Werbung in einem öffentlichen Feuerstättenbescheid durch Schornsteinfeger rechtswidrig

Landgericht Dortmund

Urteil v. 23.11.2016 - Az.: 10 O 11/16

Leitsatz

Werbung in einem öffentlichen Feuerstättenbescheid durch Schornsteinfeger rechtswidrig (hier: "Bei Fragen zum Feuerstättenbescheid oder zu den durchzuführenden Arbeiten stehe ich Ihnen gerne persönlich oder telefonisch zur Verfügung.")

Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel, nämlich Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf hoheitlich veranlassten Schreiben darauf hinzuweisen, dass der Kunde bei Beauftragung des Betriebes des Beklagten mit vergabefreien Schornsteinfegerarbeiten keine Formblätter verschicken müsse, insbesondere, wenn dies geschieht, wie in dem Bescheid vom 12.03.2015: (...)

II. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der unter Ziffer I. des Tenors wiedergegebenen Handlung entstanden ist und/oder künftig noch entstehen wird.

III. Der Beklagte wird ferner verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, welche Aufträge er infolge der unter Ziffer I. des Tenors beschriebenen Handlung akquiriert hat und welchen Gewinn er daraus erzielt hat.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

V. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 2/3 der Kläger und 1/3 der Beklagte.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Klägerin ist das Urteil hinsichtlich des Tenors zu I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € und wegen des Tenors zu V. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Sachverhalt

Die Parteien  - beide Schornsteinfegermeister – streiten, ob der Beklagte sich wettbewerbswidrig verhalten hat.

Der Beklagte ist für den Kehrbezirk V 06 als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger bestellt. Er wird in dieser Funktion als sog. „Beliehener“ hoheitlich tätig. U. a. in diesem Kehrbezirk erbringen beide Parteien auch privatwirtschaftliche Leistungen. Der Kläger war zunächst selbst für den Kehrbezirk V 06 zuständig. Er hat sich seinerzeit mit Schreiben vom 30.12.2013 wie folgt den Einwohnern des Bezirkes vorgestellt:

„Sehr geehrte Damen und Herren, werte Kunden.

Ich freue mich Ihnen mitteilen zu können, dass ich zum 01.11.2013 zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für den Kehrbezirk V 06 bestellt wurde und somit die Nachfolge von Herrn T antrete.

Ich war in diesem Kehrbezirk vom 01.08.1995 bis 30.09.2012 als Angestellter einmal unter Herrn O und dann für Herrn T beschäftigt.

Als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger bin ich für die hoheitlichen Aufgaben und Tätigkeiten wie z. B. bauliche Abnahmen/Veränderung, Aufstellung oder Austausch von Feuerungsanlagen, die Erstellung von Feuerstättenbescheiden und die Ersatzvornahme verantwortlich.

Als bev. Bezirksschornsteinfeger Betrieb führen wir innerhalb von 7 Jahren zweimal die Feuerstättenschau, § 14 SchHwG, durch. Diese hoheitlichen Tätigkeiten sind an Gebühren gebunden!

Ihrem Einverständnis vorausgesetzt werde ich gerne in Ihrem Auftrag, die anfallenden freien Tätigkeiten/Arbeiten gemäß Feuerstättenbescheid möglichst fristgerecht in Ihrer/m Liegenschaft/Gebäude ausführen. Von der Versendung von Werksverträgen möchte ich momentan absehen.

Ich werde mit einem neuen Mitarbeiter, Herr D die Arbeit ab dem 01.01.2014 beginnen.

Ich bedanke mich im Vorfeld für Ihr Vertrauen und hoffe auf eine gemeinsame und gute Zusammenarbeit, so wie sie es von mir in der Vergangenheit gewohnt waren.

Mit freundlichen Grüßen.“

Der Beklagte hat sich nach Übernahme des Bezirkes V 06 nun seinerseits mit Schreiben vom 22.04.2015 dem Ehepaar L vorgestellt, wobei der Kläger insbesondere die Nennung seines Namens in dem Schreiben moniert:

„Sehr geehrte/r Hauseigentümer/in,

zum 01.12.2014 habe ich den Kehrbezirk V 06 von meinem Vorgänger Herrn L2 übernommen. Herr L2 hat den Kehrbezirk auf eigenen Wunsch abgegeben und ist als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger nicht mehr zuständig.

