Gutachten eines Immobilien-Sachverständigen enthält idR. personenbezogene Daten
Leitsatz
Gutachten eines Immobilien-Sachverständigen enthält idR. personenbezogene Daten
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2. sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Sachverhalt
Der Kläger begehrt die Aufhebung eines datenschutzrechtlichen Bescheides des Beklagten, mit dem er angewiesen wird, dem Beigeladenen zu 1. eine Kopie eines Sachverständigengutachtens des Beigeladenen zu 2. zukommen zu lassen.
Der Kläger beauftragte im Zusammenhang mit der Errichtung eines Pflegeheims in C-Stadt in der W- Straße X das Sachverständigenbüro des Beigeladenen zu 2. mit der Erstellung eines Gutachtens über den bau- und funktionstechnischen Gebäudezustand im Hinblick auf vorhandene Schäden am Nachbargebäude in der W-Straße Y in C-Stadt, das im Eigentum des Beigeladenen zu 1. steht. An einem Termin zur Begehung des Objekts am 16. Juli 2018 nahmen ein Mitarbeiter des Sachverständigenbüros des Beigeladenen zu 2. und der Beigeladene zu 1. teil. Im Nachgang wurde das Gutachten erstellt, welches auf den 13. August 2018 datiert ist. Laut Deckblatt liegt das Gutachten dem Kläger als PDF-Ausfertigung vor. Nachdem der Kläger das Begehren des Beigeladenen zu 1. auf Übersendung des Gutachtens mit Schreiben vom 15. Oktober 2018 (mit Ausnahme der Übersendung des Deckblatts und der Seiten 3 und 57 des Gutachtens) zurückgewiesen hatte, bat der Beigeladene zu 1. den Beklagten per Email vom 28. Oktober 2018 um Unterstützung und führte dabei aus, er habe die Zustimmung zur Einholung des Gutachtens nur unter der Maßgabe erteilt, dass ihm eine Kopie des Gutachtens zukommen werde.
Nach Anhörung des Klägers wies der Beklagte diesen mit Bescheid vom 25. Juni 2019 – zugestellt am 29. Juni 2019 – unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und der Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,- Euro an, dem Beigeladenen zu 1. eine Kopie der erhobenen Beweissicherung und Zustandserfassung des Gebäudes zukommen zu lassen. Zur Begründung verwies der Beklagte auf Art. 58 Abs. 2 Buchst. c und Art. 15 Abs. 3 DS-GVO. Es handele sich bei dem Gutachten um personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DS-GVO. Die DS-GVO unterscheide nicht nach der Sensibilität der Information. Maßgeblich sei allein, ob die jeweilige Information sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehe. Personenbezug liege vor, wenn zwischen der Information und der Person eine Verbindung hergestellt werden könne, d.h. wenn die Person direkt über die Information identifiziert werden könne oder durch Hinzuziehung weiterer Informationen oder Zwischenschritte oder Zusatzwissen identifizierbar sei. Ob von der bestehenden Möglichkeit der Verknüpfung Gebrauch gemacht werde, sei unerheblich. Dass in dem Gutachten ein Personenbezug zu dem Beigeladenen zu 1. hergestellt werden könne, stehe eindeutig fest, was sich auch aus dem Zweck der Einholung ergebe. Folglich stelle das komplette Gutachten ein personenbezogenes Datum dar, das beauskunftet werden müsse. Das Recht auf Übersendung einer Kopie ergebe sich aus Art. 15 Abs. 3 DS-GVO.
Der Kläger hat am 6. Juli 2019 einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes an das Verwaltungsgericht Schwerin gerichtet, mit dem Ziel, die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen. Diesem Antrag wurde mit Beschluss vom 14. Oktober 2019 – 1 B 1223/19 SN – stattgegeben.
Der Kläger hat am 26. Juli 2019 die streitgegenständliche Klage erhoben.
Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, dass das Gutachten keine Verarbeitung personenbezogener Daten beinhalte, da ausschließlich der Zustand des Gebäudes zum Zwecke der Beweissicherung dargestellt werde. Es enthalte keine Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare Person beziehen würden. Der Beigeladene zu 1. werde in dem Gutachten nicht erwähnt. Auf dem Deckblatt sowie auf den Seiten 3 und 57 sei lediglich das Wort „Eigentümer“ des zu begutachtenden Objekts genannt, ohne namentliche Nennung der Person des Eigentümers. Diese drei Seiten seien an den Beigeladenen zu 1. herausgegeben worden. Auch unter Berücksichtigung von Art. 8 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und einer weiten Auslegung der zu schützenden personenbezogenen Daten seien nicht sämtliche Daten schon dann als personenbezogene Daten anzusehen, wenn eine direkte oder indirekte Verknüpfung mit einer natürlichen Person dem Grund nach vorstellbar sei. Vielmehr sei die Trennung zwischen sachbezogenen und personenbezogenen Daten zu beachten. Zwar habe der Beigeladene zu 1. der Erstellung des Gutachtens zugestimmt.
Dies führe jedoch nicht dazu, dass das Gutachten personenbezogene Daten enthalte. Diese Frage sei allein an der Definition des Art. 4 Nr. 1 DS-GVO zu messen. Die in der Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob neben dem Auskunftsanspruch ein eigenständiger Anspruch auf Herausgabe einer Kopie bestehe, könne dahinstehen. Entscheidend sei, dass der Auskunftsberechtigte über den Bedeutungsgehalt der über ihn verarbeiteten Daten in Kenntnis gesetzt werde. Diese Information hätten der Beklagte und der Beigeladene zu 1. erhalten. Zwar könne das Gutachten eindeutig einem Objekt zugeordnet werden; dass das Objekt – etwa durch Einholung eines Grundbuchauszugs – einem Eigentümer zugeordnet werden könne, führe jedoch nicht dazu, dass das Gutachten eine Verknüpfung mit personenbezogenen Informationen darstelle. Das Gutachten enthalte auch keine Sachinformation, mit der gleichfalls eine Aussage zur Person des Eigentümers getroffen werde.
Die bloße Erwähnung reiche nicht aus. Vielmehr würden reine Sachdaten vorliegen, wenn sie von Anfang an unabhängig von einer Person verarbeitet worden seien. Das gelte auch dann, wenn sie sich auf eine Person beziehen ließen. Jedenfalls sei ein Anspruch ausgeschlossen, da das Gutachten dem Urheberschutz unterliege und eine Veröffentlichung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers möglich sei. Eine solche Genehmigung habe der Beigeladene zu 2. nicht erteilt, was aus einer schriftlichen Mitteilung vom 2. September 2019 hervorgehe. Die für den Urheberrechtsschutz notwendige schöpferische Höhe erreiche das Gutachten. Näherer Vortrag könne aber nicht getätigt werden, da dies einer Erfüllung des Auskunftsanspruchs gleichkäme. Weiterhin sei nicht auszuschließen, dass sich der Beigeladene zu 1. nur deshalb an den Beklagten gewandt habe, um an Beweismittel zu gelangen, die die Erfolgsaussichten eines Schadensersatzanspruchs verbessern könnten.
