Kein Recht auf Einschränkung der Datenverarbeitung nach Art. 18 DSGVO
Leitsatz
Kein Recht auf Einschränkung der Datenverarbeitung nach Art. 18 DSGVO
Entscheidungsgründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung die Einschränkung der Verarbeitung ihn betreffender personenbezogener Daten.
Der Antragsteller reiste ohne Reisedokumente unbekannten Datums in das Bundesgebiet ein und stellte im Jahr 1998 einen Asylantrag. Im Rahmen seiner Anhörung beim Bundesamt gab er im Wesentlichen an, aus Sierra Leone zu stammen und das Land wegen des Bürgerkrieges verlassen zu haben. Für weitere Einzelheiten wird auf das Anhörungsprotokoll verwiesen (Bl. 164 ff. BA 001). Sein Asylantrag wurde mit Bescheid vom 23. Juli 1999 abgelehnt. Ihm wurde die Abschiebung nach Sierra Leone angedroht. In dem anschließenden gerichtlichen Verfahren vor dem hiesigen Gericht wurde die Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 2. Dezember 1999 (Az. F.) abgewiesen.
In der Folgezeit wurde der Antragsteller mangels vorliegender Reisedokumente geduldet.
Am 25. November 2004 wurde der Antragsteller bei der Botschaft von Sierra Leone zur Feststellung seiner Identität sowie zur Beschaffung von Reisedokumenten vorgeführt. Auf der Grundlage der durchgeführten Anhörung schloss der Botschaftsvertreter aus, dass der Antragsteller die Staatsangehörigkeit von Sierra Leone besitzt. Er äußerte jedoch die Vermutung, dass der Antragsteller guineischer Staatsangehöriger sei. Für weitere Einzelheiten wird auf das Ergebnisprotokoll der Grenzschutzdirektion vom 20. Januar 2005 (Bl. 170 f. BA 001) verwiesen.
Eine für den 27. Juli 2007 vorgesehene Sammelvorführung vor Vertretern der guineischen Botschaft nahm der Antragsteller nicht wahr. Die Vorführung scheiterte, da er in der ihm zugewiesenen Unterkunft nicht angetroffen wurde (Bl. 256 BA 002).
Am 17. März 2009 erhielt der Antragsgegner ohne vorangegangene Vorführung des Antragstellers sowie gegen Zahlung von 2.500,00 Euro ein jedenfalls inzwischen nicht mehr gültiges Passersatzpapier des Staates Guinea für den Antragsteller (Bl. 366 BA 002 sowie Bl. 629 BA 004).
Einen durch den Antragsteller gestellten Antrag auf Wiederaufgreifen seines Asylverfahrens lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 3. Dezember 2009 ab. Ferner konkretisierte dieses die im Ausgangsbescheid vom 23. Juli 1999 enthaltene Abschiebungsandrohung hinsichtlich des Abschiebezielstaates dahin, dass dem Antragsteller die Abschiebung nach Guinea angedroht wurde. In dem anschließenden gerichtlichen Verfahren vor dem hiesigen Gericht wurde die Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 9. Oktober 2013 (Az. G.) abgewiesen.
Mit Schreiben vom 2. November 2011 forderte der Antragsgegner den Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzuges auf, sich am 24. November 2011 zu einer an diesem Tag geplanten Vorsprache bei der Botschaft Guineas zur Abholung bereitzuhalten. Der dagegen gerichtete Eilantrag wurde mit Beschluss des hiesigen Gerichts vom 21. November 2011 (Az. H.) abgelehnt. Die für den 24. November 2011 geplante Vorführung fand nicht statt, da der Antragsteller nicht in seiner Unterkunft angetroffen wurde (Bl. 547 BA 003).
Auch weitere Vorführungen des Antragstellers bei der Botschaft Guineas (u.a. am 10. Juli 2012 sowie am 22. Juni 2018) scheiterten, da dieser zur Abholung nicht angetroffen wurde (Bl. 580 BA 004, Bl. 853 BA 005).