Im Rahmen der vergabefreien Tätigkeiten haben Sie sich für einen „freien Schornsteinfegerbetrieb“ entschieden und sind somit nach aktueller Rechtsgrundlage verpflichtet, gegenüber mir, erforderliche Nachweise zu erbringen.

Durch den Betrieb L2 wurden mir erforderliche Nachweise über vergabefreie Schornsteinfegerarbeiten zu Ihrem Gebäude übersandt.

Die durch den Betrieb L2 erbrachten Nachweise weise ich als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger auf Grund fehlerhaften und/oder unvollständigen Angaben an Sie zurück. Für besagte Nachweise erbitte ich eine vollständige Übersendung an meinen Betrieb bis zum 10.05.2015. Sollte mir für Ihr Gebäude kein vollständiger Nachweis übersandt werden, bin ich gezwungen den Kreis V zu informieren um zur Angelegenheit tätig zu werden.

Für Formblätter, die i. A. sowie i. V. unterschrieben wurden, erbitte ich eine schriftliche Niederschrift, aus der zu erkennen ist, dass die unterzeichnende Person tatsächlich berechtigt ist. Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an den Betrieb L2.

Mit freundlichen Grüßen.“

Der Beklagte führte bei den Zeugen I und C Feuerstättenschauen durch. Für diese Feuerstättenschauen kündigte sich der Beklagte jeweils als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger an.

Unter dem 12.03.2015 erließ er gegenüber der Zeugin C einen Feuerstättenbescheid. Nach der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides finden sich noch Hinweise. Diese lauten, soweit hier von Interesse:

„Die fristgerechte Durchführung der oben genannten Arbeiten ist mir, sofern diese Arbeiten nicht von mir oder meinen Mitarbeitern durchgeführt wurden, nach § 4 SchfHwG jeweils über ein Formblatt (s. Anlage 2 der Bundes-KÜO) innerhalb von 14 Tagen nach dem letzten Tag des festgesetzten Zeitraumes nachzuweisen. Der Nachweis ist erbracht, wenn mir das Formblatt vollständig zugegangen ist. Verantwortlich für die Übermittlung des Nachweises sind Sie als Eigentümer (§ 4 Abs. 3 S. 2 SchfHwG).


Sollten die gesetzlichen vorgeschriebenen Arbeiten durch meinen Betrieb durchgeführt werden, so entfällt die Rückmeldung über das beiliegende Formblatt für die Arbeitsausführung. Bei Fragen zum Feuerstättenbescheid oder zu den durchzuführenden Arbeiten stehe ich Ihnen gerne persönlich oder telefonisch zur Verfügung.“ (Fettdruck wie im Original)

Wegen der weiteren Einzelheiten des Feuerstättenbescheides wird auf den Tenor Bezug genommen.

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 17.06.2015 (Anlage K 3 zur Klageschrift, Blatt 10 ff. d. A.) ließ der Kläger den Beklagten abmahnen, was dieser über seine früheren Rechtsanwälte zurückweisen ließ.

Der Kläger behauptet, der Beklagte habe sich im Rahmen der Feuerstättenschau im März 2015 gegenüber der Hauseigentümerin, Zeugin C, im März 2015 in Bezug auf ihn sehr negativ geäußert, so dass bei der Zeugin der Eindruck entstanden sei, der Beklagte wolle den Kläger in Misskredit bringen. Der Beklagte habe u. a. geäußert, dass sich so einige Kunden negativ über ihn ausgelassen hätten.

Gegenüber den Zeugen I habe der Beklagte geäußert, er (der Kläger) habe Arbeiten nicht korrekt ausgeführt, die Unterlagen seien nicht in Ordnung, er habe falsche Nummern eingetragen, die Nachbarn seien auch unzufrieden. Dabei seien die Bemerkungen ausschließlich erfolgt, um ihn schlecht zu machen. Er meint, die getätigten Äußerungen stellten unwahre Tatsachenbehauptungen, eine gezielte Behinderung und Herabsetzung des Klägers dar.