Bei einer Missbrauchsgefahr bestehe kein Herausgabeanspruch, da die Rechte aus Art. 15 DS-GVO nicht zu einem anderen Zweck als dem Datenschutz gebraucht werden dürften. Da sich der Beklagte nicht mit etwaigen Ausnahmetatbeständen auseinandergesetzt und auch keine Interessenabwägung vorgenommen habe, liege keine ermessensfehlerfreie Entscheidung vor. Zudem sei der Beigeladene zu 1. bereits im Besitz der Informationen. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass es sich um sein Eigentum handle und er dieses jederzeit in Augenschein nehmen könne. Weiter sei der Beigeladene zu 1. bei der Begehung anwesend gewesen. Er habe daher mitbekommen, was der Beigeladene zu 2. aufgenommen bzw. auf seinem Diktiergerät für die Erstellung des Gutachtens erfasst habe. Entsprechend entfalle mit dem Erwägungsgrund 62 der DS-GVO die Pflicht zur Auskunft. Da der Kläger zudem nicht vor Erstellung des Gutachtens geäußert habe, dass er eine Kopie ausgehändigt haben wolle, sei der Anspruch verwirkt.
Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 2019 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, es sei der extensiven Auffassung zu folgen, dass aus Art. 15 Abs. 3 DS-GVO ein Anspruch auf Kenntnis über die vollständige Darstellung der Daten bestehe und sich der Anspruch nicht auf eine Übersicht der Information beschränke, wofür der Wortlaut der Vorschrift spreche. Soweit in Art. 15 Abs. 3 DS-GVO der Begriff der „Kopie“ eingeführt worden sei, handele es sich nicht um ein vollumfängliches Akteneinsichtsrecht. Jedoch müsse durch eine Kopie des nicht weiter aufbereiteten Rohmaterials die betroffene Person erkennen können, in welcher Form alle sie betreffenden personenbezogenen Daten beim Verantwortlichen vorliegen würden.
Die einschränkende Auslegung verkenne, dass schon nach Art. 12 Abs. 1 DS-GVO der betroffenen Person eine Kopie der aufbereiteten Übersicht zur Verfügung gestellt und der Anspruch nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO von Art. 12 DS-GVO abgegrenzt werden müsse. Jedenfalls sei auch nach der restriktiven Ansicht die Auskunft unzureichend erteilt worden, da diese nicht von einem inhaltlichen Minus der mitzuteilenden Daten ausgehe, sondern lediglich davon, dass kein Anspruch auf das Rohmaterial bestehe. Die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen würden auch personenbezogene Daten darstellen, da sie sich auf eine identifizierbare Person beziehen würden, was insoweit nach dem Erwägungsgrund 26 der DS-GVO ausreiche. Es handele sich auch nicht um rein objektbezogene Daten, da in dem Gutachten der Zustand eines Gebäudes beschrieben sei, das eindeutig einer Person zugeordnet werden könne. Soweit bei der Abgrenzung zwischen personenbezogenen und reinen Sachdaten darauf abgestellt werde, ob bei der Information alternativ ein Inhalts-, Zweck- oder Ergebniselement vorhanden sei, müsse festgestellt werden, dass hier alle drei Elemente verwirklicht seien.
Der Anordnung hätten auch keine Gründe nach Art. 15 Abs. 4 DS-GVO und insbesondere nicht das Urheberrecht entgegengestanden. Das Gutachten erreiche nicht die für den Urheberrechtsschutz erforderliche Schöpfungshöhe nach § 2 Abs. 2 UrhG. Gegen das Vorliegen eines Urheberrechts spreche auch, dass der Mitarbeiter des Beigeladenen zu 2. anlässlich der Begehung des Gebäudes darauf hingewiesen habe, dass der Kläger darüber entscheiden müsse, ob Kopien des Protokolls und/oder des Gutachtens zur Verfügung gestellt werden und sich nicht auf ein Urheberrecht berufen habe. Der Kläger habe dieses im Übrigen erst im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht. Es sei daher davon auszugehen, dass der Beigeladene zu 2. zumindest mit einer einmaligen Vervielfältigung einverstanden sei, um es dem Beigeladenen zu 1. zur Verfügung zu stellen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 2. eine Abrede dahingehend getroffen worden sei, dass das Gutachten nur mit ausdrücklicher Genehmigung vervielfältigt werden dürfe. Hiergegen spreche, dass der Vertrag zwischen dem Beigeladenen zu 2. und dem Kläger nach deren Auskunft nur mündlich geschlossen und das Gutachten ferner als PDF-Dokument übersandt worden sei, somit schon bei einer alltäglichen Verarbeitung regelmäßig mehrfach vervielfältigt werde. Zudem sei es dem Beigeladenen zu 2. ersichtlich gewesen, dass das Gutachten nur unter freiwilliger Mitwirkung des Beigeladenen zu 1. zustande gekommen sei und dieser bei dem Begehungstermin um eine Kopie gebeten habe.
Dem stehe auch die Erklärung des Beigeladenen zu 2. vom 2. September 2019 nicht entgegen. Schließlich sei der Anspruch nur im Falle einer Kollisionslage ausgeschlossen, für die der Kläger die Beweislast trage. Es sei dem Kläger zumutbar gewesen, bei dem Beigeladenen zu 2. die Zustimmung zur Weitergabe einzuholen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beigeladene zu 1. die Einwilligung zur Verarbeitung personenbezogener Daten nach eigener Einlassung deshalb erteilt habe, weil der Kläger die Überlassung einer Kopie des Gutachtens zugesichert habe, so dass mögliche Interessen des Klägers an einer Geheimhaltung zurückstehen müssten und das Handeln des Beigeladenen zu 1. nicht rechtsmissbräuchlich erscheine. Denn nur aufgrund der Mitwirkung des Beigeladenen zu 1. und der erteilten Zustimmung habe der Kläger bzw. der Beigeladene zu 2. im Auftrag des Klägers die Daten erheben können. Insoweit sei zu beachten, dass der Kläger den Nachweis dafür erbringen müsse, dass der Beigeladene zu 1. seine Zustimmung erteilt habe und sämtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen hierfür vorliegen würden. Die Anordnung sei schließlich ermessensfehlerfrei ergangen.
Der Beigeladene zu 1. stellt keinen Antrag.
Der Beigeladene zu 2. stellt keinen Antrag.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beigeladene zu 2. – vertreten durch einen Mitarbeiter – auf Nachfrage des Gerichts erklärt, dass er die Rechte an dem Gutachten nach dessen Erstellung an den Auftraggeber übertrage. Er gehe davon aus, dass sich der Auftraggeber bei Interessen Dritter an das Büro wende und sich die Freigabe für eine Herausgabe erteilen lasse; in der Regel werde dann eine solche Freigabe durch das Büro auch erteilt. Bezogen auf den konkreten Fall teilte er mit, dass er davon ausgehe, dass eine solche Freigabe erteilt werden könne. Dies setze aber eine konkrete Anfrage des Klägers als Auftraggeber voraus. Zudem würden derartige und das konkrete Gutachten mit einem „Tunnelblick“ erstellt. Dies bedeute, dass ausschließlich die objektive fachliche Aufnahme der relevanten Objektbegebenheiten erfolge. Auch seien vorliegend weder Bewertungen zu Schadensursachen noch Maßnahmen hiergegen Bestandteil des Gutachtens.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Gerichtsakte des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens - 1 B 1223/19 SN - und auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage hat keinen Erfolg.
II.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 2019 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Ermächtigungsgrundlage für die angefochtene Verfügung ist Art. 58 Abs. 2 Buchst. c i.V.m. § 15 Abs. 3 DS-GVO. Der Anwendungsbereich der DS-GVO ist gemäß Art. 2 und Art. 3 DS-GVO eröffnet.