Mit Schreiben vom 2. August 2018 beantragte der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner Datenberichtigung und Datenlöschung sowie hilfsweise Datensperrung bezogen auf die Angabe zur guineischen Staatsangehörigkeit. In der derzeit gültigen Duldung sei als Staatsangehörigkeit „Guinea“ angegeben. Dies sei falsch. Der Antragsteller stamme aus Sierra Leone. Einer Antwort werde binnen 2 Wochen entgegengesehen.
Eine Reaktion des Antragsgegners hierauf blieb aus.
Am 2. September 2018 hat der Antragsteller beim hiesigen Gericht den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
Zur Begründung des Antrags macht der Antragsteller im Wesentlichen das Folgende geltend:
Anspruchsgrundlage für die Sperrung sei Art. 18 der Datenschutz-Grundverordnung. Der Antragsteller stamme aus Sierra Leone und nicht aus Guinea. Die Angabe „Staatsangehörigkeit: Guinea“ stamme mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer mit Bestechungsgeldern u.a. aus der Kasse des Antragsgegners bezahlten, vom guineischen Außenministerium nicht autorisierten „Delegation“, die gegen Bargeld guineische Abschiebepapiere ausstelle. Auf das strafrechtliche Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft I. (Az. J.) werde Bezug genommen. Dass der Antragsteller während seines Aufenthalts im Bundesgebiet angegeben habe, aus dem Senegal zu stammen, werde bestritten.
Im Falle eines Sperrungsantrages obliege es der speichernden Stelle, die Richtigkeit der von ihr verwendeten personenbezogenen Daten zu belegen. Wenn sie hierzu nicht in der Lage sei, müsse zwingend die Sperrung erfolgen.
Der Datensatz „Staatsangehörigkeit: Guinea“ bewirke, dass der Antragsteller als Staatsangehöriger Guineas gelte. Dies wiederum führe dazu, dass der Antragsgegner jederzeit hinter dem Rücken des Antragstellers Abschiebebemühungen unternehmen könne, um den Antragsteller in ein Land abzuschieben, dessen Staatsangehöriger er nicht sei. Diese Befürchtungen seien durchaus ernst zu nehmen, weil der Papierkauf mit Bestechungsgeldern nie zu internen Folgen beim Antragsgegner geführt habe. Vor diesem Hintergrund sei ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten. Im Übrigen ergebe sich der Anordnungsgrund auch unmittelbar aus Art. 18 Abs. 1 lit. a) DS-GVO, wonach die personenbezogenen Daten während der Dauer der Prüfung sofort zu sperren seien.
Der Antragsteller beantragt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Datensatz „Staatsangehörigkeit: Guinea“ in allen Dateien, in denen der Antragsgegner Speicherungs-, Veränderungs- und Berichtigungsrechte hat, unverzüglich zu sperren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.
Der Antragsgegner wendet ein, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund gegeben seien. Die Daten des Antragstellers würden zum Zwecke der Ausführung des Aufenthaltsgesetzes, des Asylverfahrensgesetzes und weiterer einschlägiger ausländerrechtlicher Bestimmungen in anderen Gesetzen erhoben und verarbeitet, soweit es zur Erfüllung der Aufgaben nach diesen Rechtsvorschriften erforderlich sei. Die Verarbeitung der Daten des Antragstellers erfolge rechtmäßig.