Auch die Bemerkungen über den Kläger in dem Schreiben vom 22.04.2015 stellten eine gezielte Behinderung dar. In dem Schreiben befinde sich der versteckte Vorwurf, dass sich die Kunden einen „freien Schornsteinfegerbetrieb“ ausgesucht hätten. Sie gerieten in Rechtfertigungszwang, wenn sie nicht den hoheitlich beliehenen, sondern einen freien Schornsteinfeger mit der Ausführung der Arbeiten beauftragten. Damit habe der Beklagte unsachlichen Druck auf die Kunden ausgeübt. Es sei auch nicht erforderlich mitzuteilen, wer vor dem Beklagten zuständig gewesen sei. Die Nennung sei geeignet, den Wettbewerb zu seinen Ungunsten zu beeinträchtigen. Die Nennung seines Namens verletze auch sein allgemeines Persönlichkeitsrecht. Durch das Schreiben werde weiter der Eindruck geweckt, dass der Kläger insgesamt – auch für privatwirtschaftliche Schornsteinfegerarbeiten – nicht mehr zuständig sei.

Insbesondere älteren Grundstückseigentümern sei die Trennung zwischen hoheitlichen Schornsteinfegerarbeiten und privatwirtschaftlichen Schornsteinfegertätigkeiten noch nicht so geläufig, da sie es jahrelang erlebt hätten, dass alle Schornsteinfegertätigkeiten von dem einen für sie zuständigen Bezirkschornsteinfegermeister ausgeführt wurden.

Dass der Beklagte versuche, seine privatwirtschaftliche Tätigkeit durch Abwerbung zu fördern, werde auch durch den Hinweis auf dem Feuerstättenbescheid deutlich, mit dem suggeriert werde, dass es Vorteile mit sich bringe, den Beklagten auch für die privatwirtschaftlichen Tätigkeiten zu beauftragen. Die optische Hervorhebung des nochmals erfolgten Hinweises sei zu Werbezwecken erfolgt.

Mit dem Klageantrag zu 5. macht der Kläger, der die Abmahnung als berechtigt ansieht, einen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BGB geltend (1,3-fache Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 € zuzüglich einer Kosten- und Telekommunikationspauschale von 20,00 €).

Der Kläger beantragt (unter Ergänzung der ursprünglichen Klageanträge),

I. den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs,

1. gegenüber Grundstückseigentümern wörtlich oder sinngemäß nachfolgende Behauptungen in Bezug auf den Kläger und dessen Arbeitsweise in anderen Liegenschaften aufzustellen oder aufstellen zu lassen und/oder zu verbreiten oder verbreiten zu lassen:

a) Arbeiten wurden nicht korrekt durchgeführt.
b) Unterlagen waren nicht in Ordnung. Es waren falsche Nummern

eingetragen.

c) Die Nachbarn sind auch unzufrieden.

wie geschehen am 25.02.2015 in G gegenüber den Eheleute I.

d) Es haben sich so einige Nachbarn über den Kläger negativ ausgelassen.

wie geschehen am 12.03.2015 in G gegenüber Frau C.

2. Auf hoheitlich veranlasstem Schreiben darauf hinzuweisen, dass der Kunde bei Beauftragung des Betriebes des Beklagten mit vergabefreien Schornsteinfegerarbeiten keine Formblätter mehr verschicken müsse, insbesondere, wenn dies geschieht, wie in dem Bescheid vom 12.03.2015, Anlage K 7 zur Klageschrift;

3. auf hoheitlich veranlasstem Schreiben den Namen des Klägers zu nennen, wenn dies einen Zeitraum nach dem 30.11.2014 betrifft, insbesondere, wenn dies mit dem Hinweis geschieht, dass der Kläger den Kehrbezirk auf eigenen Wunsch abgegeben hat und als bev. Bezirksschornsteinfeger nicht mehr zuständig ist, wie geschehen in dem Schreiben vom 22.04.2015, Anlage K 2 zur Klageschrift.

II. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihm aus den unter Ziffer I. 1. – 3. wiedergegebenen Handlungen entstanden ist und/oder künftig noch entstehen wird,

III. ferner, den Beklagten zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, welche Aufträge er in Folge der unter Ziffer I. 1 – 3 beschriebenen Handlungen akquiriert hat und welchen Gewinn er daraus erzielt hat,

IV. Den Beklagten ferner zu verurteilen, an ihn 745,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, er sei gegenüber den Zeugen jeweils nur als hoheitlich bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger im Zuge einer Feuerstättenschau aufgetreten und nicht als Wettbewerber des Klägers tätig geworden. Bezüglich der hoheitlichen Arbeiten sei aber kein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien ersichtlich.

