussetzungen rechtmäßig sein kann. Die Alternative (f) geht der Alternative (e) in dem hier zu entscheidenden Fall daher vor.
Die Voraussetzungen der Alternative (f) liegen ebenfalls nicht vor, da die berechtigten Interessen der Beklagten die Interessen und Grundrechte des Klägers, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, nicht überwiegen.
Zum - seinerzeit noch anwendbaren - nationalen Datenschutzrecht, insbesondere § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BDSG a.F., betreffend Sachverhalte, die mit dem hiesigen in ihren Grundzügen identisch gewesen sind, namentlich Ansprüche von Ärzten auf Löschung konkret aus der von der Beklagten betriebenen Online-Datenbank zum Gegenstand gehabt haben, hat sich der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen geäußert (Urteil vom 20.02.2018, Az: VI ZR 30/17 ["Ärztebewertung III"]; Urteil vom 23.09.2014, Az: VI ZR 358/13 ["Ärztebewertung II"]; jeweils zitiert nach juris). Die dort entwickelten Grundsätze zur Abwägung der wechselseitigen Interessen sind auf die Rechtslage nach europäischem Recht übertragbar; insbesondere finden die vom BGH berücksichtigten, gemäß den nationalen Grundrechten geschützten Belange ihre Entsprechung auf Ebene des EU-Rechts in der Charta der Grundrechte der EU vom 12.12.2007 (GRCh).
Demnach sind als berechtigte Interessen auf Seiten der Beklagten als "Verantwortlicher" im Sinne der DSGVO sowohl die grundrechtlich geschützte unternehmerische Freiheit (Art. 16, 51 Abs. 1 S. 1 GRCh) (vgl. hierzu BGH, "Ärztebewertung II", Rn. 29 m.w.N.) als auch die grundrechtlich geschützte Kommunikationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 S. 2, 51 Abs. 1 S. 1 GRCh) (vgl. zum nationalen Recht BGH, "Ärztebewertung II", Rn. 25 und 28 m.w.N.) zu beachten.
Als Grundrechte des Klägers als "betroffener Person" kommen wegen seiner beruflichen Tätigkeit als X, um die es bei der Online-Datenbank im Ansatz geht, seinerseits die unternehmerische Freiheit (vgl. BGH, "Ärztebewertung II", Rn. 27 m.w.N.) sowie darüber hinaus das Recht auf Schutz seiner personenbezogenen Daten (Art. 8 Abs. 1, 51 Abs. 1 S. 1 der Europäischen Grundrechte-Charta) (vgl. BGH, "Ärztebewertung II", Rn. 26 m.w.N.) in Betracht.
Bezüglich der vorzunehmenden Abwägung hat der BGH - wiederum bezogen auf das nationale (Datenschutz-)Recht - ausgeführt ("Ärztebewertung III", Rn. 13 und 14, i.V.m. "Ärztebewertung II", Rn. 39 ff.):
"Auszugehen ist dabei zunächst von dem ganz erheblichen Interesse, das die Öffentlichkeit an Informationen über ärztliche Dienstleistungen hat [...]. Personen, die ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen wollen, können den Arzt grundsätzlich frei wählen. Das von der Beklagten betriebene Portal kann dazu beitragen, dem Patienten die aus seiner Sicht hierfür erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Dass es unter Umständen auch andere Informationsquellen gibt - etwa persönliche Erfahrungen von Bekannten oder bei Fachärzten die Einschätzung des vom Patienten ggf. zuvor konsultierten Hausarztes -, ändert daran nichts.
