Art. 15 DSGVO-Auskunftsanspruch nicht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
Leitsatz
Art. 15 DSGVO-Auskunftsanspruch nicht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Der Streitwert wird sowohl für das Beschwerdeverfahren als auch - unter entsprechender Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung von Amts wegen - für das erstinstanzliche Verfahren jeweils auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts fristgerecht vorgebrachten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss zu ändern und den im Beschwerdeverfahren weiterverfolgten (sinngemäßen) Sachanträgen zu entsprechen,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben,
a. "umfassend und lückenlos gem. Art 15 Abs. 1 DSGVO Auskunft zu erteilen, über - sämtliche - zum streitgegenständlichen Dienstverhältnis verarbeiteten personenbezogenen Daten, und dem Antragsteller"
b. "gem. Art. 15 III DSGVO eine kostenfreie unverfälschte - Kopie über alle personenbezogenen Daten, nachfolgend unter Antrag 4 c. aa. ff näher konkretisiert - per pdf, soweit per pdf technisch nicht möglich hilfsweise alternativ in mit allgemein zugänglicher Software verarbeitbarer Dateiform auf einem körperlichen Datenträger wie USB Stick oder CD/DVD dem Antragsteller zur Verfügung zu stellen",
c. "hierbei gem. Art 15 I DSGVO auch Auskunft über sämtliche personenbezogenen Daten zu erteilen, die von der Antragsgegnerin - im Dienstverhältnis zu der streitgegenständlichen Bewerbung des Antragstellers verarbeitet werden,
insbesondere auch
aa. die von der Antragsgegnerin jetzt neu vorgelegten Verwaltungsvorgänge, gem. Mitteilung des Gerichts vom 17.04.2019 an den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit dem Angebot auf Akteneinsicht durch den Prozessbevollmächtigten auf der Geschäftsstelle des Gerichts,
bb. die von der Antragsgegnerin im Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge bis Stichtag 08.04.2019 gem. Mitteilung des Gerichts an die Antragsgegnerin vom 08.04.2019 soweit darin personenbezogene Daten des Antragstellers verarbeitet werden,
- hier insbesondere auch alle zur Person des Antragstellers von der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 02.04.2019, dort S. 5,
- angeführten Daten zu dem mit Einleitungsverfügung vom 11.04.2017 und Ausdehnungsverfügung vom 16.05.2018 von der Antragsgegnerin eingeleiteten Disziplinarverfahren,
cc. Personalakte mit allen Eintragungen Personalakte,
dd. sämtliche digitalen sowie hand- und maschinenschriftlichen Aufzeichnungen zur Person des Antragstellers zu dem Bewerbungsverfahren bei der Antragsgegnerin, insbesondere auch
- zwischen der Personalabteilung der Antragsgegnerin und dem Präsidenten der Antragsgegnerin,
- zwischen der Personalabteilung der Antragsgegnerin und dem Stellvertreter des Präsidenten der Antragsgegnerin,
- zwischen der Personalabteilung der Antragsgegnerin und allen Fachvorgesetzten des streitgegenständlichen Dienstpostens,
- zwischen der Personalabteilung der Antragsgegnerin und dem Personalrat der Antragsgegnerin
ee. alle emails zur Person des Antragstellers zu dem Bewerbungsverfahren bei der Antragsgegnerin, insbesondere auch
- zwischen der Personalabteilung der Antragsgegnerin und dem Präsidenten der Antragsgegnerin,
- zwischen der Personalabteilung der Antragsgegnerin und dem Stellvertreter des Präsidenten der Antragsgegnerin,
- zwischen der Personalabteilung der Antragsgegnerin und allen Fachvorgesetzten des streitgegenständlichen Dienstpostens,
- zwischen der Personalabteilung der Antragsgegnerin und dem Personalrat der Antragsgegnerin
ff. neu klarstellend mit Beschwerde: alle personenbezogenen Daten des Antragstellers einschließlich seinem Dienstkalender auf seinem in der Zeit Stichtag 01.01.2017 bis Stichtag 29.07.2019 verwendeten Dienstnotebook
d. sowie alle weiteren nach Art. 15 I a- h DSGVO zu erteilenden Auskünfte insbesondere auch
aa) welche personenbezogenen Daten bei der Beklagten zum streitgegenständlichen Bewerbungsverfahren verarbeitet werden (auch Anschrift, mail-Adressen, Telefonnummern, Geburtsdatum, Beruf, Arbeitsunfähigkeits- Urlaubstage),
bb) zu welchem Zweck diese Daten verarbeitet werden,
cc) die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden,
dd) Empfänger bzw. Kategorien von Empfängern, die diese Daten seit Einleitung der streitgegenständlichen Stellenausschreibung bereits erhalten haben oder künftig noch erhalten werden,
ee) die geplante Speicherdauer bzw. die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer,
ff) -, gg) -, hh) -,
ii) die Herkunft der Daten
jj) soweit vorhanden Benennung sowie aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen aller automatisierten Entscheidungsfindungen zu meinem Beschäftigungsverhältnis einschließlich Profiling."