Zwar sei es zutreffend, dass sich der Beklagte gegenüber dem Zeugen I eingelassen habe, dass der Kläger seine Arbeiten nicht korrekt durchgeführt habe. Er habe aber keine unwahren, irreführenden, herablassende oder nicht erweisliche Tatsachenbehauptungen getätigt.

Unstreitig waren in den vom Kläger zuvor ausgestellten Bescheinigungen falsche bzw. unkorrekte Leistungsdaten für die Feuerstelle und auch ein falschen bzw. unkorrektes Baujahr des Ofens vermerkt. In dem Formblatt waren Abgasklappen gezeichnet, welche als „in Ordnung“ definiert wurden, jedoch in beiden Heizungsanlagen überhaupt nicht vorhanden waren.

Der Beklagte meint daher, es liege kein „Schlechtmachen“ vor, sondern bloß die Mitteilung einer durch den Kläger schlecht durchgeführten Leistung.

Bei dem Schreiben an die Eheleute L handele es sich nicht um pauschales Vorstellungsschreiben an die Feuerstättenbetreiber seines Kehrbezirkes. Es sei erforderlich gewesen, dass er zum Nachweis seiner Handlungskompetenz darlegt, wer er ist und von wem er diese Kompetenz übernommen habe, um den Wechsel der Zuständigkeit anzuzeigen. Es liege völlig im Rahmen der Üblichkeit und Höflichkeit, dass zunächst eine Vorstellung zu Informationszwecken und zum Nachweis der Zuständigkeit erfolge. Der Kläger habe mit seinem Vorstellungsschreiben in gleichem Maße im Zuge der seinerzeitigen Übernahme des Kehrbezirkes gehandelt. Das insoweit gerügte Handeln sei gemäß § 242 BGB widersprüchlich und bereits deswegen abzuweisen. Dies gelte auch für die von dem Kläger selbst versendeten Feuerstättenbescheide, in denen sich ebenfalls ein Hinweis auf den Entfall des Formblattnachweises für den Fall der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeiten durch den Betrieb des Bezirksschornsteinfegers befindet.

Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beschlusses der Kammer vom 27.04.2016 (Blatt 102 d. A.) durch Vernehmung der Zeugen  I sowie C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.09.2016 (Blatt 107 ff. d. A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 27. 4. 2016 sowie 7.9.2016 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur in erkanntem Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

I. Der Klageantrag zu I. 2. ist begründet. Der Kläger kann den Beklagten mit Erfolg gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch nehmen, weil eine unlautere Wettbewerbshandlung vorliegt..

1. Das Bestehen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruches ist nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht zu beurteilen, im Streitfall also nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 in der seit dem 10.12.2015 geltenden Fassung. Soweit ein Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, besteht er allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch schon zur Zeit seiner Begehung wettbewerbswidrig war (BGH GRUR 2009,173). Maßgebend ist insoweit das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der vom 29.12.2008 bis zum 9.12.2015 geltenden Fassung. Allerdings ist mit der Gesetzesänderung zum 10.12.2015 keine für den Streitfall bedeutsame Änderung des materiellen Regelungsgehaltes des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verbunden.

2. Die Gestaltung des beanstandeten Feuerstättenbescheides ist nach der Generalklausel des § 3 UWG alter und neuer Fassung unlauter. Mit dem Inhalt des letzten Absatzes der Hinweise vermengt der Beklagte, Mitbewerber des Klägers, in unzulässiger Weise die Funktion als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger mit privatwirtschaftlicher Tätigkeit. Dabei ist zwar anzuerkennen, dass ein isolierter Hinweis auf den Entfall der Notwendigkeit, ein Formblatt zu übersenden, wenn die Arbeiten von dem Beklagten durchgeführt werden, schlicht der Gesetzeslage entspricht (§ 4 Abs. 1 S. 1 SchfHwG) und damit nicht zu beanstanden ist. Der Bereich des erlaubten wird jedoch verlassen, wenn daran anknüpfend auch für privatwirtschaftliche Tätigkeiten geworben wird.