Der grundsätzlichen Eignung des Portals, zu mehr Leistungstransparenz im Gesundheitswesen beizutragen, steht nicht entgegen, dass die in das Bewertungsportal eingestellten Bewertungen typischerweise nicht von Fachleuten herrühren und subjektiv geprägt sind. Zwar dürften wertende Aussagen zur medizinischen Qualität einer Behandlung fachlichen Maßstäben, die der Laie nicht kennt, häufig nicht entsprechen und im Einzelfall etwa von einem vom behandelnden Arzt nicht zu vertretenden Ausbleiben des - von ihm auch nicht geschuldeten - Heilungserfolges geprägt sein. Eine sinnvolle Ergänzung der bisherigen Informationsquellen kann das Angebot der Beklagten aber trotzdem sein. Die subjektive Einschätzung, die in den Bewertungen zum Ausdruck kommt, kann anderen Personen Hilfestellung bei der Entscheidung geben, welcher Arzt - insbesondere bezüglich der äußeren Umstände der Behandlung wie etwa der Praxisorganisation - den Anforderungen für die gewünschte Behandlung und auch den persönlichen Präferenzen am besten entspricht [...]."
Und weiter ("Ärztebewertung III", Rn. 16 ff.):
"In dem Fall, der dem Senatsurteil vom 23. September 2014 zugrunde lag, war die beklagte Betreiberin des Bewertungsportals "neutraler" Informationsmittler. Nach den damals maßgeblichen Feststellungen beschränkte sich das Bewertungsportal der Beklagten darauf, in Profilen die "Basisdaten" des einzelnen Arztes zusammen mit von Patienten bzw. anderen Internetnutzern vergebenen Noten oder verfassten Freitestkommentaren zu veröffentlichen.
Der hier zu entscheidende Fall liegt anders. Hier wahrt die Beklagte ihre Stellung als "neutraler" Informationsmittler nicht. Denn sie verschafft durch die Art der Werbung, die sie Ärzten auf ihrem an potentielle Patienten gerichteten Bewertungsportal anbietet, einzelnen Ärzten verdeckte Vorteile [...].
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts blendet die Beklagte in das Profil des einzelnen Arztes - in einem grau unterlegten und mit "Anzeige" bezeichneten Querbalken - den Hinweis (Profilbild nebst Note und Angabe der Entfernung) auf konkurrierende Ärzte der gleichen Fachrichtung im näheren Umfeld ein. Die Daten der ohne oder gegen ihren Willen gespeicherten und bewerteten Ärzte werden damit als Werbeplattform für die zahlenden Konkurrenten genutzt. Anders verfährt die Beklagte bei den Ärzten, die bei ihr das "Premium-Paket" gebucht haben. Dort findet der Nutzer ein optisch und inhaltlich individuell ausgestaltetes Profil, das auf eine ansprechendere Wirkung abzielt, mit dem Bild dieses zahlenden Arztes und weiteren von diesem stammenden Informationen. In das Profil dieser Ärzte wird, ohne dass dies dort hinreichend offengelegt wird, keine werbende Anzeige der örtlichen Konkurrenten eingeblendet, demgegenüber erscheinen sie selbst mit einer Anzeige in deren Profil, soweit die örtlichen Konkurrenten nicht ebenfalls zahlende "Premium"-Kunden sind. Jedenfalls mit den örtlichen Verhältnissen und mit dem Geschäftsmodell der Beklagten nicht vertraute Internetnutzer können den nicht zutreffenden Eindruck gewinnen, der im Bewertungsportal aufgefundene Arzt, in dessen Profil - da "Premium"-Kunde - kein Querbalken mit Hinweis auf andere Ärzte erscheint, habe keinen örtlichen Konkurrenten. Mit diesem Verfahren sollen - womit die Beklagte selbst ihre "Serviceleistungen" bewirbt - ersichtlich potentielle Patienten stärker zu "Premium"-Kunden der Beklagten gelenkt werden. Durch ihr Geschäftsmodell sucht die Beklagte die ohne ihren Willen und nur mit ihren Basisdaten aufgenommenen Ärzte gezielt dazu zu bewegen, sich der Gruppe der zahlenden Ärzte anzuschließen, um nicht durch eine weniger vorteilhafte Darstellung und Werbeeinblendungen benachteiligt zu werden.