Das Verwaltungsgericht hat diese Anträge mit der folgenden Begründung abgelehnt: Der Antragsteller, der mit seinen Anträgen eine Vorwegnahme der Hauptsache erstrebe, habe insgesamt keine Umstände glaubhaft gemacht, die die Annahme des Vorliegens eines Anordnungsgrundes rechtfertigten. Er habe nämlich nicht glaubhaft gemacht, dass das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache für ihn schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte. Solche Nachteile ergäben sich zunächst nicht aus dem Vorbringen des Antragstellers, er benötige die begehrten Auskünfte und Daten für einen sachgerechten Vortrag. In den vorliegend allein relevanten streitbefangenen Bereichen (Besetzung des Dienstpostens E. ; Disziplinarverfahren; Verwendung auf dem Dienstposten E1. ; Herausgabe von Arbeitsmitteln etc.; Attestpflicht) betreibe er gerichtliche Verfahren, so dass er bzw. sein Prozessbevollmächtigter in diesen Verfahren Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsvorgänge nehmen könne und somit Zugang zu allen verfahrensrelevanten Daten, Informationen und Sachverhalten gewährleistet sei. Eine solche Einsichtnahme in die Akten sei nicht mit erkennbar unzumutbaren Erschwernissen verbunden; namentlich ergäben sich solche nicht daraus, dass mit einer "konventionellen" Akteneinsicht ein höherer Zeit- und Kostenaufwand einhergehe. Das gelte auch, soweit es ihm um sonstige, nicht schon den vorgelegten Akten zu entnehmende personenbezogene Daten gehe, da er nach § 110 Abs. 1 BBG a. F. bzw. § 110 Abs. 1 Satz 1 BBG i. V. m. Art 15 DS-GVO sämtliche über ihn geführten Personalakten einsehen dürfe. Gegen die Annahme, dass der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung Nachteile im o. g. Sinne erlitte, spreche auch, dass die auch in beamtenrechtlichen (Eil-)Verfahren geübte Praxis, in herkömmlicher Weise Akteneinsicht zu gewähren, vor dem Inkrafttreten des Art. 15 DS-GVO keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterlegen habe. Zudem bezwecke die DS-GVO nicht unmittelbar, dem Beamten eine bestmögliche und kostengünstige(re) Wahrung seiner materiellen Rechte zu ermöglichen.
Ein Anordnungsgrund sei auch insoweit nicht glaubhaft gemacht, als der Antragsteller über die vorstehend behandelten Begehren hinausgehend Auskünfte zur Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Antragstellers, zu den (künftigen) Empfängern dieser Daten, zur Dauer der Speicherung dieser Daten, zur Herkunft dieser Daten und zur involvierten Logik sowie zur Tragweite und zu den angestrebten Auswirkungen aller automatisierten Entscheidungsfindungen zu "meinem" (sic) Beschäftigungsverhältnis einschließlich Profiling verlange. Es sei nämlich nicht glaubhaft gemacht, dass insoweit eine schwere und unzumutbare Beeinträchtigung von Rechtspositionen des Antragstellers drohe, wenn die beantragte einstweilige Anordnung unterbleibe.