Nachdem der Botschaftsvertreter Sierra Leones die Vermutung geäußert habe, dass der Antragsteller guineischer Staatsangehöriger sei, sei ein guineisches Passersatzpapier beschafft worden. Seither werde der Antragsteller in den Daten des Antragsgegners als Staatsangehöriger Guineas geführt. Auch wenn das Ersatzpapier seine Gültigkeit verloren habe, bestehe die Vermutung der guineischen Staatsangehörigkeit fort. Hinzuweisen sei auch darauf, dass mehrfach versucht worden sei, den Antragsteller bei der Botschaftsvertretung Guineas vorzuführen. Dies sei jedoch erfolglos geblieben, da der Antragsteller nicht mitgewirkt habe. Es liege in der Sphäre des Antragstellers, dass bis heute ungeklärt sei, welche Staatsangehörigkeit er besitze. Der Antragsteller habe zwischenzeitlich auch angegeben, Staatsangehöriger aus dem Senegal zu sein. Wenn der Antragsteller weiter behaupte, Staatsangehöriger aus Sierra Leone zu sein, sei er nicht daran gehindert, sich freiwillig bei der Botschaft von Sierra Leone Passpapiere zu beschaffen. Der Antragsgegner würde auf entsprechende Vorlage eines solchen Dokuments dann die Staatsangehörigkeit auf Sierra Leone ändern. Das gesamte Verhalten des Antragstellers zeige jedoch, dass er nicht willens sei, seine Identität zu klären. Solange der Antragsgegner die Vermutung habe, dass der Antragsteller die Staatsangehörigkeit Guineas besitze, stehe dem Antragsteller kein Recht auf Löschung dieser Daten zu. Nur wenn, was allerdings mangels Mitwirkung des Antragstellers nicht feststehe, unrichtige Daten gespeichert und verarbeitet würden, stehe dem Antragsteller ein Recht auf Berichtigung, Löschung oder Beschränkung der Verarbeitung zu.
Die Akten zu den vorangegangenen Verfahren des Antragstellers beim hiesigen Gericht unter den Az. F., K., H., G., L., M. und N. sind beigezogen worden.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist mangels Vorliegen des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, soweit er über das vorgerichtliche Antragsbegehren (vgl. Schreiben vom 2. August 2018, Bl. 873 der Beiakte 005) hinausgeht. Von einem Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses ist u.a. dann auszugehen, wenn dem Betroffenen gegenüber einem gerichtlichen Verfahren einfachere bzw. effektivere Möglichkeiten des Rechtsschutzes zustehen. Einfachere Möglichkeiten des Rechtsschutzes bestehen insbesondere darin, dass der Betroffene, bevor er um gerichtlichen Rechtsschutz nachsucht, zunächst bei der Behörde einen Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes stellen muss, um dieser im Sinne des Gewaltenteilungsgrundsatzes die Möglichkeit zu geben, sich an erster Stelle mit der Angelegenheit zu befassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. August 1995 – 5 C 11.94 –, juris, Rn. 14 sowie § 75 Abs. 1 Satz 1 VwGO; zum Vorliegen einer i.R.v. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorausgesetzten Verpflichtungsklage in der Hauptsache: Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Auflage, 2018, Art. 18, Rn. 37; zur Geltung des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage, 2016, Vorb. § 40 VwGO, Rn. 30). Mit Schreiben vom 2. August 2018 hatte der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner einen Berichtigungs-, Löschungs- und Sperrungsanspruch beschränkt auf die in der Duldung enthaltene Angabe der guineischen Staatsangehörigkeit geltend gemacht. Dass – wie im gerichtlichen Verfahren – ein umfassender Anspruch auf Einschränkung der Verarbeitung bezogen auf alle die Staatsangehörigkeit des Antragstellers betreffenden Daten geltend gemacht werden sollte, hinsichtlich derer der Antragsgegner über Speicherungs-, Veränderungs- und Berichtigungsrechte verfügt, lässt sich dem Schreiben vom 2. August 2018 nicht, jedenfalls nicht mit der notwendigen Deutlichkeit entnehmen.
Dahinstehen kann, ob der vorgerichtliche Antrag mit Schreiben vom 2. August 2018 darüber hinaus allein auf die bis zum 1. Oktober 2018 (Bl. 870 der Beiakte 005) gültige Duldung beschränkt gewesen ist, ob infolge des zwischenzeitlichen Ablaufs der Geltungsdauer dieser Duldung Erledigung eingetreten ist (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 07. Juli 2009 – 19 CE 09.1334 –, Rn. 17, juris; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Juli 2010 – 11 S 1504/10 –, Rn. 6, juris sowie Nds. Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 05. Dezember 2017 – 13 ME 181/17 –, Rn. 18 f., juris) und ob der Antragsteller hierauf durch zulässige Antragsänderung hätte reagieren können. Selbst wenn – im Sinne eines selbstständigen Begründungsansatzes – der mit Schriftsatz vom 2. September 2018 gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insgesamt als zulässig angesehen würde, wäre er jedenfalls unbegründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Gemäß den §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) hat der Antragsteller sowohl die Eilbedürftigkeit der begehrten gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) als auch seine materielle Anspruchsberechtigung (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen.
Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weitergehenden Erörterung, ob dem Erfolg des Antrags auch das Fehlen eines Anordnungsgrundes sowie das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegengestanden hätte.
Als Anspruchsgrundlage für die begehrte Einschränkung der Verarbeitung der die Staatsangehörigkeit des Antragstellers betreffenden personenbezogenen Daten kommt nur Art. 18 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG – Datenschutz-Grundverordnung (nachfolgend: DS-GVO) in Betracht. Die Betroffenenrechte der DS-GVO (Art. 16 ff. DS-GVO) ersetzen seit dem 25. Mai 2018 (vgl. Art. 99 DS-GVO) etwaige Betroffenenrechte nach nationalem Recht (vgl. Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Auflage, 2018, Art. 18, Rn. 38).
Nach Art. 18 DS-GVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen die Einschränkung der Verarbeitung zu verlangen, wenn eine der folgenden Voraussetzungen gegeben ist: a) die Richtigkeit der personenbezogenen Daten von der betroffenen Person bestritten wird, und zwar für eine Dauer, die es dem Verantwortlichen ermöglicht, die Richtigkeit der personenbezogenen Daten zu überprüfen, b) die Verarbeitung unrechtmäßig ist und die betroffene Person die Löschung der personenbezogenen Daten ablehnt und stattdessen die Einschränkung der Nutzung der personenbezogenen Daten verlangt, c) der Verantwortliche die personenbezogenen Daten für die Zwecke der Verarbeitung nicht länger benötigt, die betroffene Person sie jedoch zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen benötigt, oder d) die betroffene Person Widerspruch gegen die Verarbeitung gemäß Artikel 21 Absatz 1 eingelegt hat, solange noch nicht feststeht, ob die berechtigten Gründe des Verantwortlichen gegenüber denen der betroffenen Person überwiegen.
Diese Voraussetzungen liegen bei der im hiesigen Verfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht vor.
Ein Anspruch auf Einschränkung der Verarbeitung folgt nicht aus Art. 18 Abs. 1 lit. a) DS-GVO. Der Antragsteller hat die Richtigkeit der ihn betreffenden Daten nicht i.S.d. Art. 18 Abs. 1 lit. a) DS-GVO „bestritten“. Das „Bestreiten“ der Richtigkeit der personenbezogenen Daten nach Art. 18 Abs. 1 lit. a) DS-GVO setzt voraus, dass der Betroffene gegenüber dem Verantwortlichen substantiierte Angaben zur angeblichen Unrichtigkeit der verarbeiteten Daten macht (sog. qualifiziertes Bestreiten). Ein Bestreiten ohne Anhaltspunkte, mit dem die betroffene Person eine Verarbeitung möglicherweise richtiger, aber für sie nachteiliger Daten verhindern möchte, reicht nicht aus (vgl. Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Auflage, 2018, Art. 18, Rn. 12; Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann, DS-GVO/BDSG, 2018, Art. 18 DS-GVO, Rn. 7).
Diesen Anforderungen wird der Antragsteller weder im vorgerichtlichen Antragsschreiben vom 2. August 2018 noch im gerichtlichen Verfahren gerecht. Der Antragsteller gibt lediglich an, aus Sierra Leone zu stammen, bestreitet die Richtigkeit des Datums „Staatsangehörigkeit: Guinea“ und verweist darauf, dass ein Passersatzpapier für Guinea vom Antragsgegner rechtswidrig erlangt worden sei. Weitergehende Ausführungen dazu, dass der Antragsteller sierra-leonischer Staatsangehöriger ist oder etwaige Nachweise, aus denen sich dies ergibt, hat der Antragsteller weder im Zusammenhang mit dem vorliegenden Begehren noch während seines mittlerweile etwa 20-jährigen Aufenthalts im Bundesgebiet beigebracht.