Mit der vorbeschriebenen, mit dem Bewertungsportal verbundenen Praxis verlässt die Beklagte ihre Stellung als "neutraler" Informationsmittler. Während sie bei dem nicht zahlenden Arzt dem ein Arztprofil aufsuchenden Internetnutzer die "Basisdaten" nebst Bewertung des betreffenden Arztes anzeigt und ihm mittels des eingeblendeten Querbalkens "Anzeige" Informationen zu örtlich konkurrierenden Ärzten bietet, lässt sie auf dem Profil ihres "Premium"-Kunden - ohne dies dort dem Internetnutzer hinreichend offenzulegen - solche über die örtliche Konkurrenz unterrichtenden werbenden Hinweise nicht zu. Nimmt sich die Beklagte aber in dieser Weise zugunsten ihres Werbeangebots in ihrer Rolle als "neutraler" Informationsmittler zurück, dann kann sie ihre auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit [...] gestützte Rechtsposition gegenüber dem Recht der Klägerin auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten [...] auch nur mit geringerem Gewicht geltend machen. Das führt auch bei nochmaliger Würdigung der - insbesondere im Senatsurteil vom 23. September 2014 angeführten - Belange der Beklagten hier zu einem Überwiegen der Grundrechtsposition der Klägerin [...]."
Auf dieser Grundlage überwiegt auch in dem hier zu entscheidenden Fall das Interesse des Klägers das Interesse der Beklagten. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Beklagte die in dem Urteil des BGH monierten "Mängel" abgestellt hat. Denn auch dies macht sie aufgrund des von ihr verfolgten Gesamtkonzepts der Online-Datenbank nicht zu einer "neutralen Informationsmittlerin".
Mit ihrer Online-Datenbank verfolgt sie, wie ausgeführt, privatwirtschaftliche Zwecke. Diese werden - ebenfalls unstreitig - nicht etwa (allein) durch Schaltung von Werbung generiert, das heißt durch Umstände, die mit dem Inhalt der auf der Seite verarbeiteten Daten nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, sondern durch monatliche "Mitgliedsbeiträge" der gelisteten Ärzte. Diese Beiträge "erkauft" sich die Beklagte dadurch, dass sie es den Ärzten ermöglicht, ihre Profilseite für Besucher des Bewertungsportals ansprechender zu gestalten. Es ist offenkundig, dass sich aufgrund der mit einer solchen Gestaltung verbundenen psychologischen Wirkmechanismen Besucher des Portals von solchen Profilseiten auf einer - vorwiegend unbewussten - Ebene eher angesprochen fühlen werden als von den "Basis-Profilen", die - im Gegensatz zu den Profilen zahlender Ärzte - z.B. nur über eine graue Silhouette als Profilfoto verfügen. Das ist unmittelbar einsichtig, weil hierin gerade das Geschäftsmodell der Beklagten besteht, anderenfalls nicht ersichtlich wäre, warum ein Arzt bereit sein sollte, Monatsbeiträge in bis zu dreistelliger Höhe zu investieren.
Dieses Modell führt dazu, wie bereits der BGH ausgeführt hat, dass ohne bzw. gegen ihren Willen gelistete Ärzte sich gedrängt fühlen werden, sich bei der Beklagten kostenpflichtig anzumelden, um keine Wettbewerbsnachteile gegenüber ihren bereits zahlenden Konkurrenten zu erleiden, und verleitet Kunden durch die - vorwiegend unbewussten - psychologischen Wirkmechanismen zu der Annahme, dass den als Gold- oder Premium-Kunden gelisteten Ärzten gegenüber nicht zahlenden Ärzten bei der Arztwahl der Vorzug zu geben sei. Je mehr Ärzte sich diesem System anschließen, umso größer wird der Druck auf die verbleibenden Ärzte, dasselbe zu tun.