Die Verordnung gilt gemäß Art. 2 Abs. 1 DS-GVO für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Die Tätigkeit muss gemäß Art. 3 DS-GVO auch innerhalb der EU erfolgen. Diese tatbestandlichen Anforderungen sind vorliegend gegeben.
a. Es sind personenbezogene Daten des Beigeladenen zu 1. im Sinne der Definition in Art. 4 Nr. 1 Satz 1 DS-GVO betroffen.
aa. Personenbezogene Daten sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Dem Begriff der personenbezogenen Daten ist eine weite Bedeutung beizumessen. Er ist nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt, sondern umfasst potenziell alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur.
Unter die Vorschrift fallen daher im Kontext verwendete persönliche Informationen, die sich direkt oder indirekt auf eine Person beziehen. Darunter zählen Identifikationsmerkmale (zum Beispiel: Name, Anschrift, IP-Adresse etc.), äußere Merkmale (zum Beispiel: Größe, Haarfarbe, etc.), innere Zustände (zum Beispiel: Gedanken, Gefühle, etc.) sowie sachliche Informationen zu Vermögens- und Eigentumsverhältnissen, Kommunikations- und Vertragsbeziehungen sowie alle Beziehungen der betroffenen Person zu Dritten und ihrer Umwelt (vgl. Kühling/Buchner/Klar/Kühling, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 4 Abs. 1 Rn. 8-10; Paal/Pauly/Ernst, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 4 Rn. 14; OLG Köln, Urteil vom 26. Juli 2019 – I-20 U 75/18, Rn. 304, juris; AG Bonn, Urteil vom 30. Juli 2020 – 118 C 315/19, BeckRS 2020, 19548 Rn. 15).
Auch solche Aussagen, die eine subjektive und/oder objektive Einschätzung zu einer identifizierten oder identifizierbaren Person liefern, weisen einen Personenbezug auf (vgl. Kühling/Buchner/Klar/Kühling, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 4 Abs. 1 Rn. 10; Paal/Pauly/Ernst, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 4 Rn. 14; OLG Köln, Urteil vom 26. Juli 2019 - 20 U 75/18, BeckRS 2019, 16261 Rn. 60-62; AG Bonn, Urteil vom 30. Juli 2020 – 118 C 315/19, BeckRS 2020, 19548 Rn. 15). Fotos vom nichtöffentlichen Gebäudeinneren stellen ebenfalls personenbezogene Daten dar. Durch sie werden Einblicke in teils private Lebensbereiche, Wohnsituation und auch die persönlichen Lebensumstände des Betroffenen gegeben, welche sonst nicht und allenfalls - wenn überhaupt - von wenigen Personen vor Ort eingesehen werden könnten. Sie werden tendenziell der Privatsphäre und somit einem besonders schützenswerten Bereich des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zugeordnet (vgl. BGH, Urteil vom 09. Dezember 2003 – VI ZR 373/02, NJW 2004, 762, 763; OLG Saarbrücken, Urteil vom 17. Juni 2015 – 5 U 56/14, juris Rn. 25; OLG Köln, Urteil vom 18. April 2019 – 15 U 215/18, juris Rn. 27).
bb. Abzugrenzen von den personenbezogenen Daten sind Sachdaten. Sachdaten liegen vor, wenn sich die Informationen ausschließlich auf eine Sache beziehen, es mithin an dem Zusammenhang zu einer Person fehlt (vgl. BeckOK DatenschutzR/Schild, 34. Ed. 1. November 2020, DS-GVO Art. 4 Rn. 22). Dabei ist jedoch zu beachten, dass Informationen über eine Sache aufgrund bestimmter individualisierender Identifikationsmerkmale, des Detaillierungsgrads oder der Einzigartigkeit der Sache dennoch einen Bezug zu einer Person aufweisen können und daher trotzdem ein personenbezogenes Datum vorliegt (vgl. Kühling/Buchner/Klar/Kühling, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 4 Abs. 1 Rn. 13).
cc. Die Abgrenzung zwischen Sachdatum und personenbezogenem Datum kann nach dem Europäischen Gerichtshof anhand eines kontextbezogenen Ansatzes vorgenommen werden (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 – C-434/16, NJW 2018, 767 Rn. 35 ff.; vgl. Kühling/Buchner/Klar/Kühling, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 4 Abs. 1 Rn. 14). Demnach kann der Personenbezug aus einem Inhalts-, Zweck- oder Ergebniselement, einer Kombination einzelner Elemente oder der Verwirklichung aller Elemente resultieren (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 – C-434/16, NJW 2018, 767 Rn. 35 ff; Ehmann/Selmayr/Klabunde, DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 10).
Das Inhaltselement ist verwirklicht, wenn direkte oder indirekte Informationen über eine Person gegeben werden. Ein direkter Personenbezug besteht, wenn Aussagen über eine Person getroffen werden, der indirekte Personenbezug ist anzunehmen, wenn Beziehungsaussagen getätigt werden; zum Beispiel bei einer Aussage über den Wert einer Immobilie. Hier bezieht sich die Aussage formal auf das Objekt, sie bezieht sich aber zugleich auf den Eigentümer des Objekts, da die originär sachbezogene Information mit einer Kennziffer in Form der Georeferenzierung versehen ist. Dadurch wird ein Bezug zu dem Lebensbereich einer konkreten Person hergestellt (vgl. Ehmann/Selmayr/Klabunde, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 4 Rn. 10; Kühling/Buchner/Klar/Kühling, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 4 Abs. 1 Rn. 13, 14; BeckOK DatenschutzR/Schild, 34. Ed. 01. November 2020, DS-GVO Art. 4 Rn. 24; Krügel, ZD 2017, 455 (457)).
Ein Zweckelement ist gegeben, wenn durch die Informationen die Beurteilung, Behandlung oder Beeinflussung einer Person möglich wird. Dies wird insbesondere angenommen, wenn verschiedene Informationen verknüpft werden, um etwa Muster zu erkennen und entsprechende Analysen zu erstellen, anhand derer die Interaktion mit einer Person erfolgt (vgl. Ehmann/Selmayr/Klabunde, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 4 Rn. 10; Kühling/Buchner/Klar/Kühling, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 4 Abs. 1 Rn. 14).
Das Ergebniselement ist verwirklicht, wenn – auch unabhängig von einem Inhalts- oder Zweckelement – die Möglichkeit besteht, dass sich die Angabe auf die Rechte und Interessen einer konkreten Person auswirken kann, so etwa bei Informationen über die wirtschaftliche Nutzung und Verwertung von Immobilien (vgl. Kühling/Buchner/Klar/Kühling, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 4 Abs. 1 Rn. 14; Ehmann/Selmayr/Klabunde, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 4 Rn. 10).
Die Ansicht des Klägers, dass ein Sachdatum auch dann vorliege, wenn sich die Information auf ein Objekt beziehe und erst durch Zwischenschritte eine Verknüpfung mit einer natürlichen Person hergestellt werden könne, widerspricht den dargelegten Grundsätzen und insbesondere der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und ist daher abzulehnen. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass in bestimmten Fällen der Georeferenzierung teilweise eine Ausdifferenzierung verlangt wird. Diese Diskussion bezieht sich aber auf Übersichts- und Luftaufnahmen, bei denen es ausschließlich darum geht, einen bestimmten Teil der Erde in seiner Beschaffenheit zu erfassen.