Hiergegen macht der Antragsteller mit seiner nur scheinbar geordneten Beschwerdebegründung (fristgerecht vorgelegte Beschwerdebegründung vom 23. Mai 2020 und der Vortrag in den weiteren Schriftsätzen vom 29. Mai 2020, vom 5. Juni 2020 und vom 28. August 2020, soweit er sich - allein berücksichtigungsfähig - auf eine Ergänzung der Beschwerdebegründung beschränkt) im Kern das Folgende geltend: Zu rügen sei zunächst der nicht mehr sachgerechte Trennungsbeschluss des VG vom 12. September 2019, da der Gesamtsachverhalt in den nun sieben Verfahren nicht isoliert betrachtet und bewertet werden könne (Gliederungspunkt "7.", S. 13 der Beschwerdebegründung). Darüber hinaus sei der angefochtene Beschluss rechtsfehlerhaft. Das Verwaltungsgericht verkenne grundlegend Wortlaut und Zweck der DS-GVO, wenn es deren Art. 15 mit "unzulässigen Auslegungsversuchen entgegen den klaren Wortlauten von DS-GVO und Erwägungsgründe DS-GVO eingrenzt sehen" wolle. Zunächst träfen die Ausführungen auf Seite 7 des angefochtenen Beschlusses nicht zu (Gliederungspunkt "A. 2. a." der Beschwerdebegründung). Art. 15 DS-GVO dürfe als supranationales Recht auch nicht einschränkend ausgelegt werden ("A. 2. b.", "A. 2. d."), zumal hier keine Ausnahmetatbestände der DS-GVO einschlägig seien (Gliederungspunkt "9.", S. 13 f. der Beschwerdebegründung). Es verstoße gegen Art. 79 Abs. 1 DS-GVO, nach einjähriger Verfahrensdauer einen Anordnungsgrund wegen fehlender Eilbedürftigkeit zu verweigern, zumal in den betriebenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren ganz erheblicher Eilbedarf bestehe ("A. 2. c.", "A. 2. e."). Das Recht auf prozessuale Akteneinsicht, dessen Gewährung hier nicht begehrt werde, sei nicht lex specialis zu der materiellrechtlichen, auf der Grundlage des durch Art. 8 Abs. 2 Satz 2 EUGrdRCh fußenden Anspruchsnorm des Art. 15 DS-GVO. Es sei deshalb unerheblich, ob "erheblicher Zeitaufwand das prozessuale Akteneinsichtsrecht umfasst" ("A. 2. c."). Auch der Anspruch auf die weiter begehrten Auskünfte zum Verarbeitungszweck etc., deren Notwendigkeit für Begehren nach Art. 16 ff DS-GVO (Berichtigung, Löschung usw.) substantiiert vorgetragen sei, ergebe sich, ohne dass noch etwas glaubhaft gemacht werden müsse, aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ("A. 2. f."). Eine einstweilige Anordnung sei auch notwendig, weil gegen Behörden keine Geldbußen verhängt werden könnten und damit entgegen Art. 79 Abs. 1 DS-GVO jahrelange Schutzlosigkeit drohe, wenn einstweiliger Rechtsschutz verwehrt werde ("A. 2. g."). Der Antragsteller bedürfe der begehrten Einsichtnahme/Auskünfte dringend und, wie es nach der DS-GVO sichergestellt sei, zeitnah, um zu der Frage der Nebentätigkeit, zu weiteren dienstlichen Vorgängen und im Sicherheitsüberprüfungsverfahren, im Disziplinarverfahren und im Konkurrentenverfahren vortragen zu können ("A. 2. f.", eigentlich: A. 2. h.; ferner "B. 1. 1." und der unmittelbar an "B. 1. 3." anschließende Gliederungspunkt "6." sowie Gliederungspunkt "8."). Es verstoße gegen Art. 8 EUGrdRCh und insbesondere gegen Art. 15 DS-GVO, Auskunft zu Daten zu verweigern, die den genannten Mitarbeitern, aber nicht dem Antragsteller zur Verfügung stünden ("B. 1. 2." und "10."). Art 15 DS-GVO gebe der Verwaltung keinen Ermessensspielraum, so dass es auf die - vom Verwaltungsgericht auch nicht ausreichend geprüfte - Frage der Verhältnismäßigkeit nicht ankomme ("B. 1. 3.").