Dass der Antragsteller sierra-leonischer und nicht guineischer Staatsangehöriger ist, ist auch nicht anderweitig ersichtlich. Am 25. November 2004 wurde der Antragsteller bei der Botschaft von Sierra Leone zur Feststellung seiner Identität sowie zur Beschaffung von Reisedokumenten vorgeführt. Auf der Grundlage der durchgeführten Anhörung schloss der Botschaftsvertreter aus, dass der Antragsteller die Staatsangehörigkeit von Sierra Leone besitzt. In dem Schreiben der Grenzschutzdirektion vom 20. Januar 2015 (Bl. 170 f. BA 001) heißt es zur Anhörung unter anderem wie folgt (der Text wurde wörtlich übernommen):
„Am 25.11.2004 wurde o.a. Antragsperson bei der sierraleonischen Vertretung zur Feststellung ihrer Stang. vorgeführt. Das Interview wurde in Englisch geführt. Auf Befragen gab die Antragsperson an, dass sie in O. geboren und in P. aufgewachsen sei. Auf die Fragen des Botschaftsvertreters zu Örtlichkeiten in P. konnte sie keine Antworten geben. Auf die Frage welchem Stamm sie angehöre, erklärte das wisse sie nicht, sie spreche aber Fullah. Ein Schule hat Antragsperson eigenen Angaben zufolge nicht besucht. Zu ihrem Reiseweg befragt, gab sie an mit dem Schiff von O. nach Deutschland gekommen zu sein. An Einzelheiten der Reise könne sie sich nicht mehr erinnern. Die Antragsperson verhielt sich während des gesamten Interviews sehr unkooperativ. Sie verfügt über keinerlei Ortskenntnisse in Sierra Leone. Auf Vorhalt des Botschaftsvertreters, dass sie nicht aus Sierra Leone kommen könne, beharrte sie auf ihren Angaben. Festgestellt wurde, dass die Aussprache der Antragsperson in Englisch als auch in Fulla französischen Akzent aufweist. Die Ausführungen führten dazu, die Aussprache und Betonung der Antragsperson prüfen zu können. Die angebliche sierraleonische Herkunft des Q. wird durch den anhörenden Botschaftsvertreter ausgeschlossen“.
Der Botschaftsvertreter äußerte im Anschluss jedoch die Vermutung, dass der Antragsteller guineischer Staatsangehöriger sei. Den zahlreichen Versuchen des Antragsgegners, den Antragsteller vor Vertretern der guineischen Botschaft vorzuführen, um seine Staatsangehörigkeit verbindlich zu klären, hat der Antragsteller sich jeweils entzogen. Hinzu kommt, dass der Antragsteller während seines Aufenthalts im Bundesgebiet selbst unter unterschiedlichen Identitäten aufgetreten ist und bei einer polizeilichen Vernehmung am 29. Juli 2005 angegeben hat, „R.“ aus Senegal zu sein (Bl. 194 BA 001 sowie Bl. 452 BA 003). Soweit der Antragsteller dies mit Schriftsatz vom 21. September 2018 in Abrede stellt, sind in dem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die betreffenden Angaben in den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners unzutreffend sein könnten. Schließlich ist die vom Antragsteller benutzte Sprache „Fulla“ in zahlreichen afrikanischen Staaten, insbesondere auch in Guinea weit verbreitet und erlaubt daher nicht den Schluss auf die Unrichtigkeit des Datums „Staatsangehörigkeit: Guinea“ (vgl. dazu auch bereits VG Stade, Urteil vom 2. Dezember 1999 –F. –, S. 3 UA m.w.N., n.v.).
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob das Recht auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 Abs. 1 lit. a) DS-GVO hier auch deshalb ausscheidet, da der Antragsgegner im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 11. September 2018 mitgeteilt hat, dass er eine Berichtigung des Datums mangels Unrichtigkeit nicht vornehmen wird. Ab Mitteilung einer Ablehnung einer Berichtigung greift Art. 18 Abs. 1 lit. a) DS-GVO grundsätzlich nicht mehr. Stattdessen kann die betroffene Person, wenn die Verarbeitung unrichtiger Daten rechtswidrig ist, ab der Ablehnung das Einschränkungsrecht nach Art. 18 Abs. 1 lit. b) DS-GVO geltend machen (vgl. Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Auflage, 2018, Art. 18, Rn. 13).