Sind diese Aufnahmen nicht dazu gedacht und geeignet, etwa einzelne Häuser als Eigentumsobjekte zu erfassen, soll die DS-GVO eingeschränkt gelten (vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 4. November 2019 – 6 K 460/16.WI; BeckOK DatenschutzR/Schild, 34. Ed. 1. November 2020, DS-GVO Art. 4 Rn. 23). Jedoch sind auch die Vertreter dieser Ansicht einhellig der Auffassung, dass personenbezogene Daten jedenfalls dann vorliegen, wenn reine Sachdaten zugleich mit Informationen zu einer natürlichen Person verknüpft und/oder verarbeitet werden (so auch: Forgó, Krügel MMR 2010, 17 (22); Krügel ZD 2017, 455 (458)). Dies entspricht auch der gesetzgeberischen Wertung, die sich aus dem Erwägungsgrund 26 DS-GVO ergibt. Demnach gelten die Grundsätze des Datenschutzes nicht für anonyme Informationen. Informationen sind anonym, wenn keinerlei Personenbezug besteht oder eine Identifikation einer betroffenen Person aufgrund von Anonymisierung nicht oder nicht mehr möglich ist. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass jegliche Information, die sich auf eine Person bezieht oder eine Identifikation ermöglicht, grundsätzlich datenschutzrechtlich geschützt ist.
dd. Unter Anwendung der genannten Kriterien ist es gerechtfertigt, das hier streitgegenständlichen Gutachten als personenbezogenes Datum anzusehen. Es handelt sich nicht um ein bloßes Sachdatum, wie der Kläger meint.
Bei dem Beigeladenen zu 1. handelt es sich um eine identifizierte oder jedenfalls identifizierbare natürliche Person im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DS-GVO. Vorliegend ist unstreitig, dass jedenfalls dem Kläger, dem Beklagten und dem Beigeladenen zu 2. die Person des Beigeladenen zu 1. bekannt ist und es sich für sie um eine identifizierte Person handelt. Jedenfalls ist es angesichts der Adressangaben im Gutachten sowohl ihnen als auch Dritten unschwer und zweifelsfrei möglich, den Beigeladenen zu 1. zu identifizieren.
Indem detailliert der individuelle und einzigartige Zustand des Eigentums des Beigeladenen zu 1. erfasst und mit seiner Adresse verknüpft wird, liegt eine indirekte personenbezogene Information vor. Durch diese werden Rückschlüsse auf die konkreten vermögens- und eigentumsrechtlichen Verhältnisse des Beigeladenen zu 1. ermöglicht. Aus dem Auszug der Seite 57 des Gutachtens ist ersichtlich, dass Fotos auch innerhalb des Objektes angefertigt wurden. Somit werden auch nicht öffentliche Bereiche des Eigentums des Beigeladenen zu 1. ausschnittsweise erfasst und wiedergegeben. Bereits die entsprechenden Fotos und Beschreibungen stellen für sich genommen jeweils ein personenbezogenes Datum dar. Denn durch die Abbildung von Gegenständen, können konkrete Rückschlüsse etwa auf Kaufvorlieben und den Wert der Gegenstände und folglich auch auf die Vermögensverhältnisse des Beigeladenen zu 1. gezogen werden.
Das Gutachten wurde gerade zum Zweck der Vermögens- und Eigentumserfassung des Beigeladenen zu 1. erstellt. Durch das Gutachten wurde der objektbezogene Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Beweissicherung erfasst. Diese Momentaufnahme soll als Referenz in einer möglichen späteren rechtlichen Auseinandersetzung, insbesondere zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1., als Beweismittel dienen. Dies wird auch aus der Bezeichnung des Gutachtens auf dem Deckblatt („Gutachten über den bau- und funktionstechnischen Gebäudezustand im Hinblick auf Schäden [...]“) deutlich und entspricht dem Wesen derartiger Gutachten. Durch diese sollen spätere Rückschlüsse auf Veränderungen eines konkreten Objektzustandes respektive den Vermögens- und Eigentumsverhältnissen zu konkreten Beurteilungszeitpunkten ermöglicht werden, indem Anknüpfungstatsachen für eine Vorher-Nachher-Betrachtung dokumentiert werden. Hierauf sollen spätere Schlussfolgerungen zu Kausalitäten und Nachweise von Schäden basieren. Das Objekt wird gerade hinsichtlich späterer Auseinandersetzungen mit dem Berechtigten begutachtet, wodurch zugleich auch das Inhaltselement verwirklicht wird. Somit sind alle Bestimmungselemente nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes erfüllt und es liegt eindeutig ein personenbezogenes Datum vor.
Durch die Verknüpfung der Teilinformationen in einem einheitlichen Gutachten, welches einer konkreten Adresse zugeordnet ist, folgt, dass das Gutachten als Einheit betrachtet werden muss. Alle Aussagen in dem Gutachten beziehen sich einzeln wie auch insgesamt auf das Eigentum respektive die Eigentums- und Vermögensverhältnisse des Beigeladenen zu 1.
b. Das Gutachten und die darin enthaltenen Informationen des Beigeladenen zu 1. werden nichtautomatisiert „verarbeitet“ und in einem „Dateisystem“ gespeichert gemäß Art. 4 Nr. 2 DS-GVO.
Unter „Verarbeitung“ ist jeder - mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren - ausgeführte Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten zu verstehen wie etwa das Erheben, Erfassen, Ordnen oder die Speicherung.
Das Erheben und Erfassen von personenbezogenen Daten bezeichnet einen Vorgang, durch den Daten erstmals in den Verfügungsbereich des Verantwortlichen gelangen (vgl. Kühling/Buchner/Herbst, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 4 Abs. 2 Rn. 21).
Der Begriff der Speicherung bezeichnet die Überführung des Informationsgehalts personenbezogener Daten in eine verkörperte Form in einer Weise, die es dem Verantwortlichen ermöglicht, die Daten aus einem Datenträger wiederzugewinnen (vgl. Kühling/Buchner/Herbst, 3. Aufl. 2020 Rn. 24, DS-GVO Art. 4 Abs. 2 Rn. 24).
Nach der Begriffsbestimmung in Art. 4 Nr. 6 DS-GVO ist ein „Dateisystem“ jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird.
Vorliegend liegt das Gutachten dem Kläger in einem PDF-Dateiformat vor. Entsprechend wurde die Datei in digitaler Form in einem Dateisystem beim Kläger erhoben bzw. erfasst und da er sie noch vorhält und sie noch nicht gelöscht wurde, wird die Datei aktuell noch von ihm gespeichert. Die Verarbeitung erfolgt auch manuell und nicht automatisiert, da eine Nutzung durch einen Anwender nach Bedarf individuell erfolgt.
c. Ein Anwendungsausschluss nach Art. 2 Abs. 2 DS-GVO liegt nicht vor.
d. Der räumliche Anwendungsbereich gemäß Art. 3 DS-GVO ist eröffnet, da die Tätigkeit des Klägers innerhalb der Europäischen Union stattfindet.
2. Der Bescheid ist formell und materiell rechtmäßig gemäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. c i.V.m. Art. 15 Abs. 3 DS-GVO.
a. Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
Die Vorschriften über Zuständigkeit, Verfahren und Form wurden eingehalten. Insbesondere ist der Beklagte die zuständige Aufsichtsbehörde gemäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. c DS-GVO i.V.m. § 40 BDSG, § 19 Abs. 2 DSG M-V.
b. Der Bescheid ist materiell rechtmäßig.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 58 Abs. 2 Buchst. c i.V.m. Art. 15 Abs. 3 DS-GVO sind erfüllt. Der Aufsichtsbehörde ist es demnach gestattet, den Verantwortlichen oder den Auftragsverarbeiter anzuweisen, den Anträgen der betroffenen Person auf Ausübung der ihr nach dieser Verordnung zustehenden Rechte zu entsprechen, wenn ein vorheriger Antrag des Betroffenen abgelehnt wurde und sich dieser an die Aufsichtsbehörde wendet gemäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. c DS-GVO.
aa. Der Kläger ist Verantwortlicher im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DS-GVO, da er das streitgegenständliche Gutachten in Auftrag gegeben hat und er es zumindest – in digitaler Form – vorhält.
bb. Der Beigeladene zu 1. ist Betroffener, da – wie oben dargelegt – seine personenbezogenen Daten betroffen sind.
cc. Der Beigeladene zu 1. kann sich auf ein ihm zustehendes Recht im Sinne von Art. 58 Abs. 2 Buchst. c DS-GVO berufen.
Mit zustehenden Rechten im Sinne von Art. 58 Abs. 2 Buchst. c DS-GVO sind in erster Linie Anträge auf Auskunft nach den ersten beiden Abschnitten des Kapitels III der DS-GVO gemeint, vgl. Art. 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Art. 15 Abs. 1 bis 3 DS-GVO (vgl. Nguyen in: Gola, DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Art. 58 Rn. 18). Vorliegend besteht zugunsten des Beigeladenen zu 1. ein Anspruch auf Herausgabe einer Kopie des Gutachtens aus Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO. Nach dieser Vorschrift stellt der Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung.
Der Beigeladene zu 1. hat vom Kläger die Aushändigung einer Kopie des Gutachtens vom 13. August 2018 im Rahmen des Art. 15 Abs. 3 DS-GVO geltend gemacht. Die Aushändigung hat dieser – bis auf das Deckblatt sowie die Seiten 3 und 57 – mit Schreiben vom 15. Oktober 2018 abgelehnt. Mit Mail vom 28. Oktober 2018 wandte sich der Beigeladene zu 1. an den Beklagten. Er bat um Unterstützung, damit er vom Kläger eine vollständige Kopie des Gutachtens ausgehändigt bekomme.
dd. Der Umfang des Anspruchs erstreckt sich auf die Herausgabe des vollständigen Gutachtens gemäß Art. 15 Abs. 3 DS-GVO.
Was unter „Kopie“ gemäß Art. 15 Abs. 3 DS-GVO zu verstehen ist, ist umstritten. Nach einer extensiven Ansicht sind sämtliche gespeicherten und/oder verarbeiteten personenbezogenen Daten in der vorliegenden Rohfassung zu übermitteln (so: Kühling/Buchner/Bäcker, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 15 Rn. 39a; BeckOK DatenschutzR/B.-Wudy, 34. Ed. 1. November 2020, DS-GVO Art. 15 Rn. 85; Halder/Johanson, NJOZ 2019, 1457 (1459); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. April 2020 – 20 K 6392/18, NVwZ-RR 2020, 1070 Rn. 78, beck-online; AG Bonn, Urteil vom 30. Juli 2020 – 118 C 315/19, BeckRS 2020, 19548 Rn. 15, 16); nach der restriktiven Gegenansicht regelt Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO lediglich eine besondere Form der Auskunft und bezieht sich nur auf die Informationen aus Abs. 1, der jedoch keinen Anspruch auf vollständige Datenauskunft, sondern nur auf Übersicht der Daten enthält (vgl. zum Streitstand: BeckOK DatenschutzR/B.-Wudy, 34. Ed. 1. November 2020, DS-GVO Art. 15 Rn. 85; und Paal/Pauly/Paal, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 15 Rn. 33 m.w.N.).
Das Gericht hat oben bereits dargelegt, dass es davon ausgeht, dass der DS-GVO ein extensives Verständnis von personenbezogenen Daten zu Grunde liegt. Die restriktive Auffassung, dass eine Auskunft lediglich in Form einer Übersicht der gespeicherten Informationen zu erfolgen hat, ist daher abzulehnen. Aus Sicht des Gerichts, kann es dahinstehen, ob Art. 15 Abs. 3 DS-GVO einen eigenständigen Anspruch oder nur eine Erweiterung des in Art. 15 Abs. 1 DS-GVO enthaltenen Auskunftsanspruchs darstellt. Denn personenbezogene Daten sollen umfassend geschützt werden. Dieser Schutz kann nur konsequent verwirklicht werden, wenn eine Auskunft über die vollständig gespeicherten Daten erteilt wird. Art. 15 DS-GVO kann in seiner Gesamtheit nur so verstanden werden, dass entweder das „Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten“ nach Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 DS-GVO bereits ein Auskunftsrecht über sämtliche Informationen beinhaltet (Wortlaut: „Auskunft über diese personenbezogenen Daten und folgende Informationen“), welches durch Abs. 3 dahingehend erweitert wird, dass dem Betroffenen auch die Überlassung einer Kopie der Daten zusteht, oder im Recht auf „Kopie“ nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO ein eigenständiger Anspruch auf Überlassung der vollständigen Informationen zu sehen ist.
Andernfalls wäre eine Überprüfung auf Richtigkeit der gespeicherten Daten und das Recht auf Berichtigung nach Art. 16 DS-GVO nicht umsetzbar. Ohne Kenntnis der konkreten Daten, ist eine Überprüfung auf Richtigkeit nicht möglich. Anhand einer Übersicht, dass etwa Name, Adresse und eine gewisse Anzahl von Fotos, etc. gespeichert werden, lässt sich nicht überprüfen, ob die Daten auch inhaltlich zutreffend erfasst wurden, etwa ob der Name richtig geschrieben wurde oder ob bei zugeordneten Fotos überhaupt ein Zusammenhang mit der betroffenen Person besteht. So können beispielsweise Bilder von verschiedenen Eigentumsobjekten falsch zugeordnet sein. Selbst bei Annahme größtmöglicher Sorgfalt, ist es nicht auszuschließen, dass bei der Verarbeitung großer Datenmengen in jedem Fall eine richtige Zuordnung vorgenommen wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich etwa die betreffenden Informationen ähneln (Beispiele: Fotos von baugleichen Reihenhäusern oder von eineiigen Zwillingen), die Daten auf einem Datenträger erfasst wurden und erst im Nachgang eine abschließende Zuordnung zu einer Akte bzw. einem Datensatz erfolgt. Eine Überprüfung der richtigen Erfassung durch den Betroffenen ist nur bei vollständiger Kenntnis der Daten möglich. Gleiches gilt für das Recht auf Löschung nach Art. 17 DS-GVO. Für diese Sichtweise spricht auch der Erwägungsgrund 63 der DS-GVO. Aus diesem wird ersichtlich, dass der Normgeber einen eigenständigen und direkten Zugang des Betroffenen zu seinen Daten ermöglichen will („Nach Möglichkeit sollte der Verantwortliche den Fernzugang zu einem sicheren System bereitstellen können, der der betroffenen Person direkten Zugang zu ihren personenbezogenen Daten ermöglichen würde.“). Es wird nicht davon gesprochen, dass die betroffene Person Zugang zu einer Übersicht ihrer personenbezogenen Daten, sondern „direkten Zugang“ zu den Daten erhalten soll.