So liegt es bei dem durch den einheitlichen Fettdruck verklammerten Hinweis, auch für Fragen zu „durchzuführenden Arbeiten“ zur Verfügung zu stehen. Mit dieser Gestaltung wird die vom Gesetzgeber geschaffene Situation, dass dieselbe Person sowohl als Beliehener  als auch privatwirtschaftlich in Konkurrenz mit anderen Schornsteinfegern in dem übertragenen Bezirk tätig werden kann, über Gebühr ausgenutzt. Dabei wird nicht verkannt, dass bei der Durchführung privatwirtschaftlicher Arbeiten und hoheitlicher Tätigkeiten als Beliehener in „Personalunion“ stets die Gefahr besteht, dass Berührungspunkte zwischen diesen beiden Bereichen bestehen. Ferner wird der Beliehene regelmäßig schon einen Wettbewerbsvorsprung dadurch haben, dass er bei seinen hoheitlichen Tätigkeiten mit den potenziellen Kunden für die privatwirtschaftlichen Arbeiten in Kontakt kommt. Diese wiederum werden häufig geneigt sein, den Beliehenen auch für die privatwirtschaftlichen Tätigkeiten zu beauftragen, sei es aus Bequemlichkeit, sei es, weil der jeweilige Beliehene ihnen kompetent erscheint oder sei es das Kalkül, dass derjenige, welcher die Arbeiten ausführt, diese nicht - wenn auch in anderer Funktion - bei einer Prüfung beanstanden wird. Die so beschriebene Situation ist Folge der Gesetzeslage. Wohl nicht als unlauter dürfte es zu bewerten sein, wenn der Beliehene während einer Feuerstättenschau auf die Möglichkeit der Durchführung der privatwirtschaftlichen Arbeiten angesprochen wird und dann darauf positiv reagiert, ohne dabei den Eindruck zu erwecken, die privatwirtschaftlichen Tätigkeiten könnten nur durch ihn erbracht werden. Demgegenüber liegt ein unlauteres Handeln vor, wenn die „Personalunion“ dazu genutzt wird, die jeweiligen Eigentümer aktiv zu umwerben, wie es vorliegend der Fall war.

In einer ähnlichen Konstellation hat das OLG Celle (GRUR-RR 2004,374) entschieden, dass eine Stadt, die private Grabpflegearbeiten anbietet, sich gegenüber den privaten Gärtnereien einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil verschafft, wenn sie Hinterbliebenen, die die städtische Friedhofsverwaltung wegen des“ Kaufs“ einer Grabstelle aufsuchen müssen, Grabpflegeleistungen durch ihre Mitarbeiter in denselben Räumen anbietet (vgl. auch Landgericht Aurich, Urteil vom 12.2.2012, Az. 6 O 17/12 = Beck RS 2016,07383, allerdings unter dem Gesichtspunkt der Irreführung).

3. Es kann dahinstehen, ob nach § 3 Abs. 1 UWG n. F. eine Prüfung der Spürbarkeit erforderlich ist (vgl. hierzu Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Auflage, § 3, Rn. 2.20). Denn die Voraussetzungen, auch des § 3 OWiG a. F., liegen insofern unzweifelhaft vor.

II. Damit stehen dem Kläger auch die weiteren auf den vorstehenden Unterlassungsanspruch bezogenen tenorierten Folgeansprüche zu.

III. Im übrigen ist die Klage unbegründet.

1. Soweit der Kläger von dem Beklagten die Unterlassung begehrt, seinen Namen zu nennen, wie geschehen in dem Schreiben vom 22.04.2015, kann ein wettbewerbswidriges Verhalten nicht festgestellt werden. Eine Verunglimpfung oder Herabsetzung im Sinne des §§ 4 Nr. 7 UWG n.F. liegt ersichtlich nicht vor. Auch eine Unlauterkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG ist nicht gegeben. Das Gericht sieht vielmehr in dem Vorstellungsschreiben des Beklagten mit Nennung des Vorgängers einen normalen Vorgang im Rahmen der Übernahme des Bezirkes. Anders als der Kläger dies geltend macht, wird auch nicht der Eindruck erweckt, der Beklagte sei nun insgesamt für alle Tätigkeiten, mithin auch die privatwirtschaftlichen, allein zuständig. Vielmehr wird im 3. Satz des Schreibens auf „vergabefreie Tätigkeiten“ Bezug genommen.