Durch dieses Konzept verfolgt die Beklagte bereits im Ansatz nicht (mehr) die von dem BGH als (datenschutzrechtlich) zulässig erachtete Rolle der "neutralen Informationsmittlerin". Vielmehr führt die Verknüpfung von Daten, die (noch) dem legitimen Informationsinteresse der Öffentlichkeit dienen (Name, Fachrichtung und Kontaktdaten der jeweiligen Ärzte bzw. deren Praxen), mit solchen Daten, die über dieses Interesse hinausgehen und gerade eine Besserstellung der zahlenden Ärzte gegenüber ihren nicht zahlenden Mitbewerbern bezwecken, dazu, dass zahlenden Ärzten gegenüber ihren nicht zahlenden (Zwangs-)Mitbewerbern Vorteile verschafft werden, die für einen durchschnittlichen Besucher des Bewertungsportals wegen - vorwiegend unbewussten - psychologischen Wirkmechanismen gerade nicht offensichtlich sind. Hierzu gehört zum einen und insbesondere das Profilbild, das für die Bewertung der fachlichen Qualifikation eines Arztes ersichtlich keine Rolle spielt, zum anderen aber auch die Möglichkeit der Hervorhebung zahlender Ärzte in den Suchergebnissen des Bewertungs-Portals selbst und / oder in Internet-Suchmaschinen sowie die weiteren von dem Kläger monierten und aus dem Urteilstenor zu Ziffer 2 ersichtlichen Vergünstigungen für zahlende Ärzte, selbst wenn sie - was unstreitig ist - in ihrer Darstellung gegenüber den Besuchern des Bewertungsportals infolge der bisher ergangenen Rechtsprechung des BGH teilweise von der Beklagten angepasst worden sind.
Eine (vollständige) Offensichtlichkeit für einen durchschnittlichen Besucher des Bewertungsportals wird insbesondere auch nicht dadurch hergestellt, dass die Beklagte einen zahlenden Arzt auf dessen Profilseite durch ein Symbol mit dem Text "Gold" bzw. "Platin" kenntlich macht. Denn dem Symbol selbst lässt sich seine Bedeutung nicht entnehmen und es kann ebenso gut - jedenfalls bei flüchtiger Betrachtung der Internetseite - zu der Annahme verleiten, der Arzt erfülle besondere fachliche Qualitäten. Dass zusätzlich die aus dem Tatbestand dieses Urteils ersichtliche textliche Erklärung eingeblendet wird, wenn ein Besucher mit der Computermaus über das Symbol fährt, reicht hierfür ebenfalls nicht aus, da dieser Mechanismus für einen durchschnittlichen Besucher nicht ohne weiteres ersichtlich ist und dem Besucher in der textlichen Erklärung auch keine vollständigen Informationen über die konkreten, dem betroffenen Arzt gewährten Vorteile gegenüber den nicht zahlenden Ärzten gegeben werden.
Einem betroffenen Arzt mutet es das geltende Recht vor diesem Hintergrund nicht zu, an diesem Mechanismus "zwangsweise" durch - ohne von seiner Einwilligung gedeckte - Verwertung seiner persönlichen Daten teilnehmen zu müssen.
II.
Der Kläger hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Unterlassung der Wiederaufnahme seiner Daten in die Online-Datenbank, sofern sie in der von dem Kläger gemäß seiner Antragsfassung konkret monierten Weise erfolgt (§§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 17 Abs. 1 Lit. d, 6 Abs. 1 DSGVO) (vgl. hierzu BGH, "Ärztebewertung III", Rn. 21 f.). Dass die Beklagte die in dem Antrag bezeichneten Darstellungen zwischenzeitlich geändert hat, steht dem Anspruch wegen der zu besorgenden Wiederholungsgefahr nicht entgegen.
III.
Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 923,38 € folgt aus Schadensersatzgesichtspunkten infolge der Verletzung des Datenschutzrechts des Klägers (§§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 17 Abs. 1 Lit. d, 6 Abs. 1 DSGVO) (vgl. hierzu BGH, "Ärztebewertung III", Rn. 23). Gegen die Höhe des Anspruchs hat die Beklagte nichts eingewendet; sie ist auch von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
IV.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.