Der Antragsteller kann auch nicht nach Art. 18 Abs. 1 lit. b) DS-GVO die Einschränkung der Verarbeitung fordern. Art. 18 Abs. 1 lit. b) DS-GVO eröffnet dem Betroffenen im Falle einer rechtswidrigen Verarbeitung ein Wahlrecht zwischen dem Löschungsrecht nach Art. 17 DS-GVO und dem Einschränkungsrecht nach Art. 18 Abs. 1 lit. b) DS-GVO. Der Betroffene kann die Löschung ablehnen und stattdessen, also nur alternativ die Einschränkung verlangen (vgl. Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Auflage, 2018, Art. 18, Rn. 14 und 16). Sowohl aus dem vorgerichtlichen Schreiben vom 2. August 2018 als auch dem Schriftsatz vom 2. September 2018 (dort Seite 5) ergibt sich jedoch, dass der Antragsteller in erster Linie eine Datenlöschung und nicht eine Einschränkung der Verarbeitung begehrt. Ungeachtet dessen hat der insoweit darlegungsbelastete Antragsteller auch nicht substantiiert geltend gemacht (vgl. Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Auflage, 2018, Art. 18, Rn. 15), dass die Datenverarbeitung durch den Antragsgegner i.S.d. Art. 18 Abs. 1 lit. b) DS-GVO „unrechtmäßig“ erfolgt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner im Hinblick auf den Antragsteller entgegen Art. 5 Abs. 1 lit. d) DS-GVO sachlich unrichtige Daten zu seiner Staatsangehörigkeit verarbeitet, wobei auf die obigen Ausführungen Bezug genommen wird.
Die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 lit. d) DS-GVO liegen ebenfalls nicht vor. Das darin angelegte Einschränkungsrecht setzt tatbestandlich voraus, dass ein Widerspruchsrecht nach Art. 21 DS-GVO besteht. Das ist jedoch nicht der Fall. Ein Widerspruchsrecht existiert nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 DS-GVO nur gegen die Verarbeitung personenbezogener Daten, die aufgrund von Art. 6 Abs. 1 lit. e) oder f) DS-GVO erfolgt. Im Falle des Antragstellers erfolgt die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten allerdings zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung und damit nach Art. 6 Abs. 1 lit. c) DS-GVO. Die rechtliche Verpflichtung des Antragsgegners zur Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Antragstellers, insbesondere des Datums der Staatsangehörigkeit folgt u.a. aus §§ 62, 63, 64 Abs. 1 Nr. 7 der – auf der Grundlage von § 99 Abs. 2 AufenthG erlassenen – Aufenthaltsverordnung (AufenthV).
Da der Antragsgegner die personenbezogenen Daten des Antragstellers infolge seines fortdauernden Aufenthalts im Bundesgebiet nach den vorgenannten Vorschriften weiterhin zu verarbeiten hat, steht dem Antragsteller auch kein Einschränkungsrecht nach Art. 18 lit. c) DS-GVO zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 Satz 2 des Streitwertkataloges der Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. der am 31. Mai / 1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen (NordÖR 2014, 11).
2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf Beiordnung von Rechtsanwalt E., S., ist abzulehnen, da die hierfür notwendigen Voraussetzungen nach § 166 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht vorliegen.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Es kann zudem nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Die vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurde nicht ordnungsgemäß ausgefüllt. Da der Antragsteller keine Leistungsbescheide einschließlich Berechnungsbogen vorgelegt hat, durfte er vom Ausfüllen der Abschnitte E bis J nicht absehen (vgl. dazu Seite 2 oben des Erklärungsbogens). Die Verpflichtung zur Vorlage einer ordnungsgemäß ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergibt sich aus § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 117 ZPO.
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Das Verfahren ist nach Maßgabe von § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. der Anlage 1 zu diesem Gesetz gerichtskostenfrei. Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO werden außergerichtliche Kosten des Antragsgegners nicht erstattet.