ArbG Dresden: DSGVO-Schadensersatz iHv. 1.500 bei unerlaubter Weitergabe von Gesundheitsdaten

Die unerlaubte Weitergabe von Gesundheitsdaten durch den ehemaligen Arbeitgeber an Behörden (hier: Ausländerbehörde und Arbeitsagentur) rechtfertigt einen Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO iHv. 1.500,- EUR (ArbG Dresden, Urt. v. 26.08.2020 - Az.: 13 Ca 1046/20).

Der Kläger war Ausländer und bei der Beklagten beschäftigt. Im Jahr 2019 war er viele Tage erkrankt. Daraufhin schrieb die Prokuristin der verklagten Firma eine E-Mail an die Ausländerbehörde. In dieser Nachricht teilte sie u.a. mit, ihr keine aktuelle Anschrift vorliege und dass der Kläger arbeitsunfähig erkrankt sei. Eine Abschrift der E-Mail übersandte die Firma auch an die Arbeitsagentur, um sich dort für ihre Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger zu rechtfertigen.

Als der Kläger von dieser Vorgehensweise erfuhr, schaltete er den Sächsischen Datenschutzbeauftragten ein. Die Behörde stufte das Vorgehen des Arbeitgebers als rechtswidrig ein, da unerlaubt Gesundheitsdaten an Dritte weitergegeben worden seien.

Daraufhin begehrte der ehemalige Arbeitnehmer u.a. Schadensersatz wegen der DSGVO-Verletzung.

Das ArbG Dresden sprach ihm eine Höhe von 1.500,- EUR zu.

Zunächst stellte das Gericht fest, dass die Weitergabe an die Ausländerbehörde rechtswidrig war:

"Bei Gesundheitsdaten nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO handele es sich um Gesundheitsdaten, deren Verarbeitung grundsätzlich untersagt ist. Nur in den von Art. 9 Abs. 2 DSGVO genannten Ausnahmen ist die Verarbeitung zulässig.

Ein solcher Ausnahmetatbestand ist, wie bereits der Sächsische Datenschutzbeauftragte richtig festgestellt hat, nicht ersichtlich. Insbesondere stellt § 4 a Aufenthaltsgesetz keine Rechtfertigung für die Weitergabe der Gesundheitsdaten vor. Diese Vorschrift bestimmt in Abs. 5 Satz 3, was ein Arbeitgeber zu prüfen hat, nämlich insbesondere, dass ein Aufenthaltstitel vorliegt und kein Verbot oder eine diesbezügliche Beschränkung besteht. Des Weiteren ist der Ausländerbehörde innerhalb von 4 Wochen ab Kenntnis mitzuteilen, dass die Beschäftigung, für die ein Aufenthaltstitel erteilt wurde, vorzeitig beendet wurde. Keiner dieser Voraussetzungen liegt vor."

Zur Höhe des Ausgleichsbetrages führt das Gericht aus:

"Zum Ersatz dieses immateriellen Schadens hält die Kammer einen Betrag i.H.v. 1.500,00 EUR für geboten, aber auch ausreichend.

Nach den Erwägungsgründen 146 der DSGVO, die zur Auslegung der Vorschrift mit heranzuziehen sind, soll die betroffene Person einen vollständigen und wirksamen Schadensersatz für den erlittenen Schaden erhalten. Verstöße müssen effektiv sanktioniert werden. Schadenersatz bei Datenschutzverstößen sollen eine abschreckende Wirkung haben, um der Datenschutzgrundverordnung zum Durchbruch zu verhelfen (effet utile). Dabei können sich die nationalen Gerichte auch bei der Bemessung des immateriellen Schadensersatzes an Art. 83 Abs. 2 DSGVO orientieren, sodass als Zumessungskriterien u.a. Art, Schwere, Dauer des Verstoßes, Grad des Verschuldend, Maßnahmen zur Minderung des den betroffenen Personen entstandenen Schadens, früher einschlägige Verstöße sowie die Kategorien betroffenen Personen bezogenen Daten betrachtet werden können (...). Die Mitgliedsstaaten - auch die erkennende Kammer - sind nach dem Gedanken des Art. 4 Abs. 3 EUV verpflichtet, der Datenschutzgrundverordnung zur Wirkung zu verhelfen.

Den vorstehenden Grundsätzen entsprechend muss die Beklagte einen Schadensersatz für den verursachten immateriellen Schaden von 1.500,00 EUR zahlen. Der Beklagte hat nach Auffassung der Kammer die Gesundheitsdaten des Klägers ohne Not anderen Behörden mitgeteilt. Es bestand zum einen keine Verpflichtung, noch wurde sie von den Behörden hierzu aufgefordert. Hätte sie wirklich nur die Adresse des Klägers in Erfahrung bringen wollen, wäre es ein Einfaches gewesen, diesen zu fragen oder sich an die Meldebehörde zu wenden. Hierfür hätte sie keinerlei Begründung abgeben müssen.

Der Beklagten muss auch bewusst sein, dass der Kläger als Ausländer Gefahr läuft, seine Arbeitserlaubnis zu verlieren. Dies hat die Beklagte nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern wie auch die Mitteilung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit zeigt, lag ihr daran, den Eindruck zu erwecken, dass der Kläger Arbeitsverstöße begangen hat."