Dieses Beschwerdevorbringen greift insgesamt nicht durch.
1. Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe das Ausgangsverfahren 15 L 551/19 mit seinem Trennungsbeschluss vom 12. September 2019 unsachgerecht "aufgeteilt", ist unerheblich. Das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Ablehnung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 oder § 123 VwGO kann nämlich mit einer Verfahrensrüge - hier der Rüge einer unsachgemäßen Verfahrenstrennung - von vornherein nicht erfolgreich geführt werden, ohne dass es darauf ankommt, ob der behauptete Verfahrensfehler gegeben ist. Die dieses Rechtsmittel eröffnende Regelung des § 146 Abs. 4 VwGO kennt - anders als die Vorschriften über Berufung und Revision - nämlich kein vorgeschaltetes Zulassungsverfahren (mehr), sondern ermöglicht in den von § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO mit Blick auf die Verfahrensart gezogenen Grenzen eine umfassende, nicht z. B. von der erfolgreichen Rüge eines Verfahrensfehlers abhängige Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Oberverwaltungsgericht als zweite Tatsacheninstanz.
Vgl. aus der Senatsrechtsprechung etwa die Beschlüsse vom 14. Februar 2019 - 1 B 830/18 -, juris, Rn. 10 f., und vom 12. Juni 2014 - 1 B 271/14 -, juris, Rn. 22 bis 25, jeweils m. w. N.
Unabhängig davon ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, weshalb die gerügte Verfahrenstrennung, die im Übrigen nicht Zusammengehörendes aufgespaltet, sondern nur den zahlreichen, neue Streitgegenstände in das Ausgangsverfahren (VG Köln, 15 L 551/19) einführenden "Antragserweiterungen" Rechnung getragen hat, angesichts der Möglichkeit der Beiziehung von Gerichtsakten und Verwaltungsvorgängen einer sachgerechten Kenntnis und Bewertung des maßgeblichen Gesamtsachverhalts entgegenstehen könnte.
2. Auch mit dem übrigen Beschwerdevorbringen, soweit es fristgerecht erhoben ist oder einen nur ergänzenden Vortrag nach Fristablauf darstellt, hat der Antragsteller weiterhin nicht glaubhaft gemacht, dass ihm der mit den Anträgen jeweils behauptete Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des begehrten Inhalts zusteht.
a) Von vornherein unerheblich sind die Rügen des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe Art. 15 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung - DS-GVO) einschränkend ausgelegt, was unzulässig sei. Zwar hat sich das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung auch mit der Frage befasst, ob der Anwendungsbereich des Art. 15 DS-GVO vor dem Hintergrund des Art. 2 Abs. 1 DS-GVO auch insoweit eröffnet ist, als es um in Papierform geführte Personalakten geht (BA S. 7, zweiter Absatz). Diese - im angefochtenen Beschluss einzigen - Ausführungen zum Anwendungsbereich des Art. 15 DS-GVO stellen, wie das Verwaltungsgericht eingangs der in Rede stehenden Passage ausdrücklich klargestellt hat, aber nur einen ergänzenden, nicht entscheidungstragenden Hinweis dar.
Dazu, dass der (in Art. 2 Abs. 1 DS-GVO verwendete) Begriff des "Dateisystems" i. S. v. Art. 4 Nr. 6 DS-GVO auch strukturierte, d. h. nach bestimmten Kriterien (Namen, Zeiträume etc.) geordnete bzw. zugängliche Papierakten einschließt, vgl. Dix, in: Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann, Datenschutzrecht, 2019, DS-GVO Art. 15 Rn. 6, Hartung, in: Kühling/Buchner, DS-GVO, BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 4 Nr. 6 Rn. 5, und Ernst, in: Paal/Pauly, DS-GVO, BDSG, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 4 Rn. 54; zu der darüber hinausgehenden Regelung des § 26 Abs. 7 BDSG vgl. etwa Gräber/Nolden, in: Paal/Pauly, DS-GVO, BDSG, 2. Aufl. 2018, BDSG § 26 Rn. 55, und Riesenhuber, in: BeckOK Datenschutzrecht, Wolff/Brink, Stand: 1. Mai 2020, BDSG § 26 Rn. 37 ff., insbesondere Rn. 40 bis 42.
b) Auch das weitere Beschwerdevorbringen zeigt nicht auf, dass der mit den Anträgen jeweils behauptete Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des begehrten Inhalts besteht.