Unter Anwendung der dargelegten Auffassung ist es gerechtfertigt, das Gutachten in seiner Gesamtheit vom Anspruch auf Kopie erfasst anzusehen. Dieses stellt in seiner Summe sowie in seinen einzelnen Bestandteilen sachliche Informationen im Hinblick auf die Eigentums- und Vermögensverhältnisse des Beigeladenen zu 1. dar.
ee. Auch der Erwägungsgrund 62 der DS-GVO steht der Auskunft vorliegend nicht entgegen. Nach diesem entfällt die Pflicht, Informationen zur Verfügung zu stellen, wenn die betroffene Person die Information bereits hat. Diese Erwägung kann jedoch nur dann zum Tragen kommen, wenn die gewünschte Information in der konkret begehrten Form dem Auskunftsersuchenden bekannt ist.
Der Beigeladene zu 1. ist zwar Eigentümer des Objekts das begutachtet wurde und kann sich daher von dem Zustand grundsätzlich selbst überzeugen. Dies ist jedoch für die vorliegende datenschutzrechtliche Bewertung unerheblich. Es kommt vielmehr auf die konkreten Informationen an, die gespeichert bzw. verarbeitet wurden. Selbst wenn unterstellt werden würde, dass der Beigeladene zu 1. die vollständigen Informationen des aufgezeichneten Diktats des Beigeladenen zu 2. vernommen habe und dies ausreichend sei, eine Kenntnis der Informationen anzunehmen, wären diese Informationen jedoch nicht identisch mit dem streitgegenständlichen Gutachten. In dem Gutachten wurden Fotos und Beschreibungen in einem Gesamtwerk aus verschiedenen Quellen (Fotoapparat und Diktataufzeichnung) zusammengefasst. Dies stellt wiederum eine eigenständige Verarbeitung i.S.d. DS-GVO dar, von deren Ergebnis der Beigeladene zu 1. keine Kenntnis hat.
ff. Der Beigeladene zu 1. hat seinen Anspruch auch nicht verwirkt. Zum einen bestehen seitens des Gerichts Bedenken, ob der Anspruch überhaupt verwirkt werden kann und zum anderen setzt die Verwirkung eines materiellen Rechts voraus, dass ein Zeit- sowie ein Umstandsmoment vorliegen. Dies bedeutet, dass seit der Möglichkeit, ein Recht geltend zu machen, längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände (Umstandsmoment) hinzutreten, sodass die späte Geltendmachung einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (vgl. Eyermann/Happ, 15. Aufl. 2019, VwGO § 42 Rn. 131). Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen sind hier keine Anhaltspunkte ersichtlich. In dem Einverständnis des Beigeladenen zu 1. zur Begutachtung seines Eigentums kann auch keine konkludente Erklärung zum Verzicht auf Rechte aus der DS-GVO gesehen werden. Dass der Beigeladene zu 1. eine gegen seine eigenen Interessen gerichtete Vereinbarung mit dem Kläger treffen wollte, indem er auf eine Kopie des Gutachtens (konkludent) verzichtet und so dem Kläger einen Wissensvorsprung gegen sich selbst verschaffen wollte, ist zudem abwegig. Anhaltspunkte für eine derartige Annahme wurden vom Kläger zudem weder dargelegt noch bewiesen.
gg. Urheberrechte des Beigeladenen zu 2. stehen dem Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 Abs. 4 DS-GVO nicht entgegen. Der insoweit beweisbelastete Kläger hat das Vorliegen entgegenstehender Rechte weder substantiiert dargelegt noch bewiesen.
Das Recht auf Erhalt einer Kopie gemäß Abs. 3 darf die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen. Zur Auslegung dieser Vorschrift ist der 63. Erwägungsgrund zur DS-GVO heranzuziehen. Dessen Satz 5 stellt klar, dass das Auskunftsrecht die Rechte und Freiheiten anderer Personen, etwa Geschäftsgeheimnisse oder Rechte des geistigen Eigentums und insbesondere das Urheberrecht an Software, nicht beeinträchtigen darf. Weil im darauffolgenden Satz 6 festgelegt ist, dass dies jedoch nicht dazu führen dürfe, dass der betroffenen Person die Auskunft verweigert wird, ist nach der Kommentarliteratur – der sich die Kammer anschließt – eine umfassende Abwägung mit den Grundrechten und Grundfreiheiten Dritter vorzunehmen. Wie diese in der Praxis auszusehen hat bzw. ab welcher Intensität von einer „Beeinträchtigung“ ausgegangen werden kann, wird von Art. 15 Abs. 4 DS-GVO nicht bestimmt (vgl. BeckOK DatenschutzR/B.-Wudy, 34. Ed. 1. November 2020, DS-GVO Art. 15 Rn. 96; Ehmann/Selmayr, DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Art. 15 Rn. 36; Gola DS-GVO/Franck, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 15 Rn. 33, 34; Paal/Pauly/Paal, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 15 Rn. 40-43; Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, DSGVO Art. 15 Rn. 24).
Beweisbelastet für das Vorliegen eines der Auskunft entgegenstehenden Rechts ist der für die Datenverarbeitung Verantwortliche (vgl. Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, DSGVO Art. 15 Rn. 24; Kühling/Buchner/Bäcker, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 15 Rn. 42a).
Zwar hat der Kläger mit Schriftsatz vom 2. September 2019 ein Schreiben des Beigeladenen zu 2. - vom selben Tag - vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass dieser davon ausgehe, dass ihm das Urheberrecht an dem Gutachten zustehe und eine Vervielfältigung des Gutachtens nur mit dessen Zustimmung erfolgen dürfe. Aus dem Schreiben ergibt sich jedoch nicht, in welchem Umfang Nutzungs- und Verwertungsrechte tatsächlich eingeräumt und vereinbart wurden. Auch geht aus dem Schreiben nicht hervor, dass der Anfertigung und Aushändigung einer Kopie zu Zwecken des Art. 15 Abs. 3 DS-GVO widersprochen wird. Das Schreiben ist somit nur allgemeiner Natur. Nachweise zu konkreten Vereinbarungen über Nutzungs- und Verwertungsrechte wurden weder vorgelegt noch konkret benannt. Das Gericht geht daher davon aus, dass keine konkreten Vereinbarungen hinsichtlich der Verwertungs- und Nutzungsrechte zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 2. getroffen wurden, die der Aushändigung des Gutachtens entgegenstehen.