2. Ein Wettbewerbsverstoß kann auch nicht im Hinblick auf die beanstandeten Äußerungen gegenüber Grundstückseigentümern festgestellt werden.

a) Soweit der Kläger einen Wettbewerbsverstoß darin sieht, der Beklagte habe erklärt, Arbeiten sei nicht korrekt durchgeführt worden und Unterlagen seien nicht in Ordnung,es seien falsche Nummern eingetragen gewesen, trägt dies nicht. Denn im Hinblick auf den Fall der Zeugen I hat der Beklagte unwidersprochen konkret vorgetragen, dass tatsächlich solche Fehler in den Unterlagen vorlagen. Dem Beklagten kann es in seiner Funktion als Beliehener auch nicht verwehrt sein, fehlerhafte Arbeiten im Rahmen seiner Prüfungsaufgabe zu rügen.

Die Zeugen I haben die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe geäußert, die Nachbarn seien auch unzufrieden, nicht bestätigt. Der Zeuge I hat bekundet, der Beklagte habe gesagt, dass auch schon mehrere Klagen aus der Nachbarschaft gekommen seien, hierbei habe er von unkorrekten Arbeiten gesprochen. Diese Äußerung geht zwar in die Richtung der mit dem Klageantrag beanstandeten Äußerung ist mit dieser aber nicht identisch, so dass insofern eine Verurteilung nicht erfolgen kann.

Die Zeugin I konnte nicht mehr sicher sagen, welche Äußerung im Zusammenhang mit der Nachbarschaft gefallen war. Sie hielt es für möglich, dass eine Formulierung dahin gefallen ist „dass das in der Nachbarschaft auch nicht gut funktioniert habe“  aber auch, dass die Formulierung dahin ging, „dass man in der Nachbarschaft auch nicht zufrieden sei „. Dies reicht für die notwendige Überzeugung, dass die Äußerung in einem bestimmten Sinn gefallen ist, nicht aus.

b) Hinsichtlich der behaupteten Äußerung, es hätten sich so einige Nachbarn über den Kläger negativ ausgelassen, kann bereits nicht festgestellt werden, dass diese Äußerung gegenüber der hierzu benannten Zeugin C getätigt wurde. Die Zeugin hat bekundet, es habe bei dem Gespräch mit dem Beklagten schon Äußerungen gegeben, dass, was den Bezirk anginge, einiges nicht so konform gelaufen sei. Ferner, dass es bei Überprüfungen bei anderen Kunden auch „nicht so gewesen sein soll“. Damit hat sie die obige Behauptung des Klägers nicht bestätigt. Die Bekundungen der Zeugin liegen auch vom Sinn her anders. Es macht einen Unterschied, ob eine Kritik an der Geschäftsführung des Vorgängers formuliert oder weitergetragen wird, dass sich andere Nachbarn negativ äußerten.

Die Überzeugung, dass der Beklagte sich gegenüber der Zeugin C wie behauptet äußerte, kann auch nicht unter Berücksichtigung der Gesprächsnotiz (Anl. K1 zur Klageschrift, Bl. 8 der Akten) gewonnen werden. Denn hierzu hat die Zeugin erklärt, sie habe in dem Gesprächsbericht die Erklärungen nur sinngemäß wiedergegeben. Damit besteht keine hinreichende Sicherheit, dass die Äußerung tatsächlich wie behauptet gefallen ist. Im Übrigen blieb auch unklar, ob der Gesprächsbericht tatsächlich, wie von der Zeugin bekundet, „zeitnah“ nach dem Geschehen verfasst wurde. Denn er datiert auf den 15.4.2015.

3. Die Kosten der Abmahnung stehen dem Kläger nicht gemäß § 12 Abs.1 S. 2 UWG zu. Soweit die Klage hinsichtlich des beanstandeten Bescheides Erfolg hatte, war dieser Punkt nicht Gegenstand der Abmahnung vom 17.6.2015. Im Übrigen blieb die Klage ohne Erfolg, so dass auch die entsprechenden Unterlassungsbegehren in dem Abmahnschreiben nicht zu einer Erstattungspflicht führen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91,92 ZPO. Ausgehend von einem Streitwert von 15.000 EUR (jeweils 5000 EUR für die Anträge zu I.1., I.2. Und I.3. nebst den entsprechenden Folgeanträgen) waren die Kosten des Rechtsstreits zu 2/3 dem Kläger aufzuerlegen, nachdem die Klage zu diesem Anteil keinen Erfolg hatte.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709, 708 Nr. 11,711 ZPO.