Insoweit macht der Antragsteller zusammengefasst im Kern allein geltend, er begehre nicht Akteneinsicht nach prozessrechtlichen Regelungen, sondern mache den weitergehenden, materiellrechtlichen Anspruch nach Art. 15 DS-GVO geltend. Die gerichtliche Klärung, ob ihm dieser Anspruch zustehe, müsse angesichts der Eilbedürftigkeit seines Begehrens und wegen der möglicherweise jahrelangen Dauer eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens bereits im Eilverfahren erfolgen. Dem kann nicht gefolgt werden. Es ist nach wie vor nicht glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller gemessen an dem hier anzuwendenden Maßstab (dazu aa)), dass ihm ohne die begehrte einstweilige Anordnung schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile drohen würden, ein Anordnungsgrund zur Seite steht (dazu bb)).
aa) Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ist auch bei einem Anspruch aus Art. 15 DS-GVO, wie er hier geltend gemacht wird, anhand der nationalen Regelungen nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO zu beurteilen und wegen der angestrebten Vorwegnahme der Hauptsache nur zu bejahen, wenn das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache für den Betroffenen schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte.
Zu diesem strengen, bei einem auf Vorwegnahme der Hauptsache abzielenden Begehren anzulegenden Maßstab vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2019 - 1 B 1345/18 -, juris, Rn. 11 f., m. w. N.
Der vorgenannte Maßstab gilt, weil die Datenschutz-Grundverordnung keine eigenen Rechtsbehelfe vorsieht, sondern insoweit nur wirksame gerichtliche Rechtsbehelfe des nationalen Rechts verlangt (Art. 79 Abs. 1 DS-GVO), die hier mit den o. g. Regelungen und deren Ausformung durch die Rechtsprechung vorliegen.
Dazu, dass die Datenschutz-Grundverordnung einen Handlungsauftrag an den nationalen Gesetzgeber enthält, die entsprechenden Rechtsbehelfe vorzusehen, und dass das nationale Prozessrecht grundsätzlich anwendbar bleibt, solange und soweit es den Aussagen und Wertungen der Datenschutz-Grundverordnung nicht widerspricht, vgl. Schneider, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann, DS-GVO/BDSG, 2018, DS-GVO Art. 79 Rn. 20.
Nach Art. 79 Abs. 1 DS-GVO hat jede betroffene Person unbeschadet eines verfügbaren verwaltungsrechtlichen oder außergerichtlichen Rechtsbehelfs einschließlich des Rechts auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde gemäß Art. 77 DS-GVO das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf, wenn sie der Ansicht ist, dass die ihr aufgrund dieser Verordnung zustehenden Rechte infolge einer nicht im Einklang mit dieser Verordnung stehenden Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten verletzt wurden.
Dazu, dass es dem Kläger jedenfalls obliegt, schlüssig Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die Möglichkeit einer Rechtsverletzung ergibt, vgl. Schneider, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann, DS-GVO/BDSG, 2018, DS-GVO Art. 79 Rn. 13.
Was unter einem wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf zu verstehen ist, regelt die Datenschutz-Grundverordnung zwar nicht selbst. Insoweit kann aber auf die ähnliche Regelung in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EUGrdRCh) und die dazu entwickelten Interpretationsansätze zurückgegriffen werden. Wirksame gerichtliche Rechtsbehelfe zeichnen sich danach dadurch aus, dass sie den Zugang zu einem staatlichen Gericht eröffnen und dieses unter Beachtung zentraler Verfahrensregeln nach geltendem Recht entscheidet. Dabei muss der fragliche gerichtliche Rechtsbehelf bestimmte Anforderungen in Bezug auf die Art des Rechtsmittels, die Fristen und die Kontrolldichte erfüllen, um als wirksam qualifiziert werden zu können. Fristen dürfen den Zugang zum Gericht nicht unangemessen erschweren, und Präklusionsvorschriften dürfen nicht eine wirksame Rechtsdurchsetzung vereiteln. Ferner muss die gerichtliche Kontrollkompetenz der Schwere der behaupteten Verletzung entsprechen, und die gerichtliche Entscheidung muss auch tatsächlich durchgesetzt werden. Schließlich muss auch erforderlicher vorläufiger Rechtsschutz gewährleistet sein.
