Zivilgerichte dürfen Wortberichterstattung über Prominente nicht untersagen

Bundesverfassungsgericht

Beschluss v. 25.01.2012 - Az.: 1 BvR 2499/09

Leitsatz

Eine Wortberichterstattung über Prominente kann zivilgerichtlich nur dann untersagt werden, wenn die Abwägung der betroffenen Grundrechtspositionen zugunsten des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts streitet. Eine Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls kann dazu führen, dass der Meinungsfreiheit der Vorrang einzuräumen ist.

Sachverhalt

Die Beklagte war eine Tochtergesellschaft der Herausgeberin der "Sächsische Zeitung". Sie war für die Verbreitung der redaktionellen Inhalte sowie weiterer Beiträge der "Sächsische Zeitung" über das Internet verantwortlich.

Die Beklagte stellte einen Artikel über zwei Prominente, die Kläger, online, in welchem darüber berichtet wurde, dass diese eines Nachts in der Münchener Innenstadt Fahrräder traktiert, Blumen aus einem Blumenbeet herausgerissen sowie den Telefonhörer in einer Telefonzelle abgerissen hatten.

Die Kläger gingen gegen diese Berichterstattung vor, weil sie sich in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sahen.

Entscheidungsgründe

Dem folgte das Bundesverfassungsgericht nicht.

Es habe eine Abwägung zwischen dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Kläger und dem Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung zu erfolgen.

Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass es lediglich um eine Wortberichterstattung über einen unstreitigen Vorfall gehe und nur die Sozialsphäre der Kläger verletzt sei.

Überdies sei der Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts verringert, weil die Kläger insbesondere über das Fernsehen die Öffentlichkeit unstreitig oft gesucht, ein Image als "Junge Wilde" gepflegt und ihre Idolfunktion kommerziell ausgenutzt und so ihre Person selbst in die Öffentlichkeit gestellt hätten.

Die Presse könne zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht grundsätzlich auf eine anonymisierte Berichterstattung verwiesen werden. Verfehlungen auch konkreter Personen aufzuzeigen, gehöre zu den legitimen Aufgaben der Medien. Bei Tatsachenberichten hänge die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen darüber hinaus vom Wahrheitsgehalt ab, und wahre Aussagen müssten in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen seien.

Eine Regelvermutung des grundsätzlichen Vorrangs des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegenüber der Meinungsfreiheit, sobald schutzbedürftige Interessen von jungen Erwachsenen bzw. von Jugendlichen in Rede stehe, sei aus verfassungsrechtlicher Sicht zu eng und undifferenziert. Sie übergehe das Erfordernis einer einzelfallbezogenen Auslegung und berücksichtige vorliegend das "Öffentlichkeitsimage" der Kläger zu wenig.