Kein Spam bei Double-Opt-In-Verfahren
Leitsatz
1. Erhält der Inhaber eines E-Mail-Accounts unaufgefordert eine E-Mail und hat dessen Versender das Double-Opt-In-Verfahren benutzt, stellt die Bestätigungs-E-Mail kein Spam dar.
2. Da das Versenden erwünschter E-Mails und Newsletter weiterhin möglich sein muss, stellt das Double-Opt-In-Verfahren einen geeigneten Mechanismus zur Verhinderung der missbräuchlichen Eintragung in E-Mai-Verteiler dar.
Tenor
Das Amtsgericht München erlässt durch Richterin am Amtsgericht (…) aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16.11.2006 am 30.11.2006 folgendes Urteil:
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Verfügungskläger.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann von dem Verfügungskläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.
Sachverhalt
Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Anspruch auf Unterlassung von unverlangt zugesandten E-Mails.
Der Verfügungskläger ist Rechtsanwalt. Am 28.09.2006 erhielt er vier E-Mails des Verfügungsbeklagten an vier verschiedene Mail-Adressen der (…). Inhalt der Mails war die Aufforderung, innerhalb von vier Tagen einen Bestätigungslink anzuklicken, um sicherzustellen, dass weitere E-Mails vom Empfänger auch wirklich gewünscht werden. Bei Untätigbleiben würde die Anforderung nach Ablauf von vier Tagen verfallen.
Der Verfügungskläger ist der Auffassung, dass der Verfügungsbeklagte eine sog. Spamming-Engine betreibe, in die er, der Kläger sich selbst nicht eingetragen habe und eine Eintragung auch nicht veranlasst habe. Die vier E-Mails stellten Werbung dar und seien daher eine unzulässige Belästigung. Der Verfügungsbeklagte sei zumindest Mitstörer, wenn er ohne Verifizierung Werbemails an von Dritten mitgeteilte Adressen verbreiten lasse.
Der Verfügungskläger beantragt daher:
Dem Antragsgegner wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten untersagt daran mitzuwirken, dass an die Rechtsanwaltskanzlei (…) zur Aufnahme eines geschäftlichen Kontaktes unaufgefordert E-Mails insbesondere an die Mail-Adressen zu der Domain (…) übersandt werden.
Der Verfügungsbeklagte beantragt:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Dringlichkeit sei nicht gegeben. Die vier beim Verfügungskläger eingegangenen Mails seien keine belästigende Werbung gewesen. Es sei lediglich aufgefordert worden, die Angaben zu überprüfen. Bei Nichtbeachtung erfolge keinerlei weitere E-Mail-Kommunikation.
Der Verfügungsbeklagte betreibe keine spamming-engine, er verwende vielmehr das sog. doppelte Opt-in-Verfahren, das nach der Rechtsprechung ausreichenden Schutz vor unerwünschten E-Mails biete. Die Entscheidung des LG Berlin vom 29.08.2006 (Az. 16 O 268/06) sei nicht einschlägig.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Parteien einschließlich der Schutzschrift vom 13.10.2006 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2006 (BL 23/24 d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig. Insbesondere ist das AG München örtlich zuständig, § 32 ZPO.
Der Antrag ist jedoch unbegründet und daher zurückzuweisen. Der Verfügungskläger hat gegen den Beklagten keinen Unterlassungsanspruch nach §§ 823, 1004 BGB wegen der Zusendung der streitgegenständlichen E-Mails. Nach ganz überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung, auch der der Obergerichte (vgl. statt vieler OLG München, Urteil vom 12.02.2004, - 8 U 4223/03 -, das hinsichtlich der Sicherungsmaßnahmen auf LG Berlin, Urteil vom 16.05.2002, - 16 O 4/02 -, Bezug nimmt) ist anerkannt, dass das sog. Double-Opt-In-Verfahren geeignet ist und ausreicht, um einen Missbrauch durch Eingabe von E-Mail-Adressen von Dritten zu verhindern.
Vorliegend ist unstreitig, dass der Verfügungsbeklagte gerade dieses Verfahren nutzt, um eine Versendung seiner Werbung an nicht interessierte Personen zu unterbinden.
Entgegen der Auffassung des Verfügungsklägers kann in der Zusendung der streitgegenständlichen Bestätigungs-Mails noch keine unzumutbare Belästigung im Sinne von §§ 823, 1004 BGB gesehen werden.
Grundsätzlich besteht nach ganz einhelliger Auffassung ein Anspruch gegen die Abwehr unerwünschter Werbe-E-Mails. Andererseits darf dieser Anspruch jedoch nicht dazu führen, dass jeglicher Verkehr auf elektronischem Postwege so risikobehaftet wird, dass er faktisch durch Rechtsinstitute behindert wird.
Es muss möglich sein, erwünschte E-Mails und Newsletter weiterhin an Interessenten zu versenden und gleichzeitig die missbräuchliche Eintragung in E-Mail-Verteiler auszufiltern. Hierfür ist das Double-Opt-In-Verfahren ein geeigneter Mechanismus.
Vorliegend war durch einfaches Wegklicken bzw. allein durch Nichtreaktion auf die Bestätigungsaufforderung unstreitig sichergestellt, dass weitere E-Mails vom Verfügungsbeklagten nicht mehr zu erwarten waren. Daher ist das Gericht der Auffassung, dass allein die Aufforderung zur Beseitigung noch keinen Unterlassungsanspruch auslöst.
Ansonsten wäre auch das Double-Opt-In-Verfahren kein taugliches Sicherungsinstrument. Bei dieser Beurteilung ist jedoch zu berücksichtigen, dass es Millionen Internet-Nutzer gibt, die durchaus bewusst von der Möglichkeit einer Anforderung von Informationen, Werbung, Bestellungen im weitesten Sinne über eine Adress-Eingabe-Maske gerne Gebrauch machen.
Diese Möglichkeit darf daher nach Meinung des erkennenden Gerichts nicht gänzlich zu Nichte gemacht werden, indem man auch bereits die Zusendung einer Bestätigungs-Mail als eine unzulässige Beeinträchtigung beurteilt. Vorliegend war es daher dem Verfügungskläger ohne größere Belastung zuzumuten, durch einfaches Abwarten und Nichtstun der Aufforderung zur Bestätigung nicht zu folgen.
Ein Grund für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung liegt nicht vor. Die Erkenntnisse über den vom Verfügungsbeklagten möglicherweise genutzten Webcrawler oder Harvester sind bloße Vermutungen und hier auch nicht entscheidungserheblich.
Der Antrag war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt nach § 3 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergebt nach §§ 708 Nr. 6, 711.