Vgl. Bergt, in: Kühling/Buchner, DS-GVO, BDSG, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 79 Rn. 11, und Schneider, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann, DS-GVO/BDSG, 2018, DS-GVO Art. 79 Rn. 17; allgemein zum Schutzgehalt des Art. 47 EUGrdRCh vgl. etwa Blanke, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, EUGrdRCh Art. 47 Rn. 1, 2 und 8, m. w. N.
Diesen Anforderungen genügen die hier in Rede stehenden Rechtsbehelfe der deutschen Verwaltungsgerichtsordnung
- vgl. Boehm, in: Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann, Datenschutzrecht, 2019, DS-GVO Art. 79 Rn. 23 und Art. 78 Rn. 9, sowie Kreße, in: Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Aufl. 2018 DS-GVO Art 79 Rn. 24 f. -
und damit ersichtlich auch der Rechtsbehelf der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO mit den insoweit zu stellenden Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes.
bb) Der Antragsteller hat auch in Ansehung seines Beschwerdevorbringens nicht glaubhaft gemacht, dass - wie es nach dem Vorstehenden erforderlich wäre - der Verweis auf eine Klärung der behaupteten Ansprüche aus Art. 15 DS-GVO erst in einem Hauptsacheverfahren für ihn schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte.
(1) Das gilt zunächst insoweit, als der Antragsteller "klarstellend" oder antragserweiternd Auskunft bzw. Daten aus seinem früheren dienstlichen Notebook beansprucht. Insoweit sind ungeachtet dessen, dass bereits eine Verarbeitung von Daten durch die Antragsgegnerin nicht erkennbar ist, schon im Ansatz keine Tatsachen glaubhaft gemacht, die die Annahme einer besonderen Eilbedürftigkeit nach dem o. g. Maßstab stützen könnten. Die Antragsgegnerin hat im Verfahren 1 B 649/20 mit Schriftsatz vom 8. Juni 2020 vorgetragen, der Antragsteller habe die UMTS-Karte zur Nutzung des Notebooks erst am 2. Oktober 2019 zurückgegeben (S. 4 des Schriftsatzes, dritter Absatz). Ihm standen die nach seinem Vortrag nunmehr dringlich benötigten, angeblich dem Notebook zu entnehmenden Daten mithin, wie die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren zutreffend und unwidersprochen geltend macht (Schriftsatz vom 8. Juni 2020, S. 3 oben), auch noch nach der zweiten Ausdehnung des Disziplinarverfahrens (11. April 2019) zur Verfügung, und zwar fast ein halbes Jahr lang. Weshalb es gleichwohl nunmehr und auch erst seit Erhebung der Beschwerde besonders dringlich sein, soll, ihm zu den auf dem Notebook gespeicherten Daten Auskunft zu erteilen und diese in Kopie zur Verfügung zu stellen, hat der Antragsteller weder konkret dargelegt noch glaubhaft gemacht. Soweit es um die Aufklärung der (im Disziplinarverfahren, nicht aber auch im Sicherheitsüberprüfungsverfahren relevant gewordenen) Frage geht, ob der Antragsteller an Krankheits- oder Dienstreisetagen eine Nebentätigkeit ausgeübt hat, ist im Übrigen darauf zu verweisen, dass der Antragsteller hierzu bereits Angaben gemacht hat und also auch machen konnte. Außerdem ist, was auch für den Antragsteller gilt, der Beamte im behördlichen und im gerichtlichen Disziplinarverfahren auch in Bezug auf die Ermittlung der entscheidungserheblichen Tatsachen hinreichend geschützt (vgl. insbesondere §§ 21 Abs. 1 Satz 2, 24 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 58 BDG sowie § 3 BDG i. V. m. §§ 86 Abs. 1, 108 VwGO).
