Datenschutzverein kann in einem Gerichtsverfahren nicht Prozessbevollmächtigter sein
Leitsatz
Datenschutzverein kann in einem Gerichtsverfahren nicht Prozessbevollmächtigter sein
Tenor
Der Verein B, wird als Bevollmächtigter des Klägers zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Am 18.01.2021 erhob der Kläger persönlich Klage durch Übersendung des Bescheids des Beklagten vom 22.12.2020 mit folgender handschriftlichen Ergänzung:
„Gegen diese Mitteilung/Bescheid/Entscheidung wird das zulässige Rechtsmittel eingelegt. Ich werde von dem Verein B vertreten. 18.01.2021.“
Daneben befindet sich ein Stempel mit der Aufschrift Art. B (und Anschrift). Darüber hinaus noch die Mailangabe und einen Hinweis auf eine Internetadresse.
Mit Schriftsatz vom 19.02.2021 meldete sich der Verein B. und legte per Fax eine Vollmachtskopie vor.
Danach bevollmächtigt der Kläger den Verein B, vertreten durch den Präsidenten A und die Vizepräsidentin des Vereins B. D.:
„mich in Angelegenheiten der Verarbeitung meiner personenbezogenen Daten und der unter dem Schutz der Familie stehenden Personen gemäß Art. 80 DS-GVO als Bevollmächtigter zu vertreten. Ich benenne den Vertreter des Bevollmächtigten zu meinem Datenschutzbeauftragten. Diese Bevollmächtigung erstreckt sich auf die Vertretung gemäß Art. 80 DS-GVO in Verfahren gemäß Art. 77, 78, 79 DS-GVO und der Abtretung des Rechts zur Geltendmachung und das Abtreten der Forderung von Schadensersatz (gemäß Art. 82 DS-GVO) gegen und gegenüber Verantwortlichen und Auftragsverarbeiter und über alle Instanzen und alle Prozesshandlungen, d. h. Erklärungen entgegenzunehmen oder abzugeben, Anträge zu stellen oder zurückzuziehen, Akten und alle Formen von Aufzeichnungen bei den verantwortlichen Verarbeitern oder Organisationen, Behörden und Gerichten anzufordern, einzusehen und auszuwerten, Kopien zu verlangen und inkludierter Zustellungsvollmacht.
Ich stimme der Verwendung meiner Daten entsprechend DS-GVO für Rechtsbesorgungen sowie für Vereinszwecke zu und bestelle den o.g. Vollmachtnehmer zu meinem Datenschutzbeauftragten.“
Es folgt die Unterschrift des Klägers, welche von der der Klageschrift im hinteren Teil abweicht.
Bereits zuvor wurde der Kläger und der Verein B mit gerichtlicher Verfügung vom 02.02.2021 darauf hingewiesen, dass es sich wohl nicht um einen vertretungsbefugten Verein nach § 67 VwGO handele.
Der Beklagte teilte bereits mit Schreiben vom 29.01.2021, eingegangen beim Verwaltungsgericht Wiesbaden am 02.02.2021, mit, dass sich für den Beklagten der Hinweis des Klägers auf die Vertretung durch den Verein B nicht ohne Weiteres in Einklang mit § 67 VwGO bringen lasse.
Der Verein B erklärte mit Schriftsatz vom 19.02.2021 gegenüber dem Gericht, dass Art. 80 DS-GVO Gesetzeskraft habe. Er sei verbindlich und gelte unmittelbar. Der Verein B sei eine rechtsfähige Organisation im Sinne des Art. 80 Abs. 1 DS-GVO. Er sei insoweit vertretungsbefugt. Weil gemäß § 67 VwGO nichts beantragt worden sei, gelte auch nichts gemäß § 67 VwGO zurückzuweisen. Es sei unerheblich, was § 67 VwGO regele. § 67 VwGO stehe in der Hierarchie zurück. Andernfalls müsse eine Vorlage an den EuGH erfolgen.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 08.03.2021 wurde erneut auf die Problematik der Vertretung hingewiesen.
Mit Beschluss vom 13.04.2021 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die zugezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der von dem Kläger bevollmächtigte Verein B ist gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO zurückzuweisen, da er nicht nach Maßgabe von § 67 Abs. 2 VwGO vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt ist.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren findet § 67 VwGO als Verfahrensrecht Anwendung.
Gemäß § 67 Abs. 2 VwGO können sich Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind nach Satz 2 der Norm enumerativ aufgeführt: Beschäftigte eines Unternehmens, von Behörden oder juristischen Person des öffentlichen Rechtes, volljährige Familienangehörige, Personen mit der Befähigung zum Richteramt, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, berufsständige Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände, Vereinigungen, deren satzungsmäßige Aufgabe die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten sowie juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der unter Absatz 2 Nr. 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen.
Gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO hat das Gericht Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurückzuweisen. Dies ist keine Ermessensentscheidung.
Die in § 67 Abs. 2 Satz 2 VwGO genannten Voraussetzungen für die Befugnis, Andere vor dem Verwaltungsgericht als Bevollmächtigte zu vertreten, liegen bei dem Verein B nicht vor. Es sind auch keine Tatsachen geltend gemacht, die derartiges belegen.
Soweit der Verein und der Kläger geltend machen, dass vorliegend Art. 80 Abs. 1 DS-GVO unmittelbar gelte, kommt es nicht darauf an.
Denn vorliegend ist die Aufsichtsbehörde, also der Beklagte, nicht nach der DS-GVO tätig.
Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich um einen, der unter die Richtlinie (EU) 2016/680 des europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung, Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr fällt. Insoweit regelt Art. 2 Abs. 2 lit. d DS-GVO ausdrücklich, dass die DS-GVO für diesen Bereich keine Anwendung findet. Insoweit mag es dahinstehen, ob es sich bei dem Verein um einen Verein ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt, dessen satzungsmäßige Ziele im öffentlichen Interesse liegen, denn vorliegend fehlt es bereits an dem Anwendungsbereich der DS-GVO und damit Art. 80 Abs. 1 DS-GVO.
Die vorliegende datenschutzrechtliche Auseinandersetzung bezieht sich auf ein Ordnungswidrigkeitsverfahren beim Regierungspräsidium in X. Der nationale Gesetzgeber hat im 3. Teil (Bestimmungen für Verarbeitende zum Zwecke gemäß Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie EU 2016/680) in Kapitel 1, § 40 Abs. 1 HDSIG (entspricht § 45 BDSG) ausdrücklich geregelt, dass die Vorschriften des Teils für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die für die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung, Verfolgung oder Ahndung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zuständigen öffentlichen Stellen gelten. Mithin findet vorliegend die Richtlinie (EU) 2016/680 des europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung, Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr Anwendung findet.
Artikel 55 Richtlinie 2016/680 regelt, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Verfahrensrecht der Mitgliedstaaten vorsehen, dass die betroffene Person das Recht hat, eine nach dem Recht des Mitgliedstaates ordnungsgemäß gegründete Einrichtung, Organisation oder Vereinigungen ohne Gewinnerzielungsabsicht, deren satzungsmäßige Ziele im öffentlichen Interesse liegen und die im Bereich des Schutzes der Rechte und Freiheiten der betroffenen Person in Bezug auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten tätig sind, zu beauftragen, in ihrem Namen, die in Art. 52, 53 und 54 Richtline 2016/680 genannten Rechte wahrzunehmen. Art. 54 Richtlinie 2016/680 eröffnet jedem Betroffenen einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf.
Ein wirksamer gerichtlicher Rechtsbehelf ist vorliegend für den Kläger in der Form der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach der VwGO gegeben. Dabei regelt Erwägungsgrund 87 der Richtlinie 2016/680 ausdrücklich:
„Das Recht betroffener Person auf Vertretung sollte das Verfahrensrecht der Mitgliedstaaten unberührt lassen, nachdem eine obligatorische Vertretung betroffener Personen durch einen Rechtsanwalt im Sinne der Richtlinie 77/249/EWG des Rates von nationalen Gerichten erforderlich sein kann“.
Diesen Vorgaben des Richtliniengebers ist der nationale Gesetzgeber insoweit nachgekommen, als der Betroffene gemäß § 67 Abs. 1 VwGO vor den Verwaltungsgerichten den Rechtsstreit selbst führen kann, andernfalls kann er sich eines Rechtsanwaltes gemäß § 67 Abs. 2 VwGO bedienen. Damit ist ein wirksamer Rechtsbehelf gegeben, sodass eine Europarechtswidrigkeit schon im Ansatz nicht in Betracht kommt.
Insoweit ist bereits im Ansatz schon nicht ersichtlich, dass überstaatliche Rechtsvorschriften gegeben sind, die abweichend von der hier anzuwenden Vorschrift des § 67 VwGO anzuwenden sein sollten.
Der Verein B ist somit nicht gemäß § 67 Abs. 2 VwGO vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt. Er ist aufgrund der zwingenden Vorschrift des § 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO zurückzuweisen.
Der Beschluss unanfechtbar, § 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO.