Zur Veröffentlichungspflicht von Subventionsempfängern im Internet

Verwaltungsgericht Wiesbaden

Beschluss v. 27.02.2009 - Az.: 6 K 1045/08

Leitsatz

Die Frage, ob die Veröffentlichung von Daten über Subventionsempfänger im Internet gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verstößt, da es sich hierbei um personenbezogene Daten handelt, die auch Rückschlüsse auf den Betrieb zulassen, wird dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Sachverhalt

Die Klägerin, ein landwirtschaftlicher Betrieb, klagte gegen die Veröffentlichung ihrer Daten als Empfängerin von Agrarförderungsprämien der EU im Internet.

Mit Bescheid gewährte der Landrat des zuständigen Kreises der Klägerin Agrarbeihilfen aus EU-Mitteln. Eine Verordnung der EG und eine dazugehörige Durchführungsverordnung bestimmten, dass auf einer speziell hierfür eingerichteten Webseite - in Deutschland bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung - die Namen der Empfänger von den Agrarförderungen, der Ort mit Postleitzahl und die Höhe der gewährten Jahresbeträge bereit gestellt wurden. Diese Webseite war mit einer Suchfunktion ausgestattet.

Die Klägerin war der Auffassung, dass die Veröffentlichung ihrer Daten gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstoße, da es sich um personenbezogene Daten handle, die auch Rückschlüsse über den Betrieb und ihre Person zuließen.

 

Entscheidungsgründe

Das Verwaltungsgericht setzte mit dem vorliegendem Beschluss das Klageverfahren aus und legte dem EuGH die Fragen zur Vorabentscheidung vor, ob die EG-Verordnungen über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik und die Veröffentlichung von Informationen der Subventionsempfänger, rechtswirksam seien. Das deutsche Gericht selbst halte die entsprechenden Vorschriften für unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht.

Soweit hiernach die Veröffentlichung aller Daten eines jeden Empfängers von EU-Mitteln zwingend im Internet erfolgen müsse, liege ein massiver Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz vor, der nicht gerechtfertigt sei. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Eingriff zur Erreichung des dort genannten Zwecks in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sei, in einem angemessenen Verhältnis mit dem verfolgten berechtigten Zweck stehe und ein zwingendes gesellschaftliches Bedürfnis bestehe.

Jedenfalls sei die Veröffentlichung nicht erforderlich. Der EuGH habe in einem ähnlichen Rechtsstreit entschieden, dass der Zweck der Transparenz auch erreicht werden könne, indem die Informationen nur den Kontrollorganen mitgeteilt oder die Gesamtbeträge veröffentlicht würden.

Auch sei für das Gericht nicht erkennbar, warum die Veröffentlichung im Internet erfolgen müsse, denn dieses Vorgehen gehe weit über das hinaus, was in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sei und erfolge nicht im überwiegenden Allgemeininteresse.

Die Daten seien weltweit einsehbar, und könnten nicht, wie die Verordnung selbst es vorsehe, vollständig nach 2 Jahren aus dem Internnet entfernt werden, da dies technisch nicht umsetzbar sei. Zwar würden die Daten auf der Internetseite nach zwei Jahren gelöscht, die Speicherung der Informationen durch andere Webdienste könne aber weder verhindert noch rückgängig gemacht werden. Schließlich sei die Veröffentlichung im Internet zur Information des Bürgers nicht geeignet, da diese höchstens einen geringen Informationswert für den interessierten Durchschnittsbürger besitze.