Hinsichtlich des Textteils des Gutachtens ist bereits fraglich, ob dieser überhaupt schützenswert im Sinne von § 2 UrhG ist. Denn der Textteil eines Sachverständigengutachtens erreicht regelmäßig nicht die für einen Schutz als Sprachwerk erforderliche Schöpfungshöhe. Die für die Annahme eines Sprachwerkes nach § 2 Abs. Nr. 1, Abs. 2 UrhG erforderliche geistige Schöpfung kann einerseits in der Gedankenformung und -führung liegen, andererseits aber auch in der Form und Art der Sammlung, der Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 1981 - I ZR 95/79, GRUR 1982, 37). Geschützt ist bei sprachlichen Mitteilungen darüber hinaus die Darstellungsform, wenn sie Ausdruck einer persönlichen geistigen Schöpfung ist (vgl. Wandtke/Bullinger/Bullinger, 5. Aufl. 2019, UrhG § 2 Rn. 48, 49). Einschränkungen gelten für wissenschaftliche Sprachwerke. Ihr Inhalt ist einem Urheberrechtsschutz insoweit nicht zugänglich, als er auf gemeinfreien wissenschaftlichen Erkenntnissen, Lehren und Theorien beruht oder diese wiedergibt (vgl. Dreier/Schulze/Schulze, 6. Aufl. 2018, UrhG § 2 Rn. 41, 42). Geschützt sind hier nur die Formulierungen, soweit sie Ausdruck einer individuellen Schöpfung sind (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1980 - I ZR 106/78; GRUR 1981, 352; OLG Hamburg, Urteil vom 31. März 2004 - 5 U 144/03, GRUR-RR 2004, 285). Texte, die in der üblichen Fachsprache formuliert werden, bleiben schutzlos (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1980 - I ZR 106/78; GRUR 1981, 352, Dreier/Schulze/Schulze, 6. Aufl. 2018, UrhG § 2 Rn. 26). Sie heben sich nicht von der Masse des Alltäglichen ab. Darunter zählen insbesondere Textteile von Gutachten, die schematisch erstellt werden (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 11. Mai 2011 – 24 U 28/11, BeckRS 2011, 14067; LG Berlin, Urteil vom 3. Juli 2012 – 16 O 309/11, NJOZ 2012, 2122).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger bereits nicht substantiiert vorgetragen, dass der Textteil des Gutachtens eine hinreichende Schöpfungshöhe erreicht. Bei Sachverständigengutachten ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Struktur des Textes durch den Zweck vorgegeben ist. Der klägerische Vortrag beschränkt sich auf allgemeine Ausführungen, die er damit begründet, dass genauere Ausführung einer Offenlegung gleichkämen. Dies ist weder ausreichend noch plausibel. Er hätte wenigstens beschreiben müssen, inwieweit das Gutachten eine von der reinen Faktenwiedergabe abweichende Darstellung des Gebäudezustandes enthält. Dies wäre auch ohne Offenlegung des konkreten Inhalts möglich gewesen. Zudem sprechen die Ausführungen des Beigeladenen zu 2. gegen das Erreichen einer schöpferischen Höhe im Sinne des UrhG. Er hat vorgetragen, dass mit einer Art „Tunnelblick“ lediglich der objektive Objektzustand erfasst worden sei. Bewertungen zu Ursachen und Maßnahmen seien nicht Gegenstand dieses Gutachtens gewesen. Es dürfte daher davon auszugehen sein, dass sich die Sprache auf die nüchterne Mitteilung von Fakten reduziert und sich üblicher Formulierungen bedient wird, die jeder Bausachverständige in vergleichbarer Form gebraucht.
Diese Frage kann letztendlich dahinstehen. Selbst wenn man den Textteil als urheberrechtlich geschützt ansieht, ergibt sich auch unter Einbeziehung der im Gutachten enthaltenen Fotos - die eigenständig urheberrechtlich geschützt sind gemäß § 72 UrhG - kein urheberrechtliches Hindernis, das der Herausgabe entgegensteht.
Wie bereits ausgeführt, hat der Kläger nicht dargelegt, dass diesbezüglich konkrete Vereinbarungen getroffen wurden. Es stehen auch die im UrhG enthaltenen gesetzliche Wertungen einer Herausgabe nicht entgegen.
§§ 15 Abs. 2 Nr. 2, 19 a UrhG steht der Weitergabe jedenfalls deswegen nicht entgegen, weil nicht das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung betroffen ist, da das Gutachten nur gegenüber dem Beigeladenen zu 1. bekannt gemacht werden soll.
§§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 17 UrhG ist auch nicht einschlägig. Der Tatbestand der Verbreitung umfasst gemäß § 17 Abs. 1 UrhG das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in den Verkehr zu bringen. Die Verletzung dieses Verwertungsrecht scheitert jedenfalls am Erschöpfungsgrundsatz des § 17 Abs. 2 UrhG, nachdem der Beigeladene zu 2. das Gutachten mit den Fotos dem Kläger selbst zur Verfügung gestellt hat.
Ein Eingriff in das Vermietungsrecht des Beigeladenen zu 2. nach § 17 Abs. 3 Satz 1 UrhG ist ebenfalls nicht einschlägig. Die Vorschrift setzt eine vorübergehende Gebrauchs-überlassung der geschützten Leistung zu Erwerbszwecken voraus. Vorliegend fehlt es jedoch an der kommerziellen Verwertung. Der Beigeladene zu 1. begehrt das Gutachten im Rahmen einer privaten Auskunft auf Basis der DS-GVO. Es ist nicht ersichtlich, dass er das Gutachten zu Erwerbszwecken verwenden möchte. Die Verwendung in einem Gerichtsverfahren stellt keinen Erwerbszweck dar.
Die Wertung des § 31 Abs. 5 UrhG spricht vorliegend gegen entgegenstehende Urheberrechte. Nach der Norm richtet sich der Umfang bei fehlender Vereinbarung über Nutzung und Verwertung nach dem zugrunde gelegten Vertragszweck. Wie bereits oben geschildert, hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass Nutzungs- und Verwertungsrechte konkret vereinbart wurden. Sein Vortrag steht zudem im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass der Nutzer diejenigen Rechte erwirbt, welche die Erreichung des Vertragszwecks erst ermöglichen und hierfür erforderlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 1984 - I ZR 218/81, GRUR 1984, 528; Dreier/Schulze/Schulze, 6. Aufl. 2018, UrhG § 31 Rn. 122).
Vorausgesetzter Vertragszweck des Werkvertrages über die Erstellung des Gutachtens ist vorliegend, dass das Gutachten zur Anspruchsgeltendmachung und -durchsetzung im Rahmen von Schadensersatzansprüchen verwertet werden soll, somit ist wenigstens von einer konkludenten Übertragung der Nutzungsrechte gemäß § 151 BGB zur Vorlage des Gutachtens beim Beigeladenen zu 1. sowie im Rahmen von Streitigkeiten über den Objektzustand zum Begutachtungszeitpunkt als vertraglich vorausgesetzte Nutzungsart im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 UrhG auszugehen.
Dass der Beigeladene zu 2. – vertreten durch seinen Mitarbeiter – in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass regelmäßig nach Anfrage des Auftraggebers die Freigabe zur Herausgabe erteilt werde, steht dieser Wertung nicht entgegen. Vielmehr hat er im streitgegenständlichen Fall erklärt, dass er davon ausgehe, dass auch hier eine urheberrechtliche Freigabe erteilt werden könne, wenn eine konkrete Anfrage des Auftraggebers vorliege, obgleich er eine solche, mangels konkreten Antrags des Klägers, als Auftraggeber, nicht habe erklären wollen. Hieraus wird deutlich, dass der Beigeladene zu 2. grundsätzlich eigene Urheberrechte einer Herausgabe nicht entgegenstellt.
Die Verweigerung der Zustimmung seitens des Beigeladenen zu 2. zur Weitergabe einer Kopie des Gutachtens an den Beigeladenen zu 1. würde zudem einen Verstoß gegen Treu und Glauben gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 UrhG darstellen.
Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liegt vor, wenn kein schutzwürdiger Grund besteht, der zu einer Verweigerung der Zustimmung berechtigt. Die Grenze liegt dort, wo die Zustimmungsverweigerung – auch unter Berücksichtigung der Verkehrssitte § 242 BGB – unbillig erscheint. Entscheidend ist eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen. Insbesondere soll der Urheber den Vorbehalt seiner Zustimmung nicht dazu missbrauchen können, ein Nutzungsrecht grundlos zu verhindern, obwohl seine Interessen in keiner Weise beeinträchtigt werden (vgl. BeckOK UrhR/Soppe, 29. Ed. 15. Juni 2020 Rn. 11, UrhG § 34 Rn. 11).
Das Gutachten kann den Zweck der Beweissicherung nicht erfüllen, wenn es nicht zwischen den direkt Betroffenen (Kläger und Beigeladenem zu 1.) gleichermaßen bekannt gegeben wird. Durch das Gutachten sollen der Gebäudezustand sowie etwa vorhandene Schäden vor Beginn der Baumaßnahmen des Klägers von dem Beigeladenem zu 2. - als einem unabhängigen Dritten - festgestellt werden, sodass einheitliche und unstreitige Anknüpfungstatsachen zwischen den Beteiligten bei späteren Rechtsstreitigkeiten zu Grunde gelegt werden können. Das Gutachten dient daher auch den Interessen des Beigeladenen zu 1., weshalb dieser ein Auskunftsrecht auch auf den Grundsatz der „Waffengleichheit“ stützen kann (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 13. Juli 2020 – 16 U 137/19, NJW-RR 2020, 1351; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 12. Februar 2019 – 11 U 114/17, BeckRS 2019, 5094; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. April 2005 – 12 W 32/05, BeckRS 2005, 4902; OLG Saarbrücken, Urteil vom 14. Oktober 1998 - 5 U 1011–97-80, NJW-RR 1999, 759; Heinrich, NZV 2015, 68).
Konkrete Interessen des Beigeladenen zu 2., die diesbezüglich entgegenstehen könnten, sind weder substantiiert vorgetragen worden noch ersichtlich.
hh. Aus den gleichen Gründen kann sich auch der Kläger nicht auf entgegenstehende Rechte berufen, wenn er vorträgt, dass er seine eigenen Rechtspositionen durch Offenlegung schmälern würde. Das Gutachten soll gerade Klarheit zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 1. bezüglich des Objektzustandes des Eigentums des Beigeladenen zu 1. schaffen. Es wird insoweit auf die Ausführungen zur Verwirkung und zum Verstoß gegen Treu und Glauben verwiesen.
ii. Das Auskunftsersuchen des Beigeladenen zu 1. ist nicht rechtsmissbräuchlich und steht daher der Anordnung des Beklagten nicht entgegen gemäß Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DS-GVO.
Rechtsmissbrauch kann bei offenkundig unbegründeten oder exzessiven Anträgen einer betroffenen Person gegeben sein. In diesen Fällen kann sich der Verantwortliche weigern, eine Auskunft zu geben oder hierfür ein Entgelt verlangen. Nach Satz 3 hat der Verantwortliche den Nachweis für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter des Antrags zu erbringen.
Offenkundig unbegründet sind Anträge, bei denen das Fehlen der Voraussetzungen auf der Hand liegt respektive der Antrag eindeutig aussichtlos ist (vgl. allgemein BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1516/93, BeckRS 9998, 170716).
Exzessiv sind Anträge, wenn sie ohne Maß gestellt werden. Dies kann bei häufiger Wiederholung anzunehmen sein, insbesondere dann, wenn es keine plausiblen Gründe für die häufigen Wiederholungen wie eine Änderung der tatsächlichen Umstände oder eine anderweitige, abweichende Auskunft gibt (vgl. BeckOK DatenschutzR/Quaas, 34. Ed. 1. November 2020, DS-GVO Art. 12 Rn.43-48).
Vorliegend ist der Antrag weder offenkundig unbegründet - vielmehr ist der Antrag wie dargelegt begründet - noch exzessiv, da er nur einmal gestellt wurde. Der Umfang ist auch sachlich begründet und ergibt sich daraus, dass sämtliche Seiten des Gutachtens personenbezogene Daten des Beigeladenen zu 1. enthalten.
Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass originärer Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs die Rechtmäßigkeitskontrolle im Hinblick auf die Verarbeitung der personenbezogenen Daten ist (vgl. Erwägungsgrund 63 der DS-GVO). Jedoch begründet die Verfolgung eines danebenstehenden Zwecks noch nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs. Die Beweggründe für ein Auskunftsbegehren müssen gerade nicht offenlegt werden, folglich kann es sich hierbei nicht um ein Kriterium der Abwägung handeln. Entsprechend wurde von der Rechtsprechung anerkannt, dass es unschädlich ist, wenn der Betroffene zu erkennen gibt, dass er die betreffenden Daten zur Vorbereitung eines Rechtsstreits bzw. zur Verbesserung seiner Position in einem solchen verlangt (vgl. hierzu LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Dezember 2018 - 17 Sa 11/18; LG Köln, Urteil vom 11. November 2020 – 23 O 172/19; LG Dresden, Urteil vom 29. Mai 2020 – 6 O 76/20; AG Bonn, Urteil vom 30. Juli 2020 – 118 C 315/19, BeckRS 2020, 19548 Rn. 18, beck-online; AG München, Teilurteil vom 4. September 2019 – 155 C 1510/18; BeckOK DatenschutzR/B.-Wudy, 32. Ed. 1. Mai 2020, DS-GVO Art. 15 Rn. 52.2).
jj. Die Anordnung erging auch ermessensfehlerfrei gemäß Art. 58 Abs. 2 DS-GVO.
Grundsätzlich entscheidet die Aufsichtsbehörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens. Sie entscheidet darüber, welche Maßnahme sie für geeignet hält. Sie ist nicht verpflichtet, die mildeste Maßnahme anzuwenden, sondern entscheidet nach der Sachlage im Einzelfall (vgl. BeckOK DatenschutzR/Eichler, 34. Ed. 1. November 2020, DS-GVO Art. 58 Rn. 18; Ehmann/Selmayr/Selmayr, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 58 Rn. 18; Gola DS-GVO/Nguyen, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 58 Rn. 17, 18; VG Schwerin, Urteil vom 16. März 2021 - 1 A 1254/20 SN).
Nach Art. 58 Abs. 2 Buchst. c DS-GVO kann die Aufsichtsbehörde den Verantwortlichen anweisen, den Anträgen der betroffenen Person auf Ausübung der ihr nach dieser Verordnung zustehenden Rechte zu entsprechen. Da der Beigeladene zu 1. eine Kopie nach § 15 Abs. 3 DS-GVO herausverlangt hat, ist es nur konsequent, wenn der Beklagte den Kläger zur Herausgabe eben dieser anweist. Insoweit sind keine Ermessensfehler ersichtlich.
kk. Ansonsten sind keine Gründe ersichtlich, die der Rechtmäßigkeit des Bescheides entgegenstehen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger die Kosten der Beigeladenen nicht aufzuerlegen, da diese keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit nicht in ein Kostenrisiko begeben haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
IV.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.