(2) Auch hinsichtlich der übrigen mit den Anträgen geltend gemachten Begehren auf Auskunft und Zurverfügungstellung von Daten ist ein Anordnungsgrund weiterhin nicht glaubhaft gemacht.
Die behauptete (besondere) Eilbedürftigkeit dieses Begehrens stützt der Antragsteller allein auf die Erwägung, er benötige die erstrebten Auskünfte und Daten, um in den anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren sachgerecht vortragen zu können. Das greift ersichtlich nicht durch.
Der Annahme einer besonderen Eilbedürftigkeit mit dieser funktionalen, auf Zwecke der Prozessführung bezogenen Erwägung steht entgegen, dass diesen Zwecken schon in einfacherer und keinesfalls unter Kostengesichtspunkten oder zeitlichen Aspekten unzumutbarer Weise genügt werden kann. Der Antragsteller bzw. sein Prozessbevollmächtigter kann nämlich die jeweils verfahrensrelevanten Verwaltungsvorgänge, die die Antragsgegnerin in den fraglichen Gerichtsverfahren sämtlich vorgelegt hat, nach Maßgabe der prozessrechtlichen Regelung des § 100 VwGO (i. V. m. § 3 BDG)
- zur einschränkungslosen Anwendbarkeit des § 100 VwGO über § 3 BDG vgl. Wittkowski, in: Urban/Wittkowski, BDG, 2. Aufl. 2017, BDG § 3 Rn. 7 -
einsehen und (spätestens) auf dieser Grundlage sachgerecht vortragen. Dass sich verfahrensrelevante Umstände auch noch aus sonstigen, also nicht in den vorgelegten Verwaltungsvorgängen enthaltenen verwaltungsseitigen Daten ergeben würden, hat der Antragsteller nicht ansatzweise substantiiert geltend geschweige denn glaubhaft gemacht.
Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass der Antragsteller mit dem vorliegenden Eilverfahren materiellrechtliche Ansprüche nach Art. 15 DS-GVO durchzusetzen versucht. Das gilt schon deshalb, weil er seine Behauptung einer besonderen Eilbedürftigkeit auch im Beschwerdeverfahren eben nicht auf diese materielle Anspruchsposition bezogen hat, sondern nur auf den davon zu unterscheidenden Gesichtspunkt, er benötige in den einzelnen gerichtlichen Verfahren vollständige Kenntnis der entscheidungserheblichen Tatsachen, um sachgerecht vortragen zu können. Unabhängig davon ist schon nicht dargelegt und im Übrigen auch nicht ersichtlich, dass die volle praktische Wirksamkeit einer späteren Hauptsacheentscheidung zu den erhobenen Ansprüchen nach Art. 15 DS-GVO nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes sichergestellt werden kann,
zu diesem Ansatz allgemein vgl. EuGH, Urteil vom 13. März 2007 - C-432/05 -, juris, Rn. 67, und Kreße, in: Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Aufl. 2018 DS-GVO Art 79 Rn. 25,
wie es bei Streitigkeiten um Rechte aus der Datenschutz-Grundverordnung insbesondere in Betracht kommen kann, wenn die betroffene Person gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a), c) oder d) die Einschränkung der Verarbeitung verlangt und der Verantwortliche dem Verlangen nicht nachkommt.
Vgl. Kreße, in: Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Aufl. 2018 DS-GVO Art 79 Rn. 25.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das erstinstanzliche Verfahren, die der Senat auf der Grundlage des § 63 Abs. 3 GKG unter Änderung der auf 2.500,00 Euro lautenden erstinstanzlichen Festsetzung vornimmt, beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Eine Reduzierung des vollen Auffangwerts mit Blick auf die Vorläufigkeit der angestrebten Regelung nimmt der Senat nicht vor, weil der Antragsteller insoweit, wie im Übrigen auch schon das Verwaltungsgericht ausgeführt hat (BA S. 3), faktisch eine Vorwegnahme der Hauptsache erstrebt. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den vorzitierten Vorschriften sowie zusätzlich auf § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG und folgt denselben Grundsätzen wie die korrigierte Festsetzung des Streitwerts für das erstinstanzliche Verfahren.
Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach § 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.